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Spaßvogel Ernscht und die Alkohol-Katastrophe
ОглавлениеMit einem Kollegen hatte ich dagegen richtig Spaß. Ernscht war eigentlich Schäfer und hatte den Job irgendwann zum Zimmerei-Helfer gewechselt. Sein Humor gefiel mir. Er war feinfühlig, zurückhaltend, nie beleidigend, hatte einige Lebensweisheit und war eine Frohnatur.
Er erzählte mir von einem trinkfesten Pfarrer, dessen Trinkspruch mir aus satirischen Gesichtspunkten äußerst gut gefiel: „Der Feind muss vernichtet werden!“
Ja, ich hatte als Alkohol-Gegner einen schweren Stand in dieser Zimmerei. Die Richtfeste waren kräftige Besäufnisse. Und wenn ein Bauherr fragte, was er uns zu trinken anbieten könne, und ich mich vorsichtig meldete, dass ich Mineralwasser bevorzugen würde, wurde ich von den Kollegen niedergebrüllt: „Du wirscht doch a Bier saufe kenne!“
Die Stimmung zwischen mir und dem Meister war auf einem Tiefpunkt. Wir hatten mit viel Gift das Haus des Meisters erweitert und am selben Abend noch war das Richtfest im Haus des Meisters, als mir Ernscht von dem Pfarrer erzählte.
Ja, und danach waren Betriebsferien, also ein perfekter Zeitpunkt, um ausgelassen zu feiern.
Es kam schlimm, ich als „Alkohol-Feind“ vertrug ja schon mal gar nichts.
Beim ersten Bier, das mir eingeschenkt wurde, rief mir Ernscht augenzwinkernd zu: „Hartmut, der Feind muss vernichtet werden!“ Tja, da war es passiert. Ein seltsamer Ehrgeiz in mir erwachte mitzumachen. Ich stieg voll darauf ein und unterhielt die ganze Mannschaft, die bei den nie zur Neige gehenden Getränken den Trinkspruch immer lauter brüllte. Kaum hatte ich mein Glas leer, war es schon wieder von einem aufmerksamen Kollegen gefüllt worden. Sie machten sich ihren Spaß, mich abzufüllen!
Irgendwann verlor ich die Besinnung. Ich erwachte hart am Mittag des nächsten Tages auf dem Boden der Küche in meiner Wohnung und hatte die Hosen voll! Boah, wie peinlich. Ich hatte keine Ahnung, wie ich hergekommen war. Das letzte, was ich wusste, war, dass ich beim Prosten mit den Kollegen ein paar Gläser zertrümmert hatte!
Eine dunkle Vorahnung trieb mich ans Telefon und ich rief Ernscht an: „Ernscht, ich hatte einen Filmriss, habe ich irgendwas angestellt?“
Ernscht antwortete: „Ah wa, do sind halt ein paar Gläsle kaputt gange!“
Das beruhigte mich erst einmal, daran konnte ich mich ja erinnern.
Schlimmere Nachricht kam, als ich den Schwiegersohn des Meisters und meinen Nachbar traf.
„Hartmut, Du hascht des große Wohnzimmerfenschter in der neuen Wohnung mit einem Schnaps-Stamperl zerdeppert, als Du mit dem Trinkspruch ‚Der Feind muss vernichtet werden!‘ den Kopf des Meisters knapp verfehlt hast!“
Da fiel mir das Herz erst mal in die Hose. Ich war total geschockt. Letztlich entschied ich mich, sofort zum Meister zu fahren, um mich zu entschuldigen.
Der meinte ganz trocken: „Ah wa, it schlimm, warscht halt bsoffe!“
Aber natürlich wusste er den Bruch der Scheibe gewinnbringend zu nutzen und machte einen Big Deal aus der Reparatur.