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Murks am Bau, hier auch schon im Barock

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Gleiche Baustelle, doch eine andere Episode. 18 Meter über der Unterstadt, wie gehabt.

Das zu sanierende Bauwerk war ein Klostergebäude aus der Renaissance-Zeit. Im Zeitalter des Barock war der Renaissance-Stil nicht mehr schick und man hat „barockisiert“.

Das Fachwerk wurde verdeckt und die Schlaumeier des Barock verpassten dem Haus eine vorgesetzte Mauerschale aus 12 Zentimeter breiten Ziegeln, die dann verputzt wurde. Die Fenster bekamen Steingesimse aus Sandstein, die ebenfalls gerade saniert wurden. Ein eifriger Steinmetz hatte alle Steingesimse entfernt, zurück blieb ein einsturzgefährdetes Mauerwerk, da es kaum Verankerungen gab.

Doch die größte Glanzleistung war, auf diese Vorsatzschale ein wuchtiges, gemauertes, profiliertes Steingesims zu setzen, das eine Auskragung von 40 Zentimetern nach außen hatte.

In Unwissenheit dieser Details sanierten wir das Dach. Ich bat Knöllchen, die alte Dachrinne zu entfernen. Am Schluss fehlte Knöllchen die Kraft, um vom Gerüst aus den Nagel des Befestigungshakens der Dachrinne zu ziehen. Ein Walmdach, es war der letzte Nagel, an der Ecke des Gebäudes.

Knöllchen klettert nach innen und zog mit ganzer Leibeskraft und einem Nageleisen diesen letzten Nagel aus dem gemauerten Gesims. Da macht es einen großen Rums: Optisch stürzte das ganze Haus auf einen Schlag ein. Aber nein, es kippte nur auf der gesamten Hausbreite von 10 Metern Länge das tonnenschwere, labil gewordene Steingesims auf das Gerüst, das sich teilweise aus den Verankerungen riss und sich Richtung Unterstadt bog, um dann glücklicherweise wieder zurückzuschwingen, bevor es in 18 Meter Tiefe kippte. Dieser Rinnennagel war die letzte Verbindung, die dieses gigantische Gesims gehalten hatte.

Hätte es Knöllchen geschafft, diesen letzten Nagel vom Gerüst aus zu ziehen, wäre er von der Tonnenlast schwer verletzt worden. Welch ein Glück, dass die Kraft nicht reichte. Und welch ein Glück, dass das Gerüst noch mal zurückschwang und nicht in die Unterstadt knallte, wobei zahlreiche Menschen hätten erschlagen werden können.

Ich musste daraufhin Überzeugungsarbeit beim Stadtbaumeister leisten, um ihm zu erklären, welcher Murks bei dem Bau des Steingesims verbrochen wurde und wir bestimmt nicht dafür verantwortlich gemacht werden könnten, das dieses nun einstürzte. Ich schlug ihm dann vor, das Ganze aus Holz selbstragend zu konstruieren und knobelte dazu die Details aus. Letztlich wurde dann am ganzen Bau das wuchtige Steingesims abgetragen und mit Holz ersetzt. Ein schöner Auftrag für meinen Meister, und ich habe es gebaut.

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