Читать книгу Mach's dir leicht, sonst macht's dir keiner - Heidi Wahl - Страница 17
Sensibel, aber dennoch hart im Nehmen
ОглавлениеWeltweit gibt es schätzungsweise 180.000 Arten von Schmetterlingen. Biologen haben sie aufgeteilt in 130 Familien und 44 Überfamilien. Etwa 3700 Schmetterlingsarten leben in Deutschland, die meisten davon sind Nachtfalter. Inzwischen sind viele Arten vom Aussterben bedroht. Die Überlebens- und Umgebungsbedingungen haben sich für die filigranen und sensiblen Wesen verschlechtert. So bedroht etwa Lichtverschmutzung die Nachtfalter. Zudem mangelt es den Pflanzenfressern teilweise an artgerechter Nahrung und Rückzugsräumen durch Trockenlegung von Feuchtgebieten, Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzflächen oder Einsatz von Pestiziden. Diese vernichten Futterpflanzen und Nektarquellen. Schmetterlinge sind nämlich richtige Feinschmecker: Sie haben ganz spezielle Ansprüche an ihre Nahrungspflanzen, deren Wachstum an Vegetationsperioden und spezielle Böden gebunden sind. Doch trotz der widrigen Umgebungsbedingungen flattern die sensiblen Wesen durch die Lüfte und lassen sich nicht unterkriegen.
Genau wie der Österreicher Andreas Holzer, geboren 1966 im österreichischen Lienz. »Mir hat das Leben Rahmenbedingungen gegeben, mit denen ich einpacken könnte«, sagte er in einem Interview mit der Welt (3. Juni 2016). Denn Holzer ist von Geburt an blind, arbeitet jedoch seit 2010 als Motivationsredner, Testimonial und Profibergsteiger. Ja, Holzner ist Profibergsteiger, obwohl er noch nie einen Berg gesehen hat. Als Kind hat der Buchautor (»Balanceakt. Blind auf die Gipfel der Welt«) seine Eltern gebeten, nirgends zu erzählen, dass er blind ist. Warum? »Das hätte mich einfach gebremst.« Ein Bekannter hatte sich damals getraut, den Jungen mit in die Südtiroler Dolomiten zu nehmen und ihn ans Bergsteigen heranzuführen. Inzwischen verdient er mit seinem früheren Hobby Geld. Er hat, man könnte das salopp vielleicht so sagen, das Beste aus seiner Lage gemacht und sogar sein Geschäftsmodell darauf gegründet. »Ich habe meine Rahmenbedingungen so umgemodelt, dass ich derzeit ohne sie nicht arbeiten kann«, erklärt der Heilmasseur, der jahrelang in diesem Beruf gearbeitet hat. Manch andere hätten sich das nicht getraut, das Risiko Profisportler gescheut und mit der Situation gehadert. Oder eben wie Holzer das Positive im Handicap gesucht und sich daran orientiert. Am 21. Mail 2017 erreichte der Osttiroler als erster blinder Bergsteiger auf der Mallory-Route (Nordseite) den Mount Everest.
Von solchen Menschen kann man einiges lernen. Sie als Modell, als Vorbild nehmen. Holzer hat sich was getraut und für sich selbst und sein Glück Verantwortung übernommen. Während andere sich mit dem gleichen Handicap sicher nicht ans Bergsteigen gewagt hätten, sondern die sicherere Variante wählen würden – etwa Tandem-Radfahren. Alles hat eben verschiedene Aspekte, verschiedene Seiten und auch seinen Preis.
Kennen Sie auch Menschen, wo Sie von der ersten Minute an gespürt haben, dass die Chemie stimmt und Sie stundenlang reden, diskutieren und lachen können? Und andere Menschen, die auf Sie erst einmal einschüchternd, vielleicht sogar bedrohlich wirken und Sie nicht genau wissen, warum Sie so empfinden und Sie sich so klein fühlen? Mir erging es so mit einigen großen Namen aus der Trainer- und Coachszene. Wo ich erst dachte, upps, da bin ich wohl in der falschen Liga gelandet. Später habe ich dann meine Analysebrille aufgesetzt und mir aus der Adlerperspektive angeschaut, was die Kollegen genau machen und wie sie strategisch vorgehen. Sehr interessant und lehrreich. Ich habe mir einige Dinge bei den Kolleginnen abgeschaut, die mir gefallen haben und sie für meine berufliche Situation umgemodelt und weiterentwickelt. Das gelingt, wenn man sich nicht ins Bockshorn jagen lässt, sondern ohne Vorurteile, »Schubladendenken« und vorschnelle Einschätzungen Menschen und Dinge betrachtet. Mal die Perspektive wechselt.