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Andere Länder, andere Sitt en

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Fernreisen sind nicht jedermanns Sache. So weit fliegen, dann ist es heiß, es gibt komische Sachen zum Essen und die Sprache versteht man auch nicht. Viele Gründe sprechen dafür, im Urlaub an den Bodensee zu fahren statt nach Ägypten oder Thailand. Ich hingegen reise gerne und freue mich immer auf neue Länder, Menschen, Landschaften, Tempel, Sitten und Gebräuche. Klar, ich bin neugierig, erforsche fremde Kulturen und liebe Temperaturen über 30 Grad und probiere gern Dinge aus. Vergorene Stutenmilch in der Mongolei ausgenommen!

Erstaunt war ich auf einer Reise nach Laos. In unserer Pension in Luangprabang im Norden des Landes gab es nämlich eine Weberei und einen Laden mit lauter Produkten aus Seide. Und wie entsteht Seide? Genau. Aus dem Kokon von Seidenspinnern gewinnen die Frauen in vielen Arbeitsschritten hauchdünne Fäden mit einer Länge bis zu 500 Metern, die dann gefärbt, gesponnen und zu kuscheligflauschigen Schals verarbeitet werden. Unglaublich, wie flink die Laotinnen sind und in welchem Affenzahn sie die Garnspindeln durch die Fäden jagen und superkomplizierte Muster in allen Farben zaubern. Falls Sie einmal Gelegenheit zum Besuch einer Weberei haben, sollten Sie sie nutzen. Immer wenn ich meine laotische Stola trage, freue ich mich und denke an die entspannte Zeit im Schaukelstuhl auf der Hotelveranda am Mekong.

Wenn Sie schon mal auf einem Markt in Thailand, Laos oder Vietnam waren, haben Sie sicher auch Maden in unterschiedlichsten Formen gesehen: lebend in Waben, frittiert, getrocknet oder geröstet. Als Snack für zwischendurch oder als Eiweißlieferant sind sie in Asien sehr beliebt. Frittiert schmecken sie gar nicht so schlecht. Als Europäerin kann man das eklig finden oder sich um »die armen Tiere« sorgen, wie es eine Seminarteilnehmerin ausgedrückt hat.

Wir haben unsere Gewohnheiten, unsere Bräuche und legen diese Maßstäbe natürlich auch gerne auf Reisen an. Das Essen soll so schmecken wie daheim, Fleischliebhaber wollen Schnitzel und Würstel im Urlaub essen, Kuchenfans mögen nachmittags zum Kaffee Sahnetorte, und abends dürfen natürlich weder Prosecco noch Weißbier zum Essen fehlen. Unbekannte Speisen ausprobieren? Muss das sein? Ich weiß nicht, wie oft der Spruch »Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht« zitiert wird in Restaurants.

Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Nicht nur beim Essen. Auch sonst haben wir Ansprüche. An uns und andere. Was uns wichtig ist, versuchen wir zu bekommen oder uns entsprechend zu verhalten. Wer Wert auf Pünktlichkeit legt, wartet nicht gerne auf die Kollegen beim Meeting oder auf die Freundinnen im Kino. Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Familie, Frieden, Harmonie, Vertrauen, Kultur, Heimat – die Liste, was Menschen wirklich wichtig ist, ließe sich noch lange fortschreiben. Unsere Werte sind die Basis für das Handeln, sie fungieren wie Leuchttürme und geben die Richtung vor. Und wenn da zwei »Leuchttürme« nicht zusammenpassen, gibt es Unmut, Missverständnisse, Konflikte und Kriege. Werte sind nicht verhandelbar. Den anderen so sein zu lassen, wie er ist und zu verstehen, dass ihm teilweise ganz andere Dinge wichtig sind und er völlig anders tickt als ich selbst, ist nicht ganz einfach. Oft zeigt sich das bei Geburtstagen, Weihnachten oder der Urlaubsplanung: Hotel oder Campingplatz, Strand oder Berge, fliegen oder Bahn fahren? Wenn die schönsten Wochen des Jahres nicht so werden wie gedacht, wird gerne mal dem anderen der Schwarze Peter zugeschoben. Der Wertekompass zeigt eben nicht bei allen Menschen in die gleiche Richtung.

In Seminaren zeigt sich das immer wieder. Bei einer Kleingruppenarbeit zum Thema Öffentlichkeitsarbeit in Lenggries konnte sich Irmgard argumentativ gegen ihre beiden Kollegen nicht durchsetzen. Irmgard beharrte auf ihrer Meinung, dass nur sie die Übung »Erstellung eines Kommunikationskonzeptes« richtig verstanden habe. Weil sie sich nicht durchsetzen konnte und das Abstimmungsergebnis »zwei gegen eins« nicht akzeptierte, machte Irmgard bei der anschließenden Präsentation nicht mit. Demonstrativ setzte sie sich mit versteinerter Miene in die letzte Reihe und ließ Monika und Klaus das Konzept präsentieren. Und verweigerte anschließend ein Gespräch, um die angespannte Situation zu bereinigen. Irmgard übernahm keine Verantwortung für ihr Verhalten, sondern beharrte auf dem Standpunkt, die anderen seien schuld an der Misere. Damit machte sie sich das Leben schwerer als nötig, stand sich im selbst im Weg. Denn in den folgenden drei Seminartagen wurde sie immer mehr zur Außenseiterin.

Wir Menschen haben ein sehr feines Gespür für atmosphärische Spannungen, und besonders diejenigen, die sich um Harmonie und Zusammenarbeit bemühen, leiden unter Menschen wie Irmgard, die stoisch ihr Ding durchziehen, sich nicht in eine Gruppe integrieren lassen und nicht akzeptieren, dass andere auch Ahnung haben und sie selbst manchmal die schwächeren Argumente haben. Und sie dann eben demokratisch überstimmt werden. Eine eingeschränkte Sichtweise und weit entfernt von der Haltung: Es ist wie es ist. Irmgard-Typen versuchen am Gras zu ziehen, damit es schneller wächst, und erreichen oft das Gegenteil.

Bevor ich Ihnen das Mariposa-Prinzip für mehr Leichtigkeit im Leben in Kapitel 6 beschreibe, konzentrieren wir uns zunächst auf die Entwicklungsstadien von Schmetterlingen, auf die Metamorphose dieser Insekten. Auch unsere Entwicklung verläuft in Stadien, die alle ihre Zeit brauchen und die nötig sind, um dahin zu kommen, wo wir hinwollen. Und um das Mariposa-Prinzip zu verstehen und umsetzen zu können.

Also, wenn Sie ein Schmetterling werden wollen, blättern Sie um. Lesen Sie weiter.

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