Читать книгу Mach's dir leicht, sonst macht's dir keiner - Heidi Wahl - Страница 10
Blöde Fragen gibt es nicht!
ОглавлениеAnfangs war ich mit diesem Berufsziel und der Fächer-Kombi ganz happy, doch nach einigen Semestern wurden die Germanistik-Seminare zur Qual. Die anfängliche Begeisterung, Leichtigkeit und Motivation waren verflogen. Gelegentlich bereute Frau Wahl ihre Wahl. Was tun: Weitermachen? Aufhören? Fach wechseln? Alle möglichen und unmöglichen Alternativen und Argumente wälzte ich durch meine Gehirnwindungen. Ich kam nicht weiter. Coaches oder Mentoren gab es damals noch nicht. Im Nachhinein betrachtet wäre solch eine Unterstützung in dieser Phase für mich genau das Richtige gewesen. Also verharrte ich damals in meinem Kokon und zog das Studium durch – denn ausdauernd und diszipliniert war ich schon immer. Außerdem hatte ich trotz allem ein gutes Bauchgefühl und mein Motto, der antreibende Gedanke im Kopf, hieß damals und heißt auch heute noch: »Es wird schon für etwas gut sein und seinen Sinn haben, auch wenn ich momentan noch nicht weiß, für was.«
Genau so war es. Parallel zum Studium begann ich in der Sportredaktion eines Regionalradios zu arbeiten. Texte schreiben, Anmoderationen auf den Punkt bringen, Nachrichten knapp und präzise formulieren – das alles fiel mir relativ leicht, obwohl ich journalistische Anfängerin war. Die Arbeit als rasende Reporterin machte mir vor allem großen Spaß und ich bekam prima Feedback von Kollegen und Hörern. Mein ursprüngliches Berufsziel (ver-) wandelte sich von Lehrerin zu Journalistin! Plötzlich profitierte ich von der ungeliebten Germanistik, den scheinbar nutzlosen Linguistik-Vorlesungen. Ich konnte das mühsam Gelernte und Studierte erst beim Radio, dann bei der Tageszeitung »Schwäbisches Tagblatt« praktisch anwenden. Der endgültige Abschied vom Lehrerinnendasein und der Beginn meiner Ausbildung zur Redakteurin ließ nicht lange auf sich warten.
Als Journalistin konnte ich einige meiner Leidenschaften und Charakterzüge voll ausleben: mit interessanten Menschen reden, neue Leute kennenlernen, neugierig sein, Augen und Ohren aufsperren. Auf dem Fußballplatz, im Gemeinderat oder bei den Kleintierzüchtern. Das Schöne am journalistischen Arbeiten bringen acht Worte auf den Punkt: Es gibt keine blöden Fragen, nur blöde Antworten. So bin ich doch noch Forscherin geworden, wenn auch nicht in der Biologie, sondern in den Medien. Lange Jahre war das für mich der optimale Job – als freie Journalistin oder festangestellt in Redaktionen, beim Radio, bei Tageszeitungen, Agenturen und Magazinen. Doch das Unterrichten fehlte mir, die Lehrerin in mir kam mit den Jahren nicht mehr auf ihre Kosten. Also berufliche (Ver-)Wandlung, die Zweite. Selbstständige Trainerin, Autorin und Coach bin ich nun und mit diesem Trio voll in meinem Element. Und noch immer profitiere ich von meinem Germanistikstudium, wenn ich Schreibwerkstätten für Kunden abhalte und Öffentlichkeitsarbeit unterrichte.
Bis ich jedoch so weit war, hatte ich einige schlaflose Nächte, öfters Minus auf dem Konto, schlechte Laune und die immer wiederkehrende Frage im Kopf: Wo und wann kommt endlich der nächste Auftrag? Von Leichtigkeit weit und breit nichts zu sehen. Weder bei mir noch bei vielen Freunden, Kunden und Seminarteilnehmern.