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Liebe auf den ersten Biss

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1966: England war gerade Weltmeister geworden, und obwohl der Ball gar nicht drin war, war es ein herrlicher Sommer. Aus einem Weidenstock hatte ich mir eine Angel gebaut, doppelt so lang wie ich. Eine Angelschnur hatte ich an der Wakenitz gefunden, die Pose aus einem kleinen Sektkorken selbst gebastelt. Das Wickelblei fand ich bei Poggensees, unseren Nachbarn, die gerade ihre Dachrinne erneuerten. Da blieb reichlich Blei für mich übrig. Den Angelhaken gab mir Opa als Belohnung für das Unkrautjäten in seinem Gemüsebeet.

So zog ich dann wieder mal los mit meinen Kumpels aus der Siedlung. Über die Kuhkoppel, am Bach entlang, über einen schmalen Trampelpfad durch den Brook, vorbei an einer knorrigen alten Eiche, am Kartoffelfeld ein beherzter Sprung über einen anderen kleinen Bach, schließlich noch ein kleiner Weg durch den Sumpf, und dann waren wir da: an der Rotaugenstelle.

Jeder Angelplatz meines Opas hatte einen besonderen Namen: Kannengießers Stelle, Müggenbusch, Toter Arm, Poggensee-Platz, Aalbucht oder eben Rotaugenstelle.

Die Wasserfläche war spiegelglatt wie ein Ententeich. Keine Ringe, die einen fressenden Fisch verrieten. Oma hatte mir eine Scheibe Feinbrot mitgegeben. Die Rinde schnell abgeknabbert, das Brot kurz ins Wasser gestippt, zu einem festen Teig geknetet und zwischen Daumen und Zeigefinger eine kleine, etwa erbsengroße Kugel geformt – wie mein Opa mir das beigebracht hatte. Der Teig durfte nicht zu feucht und nicht zu trocken sein. Gerade so, dass er sich auf der Hakenspitze hält. Rute in die rechte Hand, die Schnur etwas oberhalb des Hakens gegriffen und Schwung geholt. Die Pose landete genau neben einem Weidenbusch, dessen Zweige bis weit ins Wasser hineinragten. Ein gutes Versteck für Fische.

Ich ließ den kleinen Korkproppen nicht aus den Augen. „Tucke“ sagten wir dazu. So sagt man im Lübecker Raum noch heute, wenn Pose, Schwimmer oder Flott gemeint sind.

Es dauerte nur wenige Minuten, dann begann der Korken auch schon zu tänzeln. Jetzt nur nicht ablenken lassen! Die kleine Sektkorkenpose verschwand unter der Wasseroberfläche, ich spürte einen pulsierenden Widerstand. Und da war es, das Gefühl, das jeder echte Angler kennt: Wenn Adrenalin ins Blut schießt. Ich setzte den Anhieb – Liebe auf den ersten Biss! Einen Augenblick später segelte ein etwa 20 Zentimeter großes Rotauge in hohem Bogen direkt neben mir ins knöchelhohe Gras neben die Sumpfdotterblumen. Mein erster mit der Angel gefangener Fisch! Ich war stolz wie Bolle.

Rute raus, der Spaß beginnt

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