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Iwan der Schreckliche

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Den Spitznamen bekam ich von meiner Frau, nicht etwa, weil ich besonders auffällig tobsüchtig gewesen wäre, aber der sanfte Hartmut hatte sich mit zunehmender Bauerfahrung schon auch als zornesfähig und zum Mann mit Durchsetzungswillen entwickelt. Anders kam man halt in der Materie auch nicht durch. Natürlich war sie die Spezialistin dafür auszutesten, wie lange es ging, bis es bei mir den Deckel lupft! Mein Gott, was hat sie manchmal getriezt. Sie hatte es als Mutter von zuletzt 4 Kindern mit mir auch nicht so leicht, als Selbstständiger war meine Priorität dazu ausgerichtet, die Kunden zufrieden zu stellen. Dazu hatte ich einige außerhäusliche Aktivitäten: Spielekreis, Theatergruppe, anthroposophischer Gesprächskreis, Grüne und BUND. Dazu hatten wir noch ein Haus gekauft, das ich nebenher renovierte, und dann noch diese große Familie. Was habe ich mir gewünscht, ich könnte mich vierteilen. Aber ich gab nach, beschränkte meine freizeitlichen Aktivitäten und ließ ein paar Sachen sausen.

Wirklich gefürchtet wurde ich, sollte ich morgens keinen Kaffee bekommen haben, denn dann passieren ganz schlimme Dinge. Ich hatte einen niedrigen Blutdruck, und ohne Kaffee klang ich, als wäre ich betrunken, ich lallte. Es braucht allerdings schon noch ein bisschen, bis man mich dann tatsächlich zur Weißglut getrieben hatte.

Auf der Auswärtsbaustelle in Konstanz hatten wir übernachtet. Dooferweise hatten alle vergessen, Kaffee mitzunehmen und die Utensilien, einen zu machen.

Tja, es half nicht, also ohne Kaffee an den Start: Ich montierte mit einer angestellten Leiter in 5 Metern Höhe Fermacellplatten in der Größe von 1 mal 1,50 Metern.

Die Leiter herauf mussten mit mir der Schussapparat mit Druckluft und die Platte. Den Kompressor angeschlossen, den Schlauch hereingesteckt, die Platte geschultert, in der anderen Hand den Schussapparat, mühsam die Leiter hochgeklettert, jetzt ausbalancieren, Schussapparat zwischen die Leiter stecken, die Fermacellplatte an den Montagepunkt hieven, mit einer Hand fest anpressen, mit der anderen Hand den Schussapparat aus der Leiter fischen, ansetzen und „pfff“, da war der Druck plötzlich weg.

Kapierte ich nicht, hatte ich den Schlauch zu locker reingesteckt, dass er wieder rausgesprungen war?

Also vorsichtig die Fermacellplatte auf die Leiter gestellt, den Schussapparat wieder zwischen die Leiter gesteckt, die Leiter runter, zum Kompressor in den Nachbarraum rüber, tatsächlich, da lag der Schlauch und steckte nicht im Anschluss am Kompressor. Ich zweifelte an mir selbst. Also Schlauch einstecken, wieder vorsichtig die Leiter herauf, damit die Fermacellplatte nicht herunterfällt oder der Schussapparat runterknallt. Oben angekommen die Fermacellplatte auf den Montagepunkt gehievt, mit einer Hand angepresst, mit der anderen Hand den Schussapparat gefischt, auf der Platte ansetzen und „pfff“, die Druckluft ist weg, verdammt, da hat doch jemand meinen Schlauch ausgesteckt?

Fermacellplatte abstellen, Schussapparat in die Leiter klemmen, wieder runter und nachsehen.

Keiner war da, aber der Schlauch war tatsächlich ausgesteckt. Was sollte denn das?

Schlauch wieder einstecken, die Leiter wieder rauf, die Fermacellplatte auf den Montagepunkt hieven, mit einer Hand anpressen, zum Schussapparat fischen reichte es nicht mehr, da hörte ich es: „pfff.“ Verdammt! Wild fluchend ließ ich die Fermacellplatte fallen und sprang von der Leiter, rannte zum Kompressor und erwischte den Übeltäter, einen Kollegen von einer anderen Truppe. Ruck zuck war ich bei ihm, schrie ihn an und war drauf und dran, ihn zu verkloppen, als die Kollegen aus meiner Truppe erschienen und mich gerade noch davon abhalten konnten. Ein blöder Scherz fand ich, und das an einem Morgen ohne Kaffee!

Beunruhigt von dem Vorfall wurden wir dann von dem Auftraggeber abends zu einem Essen eingeladen, um die Gemüter zu beruhigen. Aber der Scherzbold versuchte kein zweites Mal, mich zu ärgern!

Und die Kollegen sorgten sich liebevoll darum, dass immer Kaffee am Morgen gewährleistet war.

Es gab allerdings noch andere Dinge, die mich ziemlich schnell aus der Fassung bringen konnten. Eines davon ist, mich mit deutschen Schlagern zu quälen.

An einer Baustelle arbeitete mit uns eine Malertruppe. Einer der Maler hatte ein Radio dabei, ließ deutsche Schlager laufen und trällerte lauthals dazu.

Ich meine, ich verstehe ja, dass Maler durch das ständige Einatmen von Farbdämpfen ein bisschen Balla sind, doch ich kann Schlagermusik keine 5 Minuten ertragen, und wenn dann noch jemand in schrägen Tönen dazu trällert, wird es kriminell.

Ich hielt diese explosive Mischung ganze 30 Minuten aus, dann brach es aus mir heraus und ich schrie ihn an: „Maler, du musst dich jetzt entscheiden! Entweder du machst sofort das Radio aus und hörst mit deinem Gejammer auf, oder du und dein Radio hängen am Baum!“

Ui, das Radio war in Blitzgeschwindigkeit aus und ich hörte keinen Ton mehr. Ich wusste gar nicht, dass ich so furchterregend wirken konnte.

Allerdings war ein anderer, befreundeter Handwerker genau dieser Meinung. Er hatte einen Kunden, der eine Kneipe betrieb und nicht zahlen wollte. Er bat mich, dass ich ihn begleiten sollte, um sein Geld einzutreiben. Na gut, dachte ich, ich habe keinerlei Kampferfahrung, bin eigentlich ein total friedfertiger Mensch, der niemandem etwas zuleide tun will. Besser wäre da ein Joe gewesen, der notfalls ruckzuck ernst machen könnte. Ich kann nur ein grimmiges Gesicht machen, aber ich tat ihm den Gefallen. Seltsamerweise hatte mein Auftritt dort gewaltige Wirkung. Eilig holte der Wirt das Geld, um meinen Freund auszuzahlen, ohne jegliche weitere Diskussion. Da war selbst mein Freund überrascht, wie einfach das ging.

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