Читать книгу Mach's dir leicht, sonst macht's dir keiner - Heidi Wahl - Страница 15
Erst die Ruhe, dann das schillernde Leben
ОглавлениеWaren Sie schon einmal in Asien und haben Tempel in Laos, Myanmar, Vietnam, Kambodscha oder Thailand bestaunt? Der Königspalast in Bangkok etwa ist der absolute Wahnsinn. Ein touristisches Muss, wenn Sie dort sind! An vielen Stellen sind bunte Mosaike zu sehen, die teilweise mit schillernden Schmetterlingsflügeln dekoriert sind. Und genau das erreichen, was die Künstler wollten: die ganze Aufmerksamkeit des Betrachters einfangen und ihn staunen lassen. Je nach Lichteinfall und Standort entstehen neue Farben und Effekte. Bezaubernd. In der christlichen Kunst sind Schmetterlinge seit jeher ein Symbol der Auferstehung, sie zieren viele Grabmale und finden sich auch in ägyptischen Grabmalereien. In der griechischen und römischen Mythologie erscheint die Seele oft mit Schmetterlingsflügeln. Auf diese Weise kann sie sich vom Körper lösen und gen Himmel schweben. In der Antike galten Schmetterlinge als d a s Sinnbild von Wiedergeburt und Unsterblichkeit, weil sie nach monatelanger Ruhe in einem äußerlich reg- und leblosen Kokon plötzlich erwachen und lebendig werden.
Wie schön wäre es, wenn wir Monate lang ruhen könnten, uns zurückziehen, in der Regungslosigkeit verharren? Wenn wir ein Schild »Wegen Umbau geschlossen« raushängen könnten? Tolle Vorstellung. Ich habe zwar meist nicht mehrere Wochen am Stück frei, doch ich plane mir immer wieder Auszeiten ein. Tage, an denen weder Coaching-Klienten noch Kundengespräche im Terminkalender stehen und auch kein Seminarkonzept, kein Angebot meinen Computer verlässt. Zeit für mich, Zeit für mein Gehirn und meine Gedanken, die sich dann sortieren können. Und ich Dinge, Gespräche, Situationen verarbeiten und einen neutralen Blick gewinnen kann. Das klappt nur im Entspannungsmodus, in den Sommerferien und den Wochen rund um Weihnachten, jedoch nicht in den Hauptarbeitsphasen. Da jagt ein Termin den anderen, ein Seminar das nächste und Projekte wollen angestupst werden.
Ein Freund erzählte mir, dass er im Sommer mehrmals für einige Tage in die Berge fahre, um runterzukommen. Mit seiner Lebensgefährtin mietet er sich in kleinen Pensionen ein, isst gut, schwimmt in Weihern, wandert, erkundet die Gegend und lässt die Seele baumeln. »Und dann seh ich auch wieder klarer«, beschreibt Paul den Ausklink-Effekt. Mehr noch: Er trifft auch Entscheidungen. Etwa den Ausstieg aus einer Band, die der Gitarrist mitbegründet und gepusht hat, doch nach reiflichen Überlegungen und Überdenkungen als nicht zukunftsträchtig einstuft hat. »Da gehen zwei Pole nicht zusammen und viele Kleinigkeiten passen nicht«, lautet das nüchterne Urteil nach einem langen Wochenende in den bayerischen Voralpen. Ohne Groll und Gram berichtet Paul von seiner Entscheidung. Im Gegenteil: »Ich fühle mich jetzt erleichtert und kann ein neues Band-Projekt angehen bzw. ausbauen.«
Respekt gegenüber den Bandkollegen, dem Chef, dem Kunden oder der Nachbarin – auch wenn sie noch so nerven. Nur wer bei sich ist, in einer neutralen Position, ist in der Lage, seine Mitmenschen in allen Facetten zu sehen und sich nicht sofort ein Urteil zu bilden und den anderen zu bewerten und in eine Schublade zu stecken. Die Fähigkeiten, Kompetenzen und das Positive anzuerkennen, ist keine einfache Sache. Doch es ist ungemein hilfreich, schont Kraft und Energie und macht das Leben leichter.