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Prolog

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Bei der ersten Sendung dachte niemand beim NDR Fernsehen an eine Angelserie. Obwohl, niemand ist nicht ganz richtig. Insgeheim liebäugelte ich schon damit.

Mit der Sea Hunter stachen wir vom Hafen Glowe aus in See. Ein schnittiges offenes Holzboot, das nach Venedig und Canale Grande aussah. Andreas, meinem Kollegen, standen aber schon beim Einsteigen die Schweißperlen auf der Stirn. Später erfuhr ich, dass dieses Boot in Anglerkreisen die „Todesplanke“ genannt wurde.

Wir wollten das Trolling vorstellen, eine besondere Angelmethode. Hierbei werden die Köder, meist 10 bis 15 Zentimeter große Blinker, bei langsamer Fahrt in unterschiedlichen Tiefen hinter und neben dem Boot hergezogen. Zielfisch: Lachs.

Zu DDR-Zeiten war es den Anglern verboten, raus auf die Ostsee zu fahren. Fluchtgefahr! Es dauerte, bis die ersten Schleppangler hier auf Lachs gingen. Erst 2006 war die erste offizielle Lachssaison auf Rügen. Danach kam es zu einem regelrechten Massenansturm.

Ende März. Die Luft ist klar, leichter Wind, die Sonne schickt die ersten warmen Strahlen zu uns an Bord. Bestes Trolling-Wetter. Wir tuckern langsam vom Seehafen in Glowe auf Rügen durch die Tromper Wiek Richtung Kap Arkona. Nach etwa eineinhalb Stunden erreichen wir die Fanggründe circa drei Seemeilen westlich von Arkona. Wassertiefe 40 Meter. Da zwei Mann an Bord sind, die einen Angelschein haben, dürfen wir insgesamt sechs Angeln auslegen.

Bei geführten Trolling-Touren werden die Angeln gestellt. An Bord wird dann ausgelost, welcher der Gäste bei einem Biss die erste, zweite und dritte Rute bedienen darf. Hat man Glück, drillt man einen Riesenlachs an Bord. Es kann aber auch ganz anders kommen und nur ein kleiner Dorsch hängt am Haken. Dann muss man warten, bis man wieder an der Reihe ist.

Die Lachse vor Rügen kommen aus schwedischen und polnischen Lachsflüssen und ziehen den großen Heringsschwärmen hinterher. Neben Brieslingen, einer Sprottenart, sind Heringe ihre Hauptnahrung.

Nach etwa einer Stunde, wir können in weiter Ferne noch schemenhaft die steilen Kreidefelsen von Rügen erkennen, zieht plötzlich Seenebel auf. Sichtweite keine 50 Meter, und wir steuern direkt auf eine viel befahrene Schifffahrtsstraße zu. Unheimlich. Ich muss an eine Szene aus dem TV-Mehrteiler Der Seewolf mit Raimund Harmstorf denken und wähne mich bereits auf dem Grunde der Ostsee. Dann kommt leichter Wind auf. Genauso plötzlich, wie er gekommen ist, verschwindet der Nebel wieder. Jetzt kann es losgehen.

Ich helfe unserem Guide Jörg die Angeln auszulegen. Zunächst befestigen wir die Schnur von zwei Ruten mit einem Clip an einen Downrigger, eine Art Minikran, der am Boot befestigt ist und an dem über ein Drahtseil ein Bleigewicht, etwa so groß wie eine Zucchini, zu Wasser gelassen wird. An diesem Seil wiederum machen wir mit einem weiteren Clip die Angelschnur fest, sodass wir den Köder in verschiedenen Tiefen hinter dem Boot herziehen können.

Die anderen Angeln ziehen wir mit Planerboards parallel zum Boot. Ein Planerboard sieht aus wie ein kleines Modellschiff, dessen Kiel so angebracht ist, dass das Schiffchen entweder nach Steuerbord oder nach Backbord driftet.

Kaum haben wir die Angeln ausgelegt, macht es surrrrrr. Der gleiche Ton, den Jörg auch als Klingelton für sein Handy hat. Nur diesmal bedeutet das: Fischalarm! Ich greife die Rute und spüre eine leichte Gegenwehr. Bei den Multirollen wird beim Kurbeln die Kraft des Fisches ja direkt auf die Rolle übertragen und nicht wie bei den Stationärrollen über einen Umlenkbügel.

Nach kurzer Zeit zeigt sich ein silbriger Fisch an der Wasseroberfläche. Jörg greift zum Kescher, und schwupps ist der erste Lachs gelandet. Leider etwas untermaßig. Das erkennen erfahrene Angler sofort. Ein Lachs muss mindestens 60 Zentimeter haben, dann darf man ihn mitnehmen. Wir lösen den Fisch vorsichtig vom Haken und lassen ihn mit angefeuchteten Händen wieder in sein Element zurück. Alles nach Vorschrift.

Die nächsten Stunden tut sich – gar nichts. Dann plötzlich, Andreas hat gerade eine zweite Käsestulle ausgepackt, schreckt Jörg hoch: „Das ist einer!“ Die Bremse der Multirolle ist so eingestellt, dass ein großer Fisch zwar gebremst wird, aber immer noch Schnur nehmen kann. Und das ergibt dann das Geräusch, das Schleppangler so lieben: surrrrrrrrr.

Blitzschnell greife ich mir die Rute und spüre sofort: Das muss ein großer Fisch sein, der hier verbissen um sein Leben kämpft. Ein Lachs? „Schön ruhig und gleichmäßig ziehen, dann kommt er auf keine dummen Gedanken.“

Jörg weiß wovon er redet. Hunderte Lachse hat er mit seiner Kundschaft schon erfolgreich an Bord gelotst. Manchmal dauert der Drill nur zehn Minuten. Manchmal aber auch wesentlich länger …

Stand-up-drill nennt man die Position beim Hochseeangeln, bei der der Angler stehend an Deck mit dem Fisch kämpft. Die Rute hält man in der rechten Hand, durch Heben und Senken und gleichzeitigem Kurbeln mit der linken Hand versucht man, den Fisch immer näher an das Boot heran zu bekommen. Gekurbelt wird immer in der Abwärtsbewegung. Es gibt aber auch Phasen, in denen man das Gefühl hat, dass der Fisch wie festgenagelt am Grund hängt. Ruckartiges Reißen bringt dann gar nichts. „Du darfst nicht an dem Fisch racken, dann poltert er und die Gefahr besteht, dass er abreißt!“ Es ist ein Gefühl, als würde man die ganze Zeit eine volle Getränkekiste vor sich hertragen. „Kurz vor der Landung die Rute schön runter halten!“ Doch die Landung kann dauern. Ein Blick auf die Multirolle zeigt mir, dass die Schnur fast vollständig eingeholt ist. Jetzt muss er sich doch endlich mal zeigen! Dann plötzlich surrt die Schnur wieder von der Rolle. In wenigen Sekunden hat der Lachs erneut fast einhundert Meter abgezogen. „Lass ihn laufen. Ganz leicht den Daumen auf die Schnur legen, der muss sich erst mal wieder beruhigen.“ Wir sind uns jetzt sicher, dass ein großes Exemplar der Gattung Salmo salar, so heißt der Atlantische Lachs mit lateinischem Namen, am Haken hängt.

Es dauerte knapp eine Stunde, bis sich der Lachs zum ersten Mal etwa zehn Meter hinter dem Heck zeigte. Sein dunkler Rücken und die mächtige Schwanzflosse durchbrachen kurz die Wasseroberfläche. Ich war so fasziniert, dass ich für einen Augenblick ganz das Kurbeln vergaß. „Schnur aufnehmen und Rute runter!“, schrie Jörg und schob den großen Bootskescher unter den Fisch, um ihn an Bord zu heben. Wahnsinn! Da lag er vor mir auf den Bootsplanken, mein erster Lachs, zehn Kilo schwer und fast einen Meter lang. Ich zitterte am ganzen Körper.

Mein Kollege Andreas machte schnell ein Foto, und Jörg rief: „Nach vorne halten, dann sieht er größer aus!“ Er kennt die Tricks, wie Fische auf dem Foto optimal präsentiert werden. Ich halte den prächtigen silbernen Kämpfer im Arm und spüre sein Gewicht. Ein irres Gefühl. Deshalb geht man angeln.

Rute raus, der Spaß beginnt

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