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3. Die sachenrechtlichen Rechtsgeschäfte

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Die Begründung und Veräußerung dinglicher Rechte geschieht durch besondere Rechtsgeschäfte, die als Verfügungen bezeichnet werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass durch sie unmittelbar eine Änderung der rechtlichen Zuordnung einer Sache stattfindet, anders als bei einem Verpflichtungsgeschäft etwa über eine Lieferung (beim Kauf, § 433) oder einer Gebrauchsüberlassung (bei der Miete, § 535), das den Schuldner dazu anhalten kann, über die Sache in bestimmter Weise zu verfügen, sie etwa (§ 433) zu übereignen und zu übergeben. Zu unterscheiden sind also Veräußerung, Belastung (s. etwa § 1113), Veränderung und Aufgabe eines dinglichen Rechts, wobei zu ergänzen ist, dass auch eine schuldrechtliche Forderung, obwohl kein dingliches Recht, durch ein Verfügungsgeschäft, nämlich die Abtretung gem. § 398, verändert werden kann. Typischerweise gehört zu den Verfügungen ein Willens- und ein Vollzugstatbestand, durch den die Rechtsänderung verlautbart wird, so bei der Übereignung von Mobilien die Übergabe (§ 929) und bei der Übereignung eines Grundstücks die Auflassung (§ 925) und Eintragung (§ 873). Fast durchweg stehen die Verfügungen, etwa die Übereignung beweglicher Sachen, in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem obligatorischen Verpflichtungsgeschäft, rechtlich sind diese im äußeren Ablauf eines Geschäfts kaum zu unterscheidenden Teile aber nach dem Trennungsgrundsatz gesondert zu betrachten und können sich nach dem Abstraktionsgrundsatz auch unabhängig voneinander entwickeln[7].

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Während in einer Abwandlung des Falles 1 der Erwerb des Grundstücks durch Prof. S von L aufgrund der von L kaufweise übernommenen Verpflichtung durch Auflassung (§ 925) und Eintragung ins Grundbuch, also in zwei erkennbar unterschiedlichen Rechtsgeschäften, stattgefunden haben kann, könnte sich der Erwerb neuer Kleider durch Frau S in einem Ladengeschäft so abgespielt haben, dass die Käuferin die Ware nach der Einigung über den Kauf sogleich mitgenommen und wahrscheinlich auch bezahlt hat, wobei also der Abschluss des Kaufvertrages und die dingliche Einigung praktisch uno actu stattgefunden haben und nur rechtlich getrennt sind.

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Diese Lösung des deutschen Rechts ist im internationalen Vergleich nicht selbstverständlich und wird auch rechtspolitisch immer wieder angegriffen[8]. Für die Lösung des BGB spricht das Ziel einer besseren und genaueren Beherrschbarkeit wirtschaftlich (manchmal auch rechtlich) komplexer Vorgänge. Eine Rolle spielt auch die Überlegung, dass schuldrechtliche Geschäfte nur inter partes wirken, also ihren Inhalt aus möglicherweise vielschichtigen Beziehungen nur dieser Personen erhalten, während Zuordnungsakte Wirkung gegenüber jedermann haben sollen, also klar und übersichtlich sein müssen (dem dient auch die Betonung des Verlautbarungstatbestandes bei den Verfügungsgeschäften). Die Grundeinstellung wird durchgehalten vor allem in Bezug auf die Wirkung von Mängeln der verschiedenen Geschäfte bis hin zur Rückabwicklung nach unterschiedlichen Regeln. Also kann eine Übereignung gültig sein, obwohl der Kauf oder die sonstige Verpflichtung zu dieser Übereignung aus Rechtsgründen ungültig, angefochten oder einredebehaftet war. Die wirksame Übereignung muss dann gegebenenfalls über § 812 wegen Fehlens des Rechtsgrundes (der causa) rückabgewickelt werden, wobei „Herausgabe“ hier Rückübereignung bedeutet. Der Abstraktionsgrundsatz geht über das Trennungsprinzip insofern hinaus, als bei enger tatsächlicher Verbindung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft eine laienhaft-natürliche Betrachtung dazu neigen wird, hinsichtlich der Wirkung von Mängeln der rechtsgeschäftlichen Einigung nicht zwischen den beiden Teilen des zumindest wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts zu differenzieren.

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Beispiel:

K hat beim Autohändler V einen Gebrauchtwagen besichtigt, den ihm der Mitarbeiter M des V vorgeführt hat. Auf Befragen und nach Blick in seine Unterlagen gibt M an, der Wagen habe das Baujahr 2006. K will sich die Sache überlegen, ruft aber zwei Tage später bei V an und erklärt, er wolle den Wagen kaufen, was V zustimmend notiert. Einen Tag später erscheint K bei V und erhält von ihm gegen Barzahlung den Wagen. Zuhause stellt er in den Papieren fest, dass der Wagen das Baujahr 2001 hat. V hat von den Angaben des M nichts gewusst, und es stellt sich heraus, dass M sich aufgrund einer undeutlichen Angabe in seinen Unterlagen geirrt hat.

Man wird davon ausgehen können, dass das Baujahr eines Fahrzeugs zu seinen verkehrswesentlichen Eigenschaften im Sinne des § 119 Abs. 2 gehört. Daher kann K vorbehaltlich eines – allerdings vorrangigen, Rn 17 – Gewährleistungsanspruchs den Kauf anfechten, ohne dass es darauf ankommt, ob M gut- oder bösgläubig war (schließlich dürfte K den Kaufvertrag mit V, nicht schon mit M geschlossen haben). Der Irrtum des K betraf aber nur den Kaufabschluss, nicht die später erfolgte Übereignung. Unter der Geltung des Abstraktionsprinzips ist anzunehmen, dass vom Irrtum beeinflusst und daher anfechtbar nur der Kaufvertrag war, nicht aber das in diesem Zusammenhang als „farblos“ gekennzeichnete Übereignungsgeschäft[9]. Das wird anders beurteilt, wenn der Irrtum besonders schwerwiegend und vom Erklärungsgegner verursacht war, etwa bei arglistiger Täuschung (wenn also im Beispielsfall M und V wussten, dass der Wagen älter war als angegeben). Dann ergreift die Anfechtung aus § 123 das Verpflichtungs- wie das Verfügungsgeschäft, man spricht von „Fehleridentität“[10].

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Verfügungsgeschäfte sind in vollem Umfang nach den Regeln der Rechtsgeschäftslehre zu beurteilen, dh sie können mangels voller Geschäftsfähigkeit nichtig oder schwebend unwirksam sein, sie unterliegen der Anfechtung wegen Irrtums, sind auslegungsfähig und können durch Vertreter vorgenommen werden. Auch Sitten- und Gesetzwidrigkeit eines Verfügungsgeschäfts ist vorstellbar, und die Bedingtheit der Übereignung (als des wichtigsten Verfügungsgeschäfts) setzt § 449 als Konstruktion des Eigentumsvorbehalts unmittelbar voraus. Viele (nicht alle) Verfügungsgeschäfte setzen sich aus einer Einigung, die man dann – als auf eine unmittelbare Zuordnungsänderung gerichtet – als „dingliche“ bezeichnet, und einem Verlautbarungstatbestand zusammen, der etwa in der Übergabe einer beweglichen Sache (§ 929) oder einer Grundbucheintragung (§ 873) besteht. Der Verlautbarungstatbestand, den es etwa auch bei der Belastung einer beweglichen Sache (§§ 1204 ff, 1273 Abs. 2 S. 1) oder eines Grundstücks (§§ 1113, 873) gibt, der aber auch fehlen kann (so bei der Forderungsabtretung, § 398), ist dort, wo er gefordert wird, konstitutiv, dh ohne ihn tritt die Wirkung der Verfügung nicht ein. Das geht so weit, dass etwa auch Aneignung und Eigentumsaufgabe (Dereliktion) nicht ohne einen Verlautbarungstatbestand in Gestalt der Besitzergreifung bzw -aufgabe auskommen, s. etwa §§ 958 Abs. 1, 959.

Im Ausgangsfall 1 dürfte das Zerreißen der durchnässten Kleider durch Frau S eine Eigentumsaufgabe sein.

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Eine besondere Rolle unter den Gültigkeitsvoraussetzungen einer Verfügung spielt die Verfügungsbefugnis, die sich aus der Rechtsstellung des Verfügenden, etwa dem Eigentum, ergeben kann, aber auch durch Einwilligung oder Genehmigung des Rechtsinhabers gegenüber dem tatsächlich Verfügenden (§§ 182, 183) begründet sein kann, der dann nicht – wie bei der Stellvertretung (§ 164) – im fremden, sondern im eigenen Namen verfügen kann[11].

Beispiel:

Im Zuge einer Auktion verkauft das Auktionshaus ein vom Eigentümer „eingeliefertes“ Bild, ohne dass die Person des Eigentümers dem Käufer oder gar dem Publikum bekannt gemacht wird. Wenn die Verfügungsbefugnis fehlt, lässt das Sachenrecht unter bestimmten Umständen allerdings auch einen Erwerb vom Nichtberechtigten zu (dazu Rn 229).

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Eine weitere Besonderheit der Verfügungsgeschäfte ist das Erfordernis der genügenden Bestimmtheit des Gegenstands des Rechtsgeschäfts (auch Spezialitätsgrundsatz genannt). Im Gegensatz zu obligatorischen Geschäften, bei denen es genügen kann, wenn der Inhalt der Verpflichtung durch Auslegung des Vertragswillens bestimmbar ist (Beispiel ist die Gattungsschuld, § 243), muss bei Verfügungen für die Beteiligten, aber auch für Dritte feststehen, welche Gegenstände veräußert, belastet oder in ihrem rechtlichen Gehalt verändert werden sollen. Allerdings ist auch zu sagen, dass der Bestimmtheitsgrundsatz hauptsächlich im Rahmen der Rechtsfragen zum Kreditsicherungsrecht von der Praxis erheblich eingeschränkt worden ist (näher Rn 178 ff). Dasselbe gilt schließlich für den Grundsatz, dass bei den Verfügungsgeschäften, die sich aus einer dinglichen Einigung und einem Verlautbarungstatbestand zusammensetzen, das Publizitätsprinzip zu beachten ist, das aber bei der Abtretung (als der Verfügung über eine Forderung) durch § 398 verlassen und auch sonst, wiederum im Recht der Kreditsicherung, nicht streng durchgehalten wird. Insgesamt ist bezüglich der Verfügungsgeschäfte wie auch im Hinblick auf die dinglichen Rechtspositionen das Sachenrecht des BGB Wandlungen unterworfen gewesen[12].

§ 1 Einführung › II. Die systematische Stellung des Sachenrechts in der Kodifikation

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