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271. Lucie Duff Gordon188
ОглавлениеSeptember 1833
Ich lernte Heine vor mehr als zwanzig Jahren kennen in Boulogne; ich war noch ein Kind von elf oder zwölf Jahren und saß neben ihm an der Table d’hote. Er war damals ein dicker, kleiner Mann, kurzsichtig und mit einem sinnlichen Mund. Als er hörte, daß ich mit meiner Mutter deutsch sprach, begann er sogleich eine Unterhaltung mit mir, und zum Schluß sagte er: „Wenn Sie nach England zurückkehren, können Sie Ihren Freundinnen erzählen, daß Sie Heinrich Heine gesehen haben.“
„Wer ist denn Heinrich Heine?“ fragte ich.
Er lachte herzlich und war nicht gekränkt über meine Unwissenheit. Wir schlenderten dann öfters zusammen bis zur Spitze der Mole und er erzählte mir dabei Märchen von Fischen, Sirenen, Wassernixen und einem sehr drolligen alten französischen Geiger mit einem Pudel, der pünktlich seine drei Seebäder täglich nahm – ein Gemisch von Phantastik und Humor, sehr oft auch Pathos, besonders wenn die Wogen ihm deutsche Grüße brachten von der „Nordsee“.
Später sagte er mir, daß sein Gedicht: „Wenn ich an deinem Hause“ usw. sich auf mich und meine „braunen Augen“ beziehe.
Er war ein oder zwei Monate in Boulogne und ich sah ihn noch oft. Immer aber erinnerte ich mich mit großer Zärtlichkeit des Dichters, der mir so schöne Geschichten erzählte und so freundlich zu mir war, jedem andern gegenüber aber so sarkastisch.