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16. Klara

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»Nein, ich kann nicht!«, schreit Miguel fast durchs Telefon, als er die Halle betritt. Er sieht nachdenklich aus, legt auf und geht ohne einen Blick zur Rezeption zu werfen an uns vorbei in sein Büro. Ich frage mich, was er für ein Problem hat. Es klang unheimlich ernst.

»Oh je, das hört sich nicht gut an«, sage ich zu Paula.

»Ach«, winkt sie ab. »Das ist nur der übliche Stress.«

»Also kommt es öfter vor, dass der Chef so rumschreit?«

»Hin und wieder kann das schon mal passieren.«

»Aha.« Bevor ich etwas erwidern kann, kehrt Miguel zurück und geht, ohne uns eines Blickes zu würdigen, nach draußen. Mir macht sein Verhalten Angst. Umso glücklicher bin ich über Paulas Anwesenheit. Wenn sie sich nicht um ihn schert, brauche ich das auch nicht zu tun.

»Kannst du kurz die Stellung halten? Ich will schnell etwas mit dem Koch besprechen«, sagt Paula und verschwindet, als ich ihr zunicke.

Insgeheim hoffe ich, es treten in den nächsten Minuten keine Komplikationen auf. Am besten wäre es, wenn überhaupt niemand käme. Mit dem Buchungsprogramm stehe ich nach wie vor auf Kriegsfuß. Langsam hege ich Zweifel daran, jemals damit zurechtzukommen, doch ich kann es mir nicht leisten aufzugeben. Schließlich soll ich die Schicht an der Rezeption irgendwann alleine machen. Davor graut es mir schon. Ich kann nur hoffen, Paula steht mir so lange zur Seite, bis ich es begriffen habe. Alternativ bleibt mir nur der Job als Küchenhilfe oder der des Zimmermädchens. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich die Küche nehmen. Putzen gehört nämlich nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Schnippeln und Abwaschen sind zwar auch keine Traumjobs, aber erträglicher, als Toiletten zu schrubben.

Als die Tür aufgeht, werde ich aus meinen Gedanken geholt. Mich durchfährt ein kurzes Schwindelgefühl. Im ersten Moment denke ich, ich müsste die nächsten Gäste ohne Paula einchecken. Doch es ist kein Gast, sondern Pedro. Ich bin mir unsicher, ob ich erleichtert oder besorgt sein soll. So schnell wollte ich ihm nicht wieder begegnen.

»Hallo«, begrüßt er mich.

»Hi«, erwidere ich. »Miguel ist nicht da«, lege ich nach.

»Ich weiß, er kam mir gerade entgegen. Ich wollte zu dir. Können wir reden?«

»Jetzt ist es schlecht, ich muss arbeiten.«

»Wir könnten zusammen Mittagessen.«

»Ähm …« Bevor ich mir eine passende Ausrede zurecht gelegt habe, taucht Paula wieder auf.

»Hi Pedro, was kann ich für dich tun?«, begrüßt sie ihn.

»Hallo. Nichts, danke«, antwortet er und schaut nur wenige Sekunden zu ihr.

Paula sieht mich fragend an. Ich zucke mit den Schultern, um ihr meine Unwissenheit mitzuteilen. Kurz darauf verschwindet sie im Nebenzimmer.

»Also, was ist?«, setzt Pedro zu einem neuen Versuch an.

»Heute passt es mir nicht so gut. Ich will nachher an meinem Roman weiterschreiben«, winde ich mich.

»Aha, den ganzen Tag?«

»Ja.«

»Gut.« Ohne sich zu verabschieden, verschwindet Pedro.

»Was war das denn?«, fragt Paula, die zurückkommt, so als hätte sie nur darauf gewartet, dass Pedro geht.

»Ich habe keine Ahnung.«

»Was wollte er?«

»Reden.«

»Worüber?«

»Wenn ich das wüsste«, flunkere ich und zucke mit den Schultern.

Vor Paula möchte ich weder meine Sorgen noch mein Gefühlsleben ausbreiten. Auch, wenn ich sie mag, will ich mit ihr nicht über zu viel private Dinge reden.

Sie schaut gedankenverloren nach draußen und scheint das Thema abgehakt zu haben. Also entspanne ich mich allmählich.

»Habt ihr etwas miteinander?«, fragt Paula nach einer Weile aus heiterem Himmel.

»Ähm, nein. Wie kommst du darauf? Wir sind nur gute Freunde.«

»Hm, mir sah es nach mehr aus.«

»Nein, bestimmt nicht!«, bestätige ich erneut. Insgeheim hoffe ich, Pedro taucht so schnell nicht mehr hier auf. Wenn Paula schon denkt, zwischen uns würde etwas laufen, werden es bald auch alle anderen glauben. »Ganz schön ruhig heute«, lenke ich vom Thema ab.

»Ja, noch. Ab Mittag wird sich das ändern.«

»Hm, vielleicht.« Ich blättere in einem der Kataloge über Ausflugsziele in der Region, die auf dem Empfangstresen ausgelegt sind, und bewundere die schönen Landschaften. Am liebsten würde ich mir alle interessanten Seiten rausreißen, verkneife es mir aber. Stattdessen versuche ich mir die besten Sachen zu merken und lese aufmerksam die Texte durch, damit ich später den Gästen Empfehlungen geben kann.

***

»Wo ist Paula?«, fragt Miguel, als er zusammen mit Carlotta und Alfredo die Empfangshalle betritt. Die beiden Kinder rennen sofort in ihre Malecke. Es scheint ihr Stammplatz zu sein, wenn sie im Hotel sind.

»Sie bringt Gäste nach oben«, antworte ich leise.

»Aha. Ist sie schon lange weg?«

»Seit ein paar Minuten. Sie müsste eigentlich gleich zurückkommen.«

»Gut, sie soll sofort zu mir …«

Bevor er den Satz beendet hat, steht Paula neben mir.

»Paula hast du heute Abend Zeit?«, fragt er sie auf Spanisch. »Ich brauche einen Babysitter. Sarah kann nicht.«

»Es tut mir leid, heute kann ich nicht.«

»Mist!« Miguel sieht verzweifelt aus. Er schaut auf den Boden und denkt nach.

»Soll ich …«, fange ich an zu stottern, bevor mir bewusst wird, was ich tue.

Miguel sieht mich fragend an, dann wandert sein Blick zu seinen Kindern. Er überlegt. »Das würden Sie wirklich machen, Klara?«

»J-Ja, wenn ich Ihnen damit helfen kann.«

»Okay.«

»Schön, Sie können die Kinder gerne später herbringen oder gleich hier lassen.«

»Das wird nicht gehen. Ich bin heute auf einem Geschäftstermin und das kann spät werden. Sie müssten zu mir nach Hause kommen.«

Ich schlucke. Damit hatte ich nicht gerechnet. »Ach so.« Ich atme tief durch. »Wie komme ich denn da hin? Fährt ein Bus oder muss ich ein Taxi nehmen?«

Miguel schweigt. Er scheint zu überlegen.

»Ich hole Sie nachher einfach ab. Zurück können Sie mit dem Taxi fahren. Wenn es zu spät wird, können Sie auch in meinem Gästezimmer übernachten. Also wäre es sinnvoll, wenn Sie sich ein paar Sachen mitnehmen«, sagt er nach einer Weile.

»Gut. Wann holen Sie mich ab?«

»Gegen siebzehn Uhr.«

»In Ordnung.«

Miguel verschwindet in seinem Büro. Ich bleibe starr hinter dem Tresen stehen. Es dauert eine Weile, bis ich Paulas Blicke bemerke.

»Was ist?«, frage ich.

»Bist du dir sicher, dass du das machen willst?«, fragt sie. Im Gegensatz zu sonst sieht sie auf einmal blass aus.

»Ja, klar. Die Kinder sind doch toll. Ich denke, wir kommen zurecht.«

»Also, ich kann versuchen, meine Verabredung zu verschieben. Dann musst du nicht bei Miguel schlafen.«

»Ach quatsch! Ist schon okay.«

Paula mustert mich eine Weile. »Sag mal, stehst du auf den Chef?«, fragt sie. »Hast du deswegen kein Interesse an Pedro?«

»Was? Nein! Was soll das? Es geht um Carlotta und Alfredo. Ich mag die beiden«, verteidige ich mich.

Insgeheim denke ich über Paulas Frage nach. Miguel sieht ziemlich gut aus, aber er hat genauso ein schweres Schicksal hinter sich wie ich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er auf der Suche nach einer Frau ist.

Paula starrt mich immer noch an.

»Was ist denn auf einmal los?«, frage ich und versuche dabei lässig zu klingen.

»Mal ganz ehrlich, Miguel gefällt dir doch, oder?«

»Was? Wie kommst du nur darauf? Ich bin nicht auf der Suche nach einem Mann!« Den letzten Satz schreie ich fast. Mir wird erst zu spät die Anwesenheit einiger Gäste bewusst.

Von allen Seiten werde ich angestarrt. Mir ist die Situation unheimlich peinlich. Hastig renne ich ins Nebenzimmer und hoffe, Paula kümmert sich um die Besucher. Ich würde die vielen fragenden Blicke nicht ertragen.

Glück auf Spanisch

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