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Jetzt kommt Horst: Wie man Meerforellen fängt – oder auch nicht
ОглавлениеHorst Hennings war mein Mann dafür. 37-maliger Deutscher Meister, Vizeweltmeister im Brandungsangeln, in der Anglerszene eine Legende. Unsere erste Begegnung vor laufender Kamera fing so an: „Moin, Moin, ich bin Heinz Galling. Bei Anglern duzt man sich doch, richtig?“„Ja, natürlich!“ „Dann sag ich Horst zu dir.“ Horst reagierte souverän, die Herzlichkeit, das Funkeln in seinen Augen nahm mich sofort für ihn ein.
Wir schlängelten uns auf einem Weg durch ein Waldstück, an einem Bach entlang Richtung Ostsee, um uns herum ein Teppich aus Buschwindröschen. Schon von Weitem vernahm man das Rauschen der Brandung. Die Temperaturen waren recht mild, 13 °C. Eine Eisentreppe führte runter an den Strand. Es war kurz vor zwölf, keine anderen Angler weit und breit. Der Geruch von Salzwasser und Seetang in der Luft. Ein Trupp Möwen drehte kreischend seine Runden über dem Steilufer. Auf dem Strand Findlinge und entwurzelte Bäume, die bei der letzten Wintersturmflut unterspült worden waren. So stellt man sich die Küste einer einsamen Insel vor …
„Traumhaft“, fand auch Horst. „Leicht auflandiger Wind, Steine, helle Flecken. Da müsste eigentlich was gehen.“ Horst Hennings tat das, was er immer macht, wenn er an einen Angelplatz kommt: Er las das Gewässer. „Meerforellenangeln ist eine Fleißgeschichte. Du musst zur richtigen Zeit am richtigen Fleck sein und natürlich an deinen Köder glauben. Aber wenn die Meerforellen rauben, kannst du auch einen rostigen Löffel durch das Wasser ziehen.“
Und genauso machten wir das. Stundenlang kurbelten wir den Köder unseres Vertrauens durch das Ostseewasser, bis zur „blauen Stunde“. Der Zeitraum zwischen Sonnenuntergang und Dunkelheit ist eigentlich die beste Zeit, um Meerforellen zu fangen. Eigentlich … Doch an diesem herrlichen Frühlingsabend wollte auch nach dem dreihundertfünfundachtzigsten Wurf kein Fisch beißen. Die Meerforelle wurde mal wieder ihrem Ruf gerecht. Egal. Wir waren auch ohne Fisch gut drauf: „Ist dir aufgefallen, wie wunderbar leer man im Kopf ist? Du denkst an nichts. Konzentrierst dich nur auf das Angeln, bist von allen Alltagssorgen befreit. Und dann diese Spannung. Jeden Augenblick könnte es ja klingeln.“ Horst hatte es auf den Punkt gebracht. Angeln ist nämlich wie Medizin. Entspannung und positive Anspannung im Wechsel. Die spannendste Langeweile!