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1921 – Jewgeni Samjatin – »My«

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Als Erstveröffentlichung erscheint der 1919 begonnene und 1921 fertiggestellte Roman »My« des russischen Schriftstellers und Revolutionärs Jewgeni Samjatin (1884–1937) nach vergeblichen Versuchen, einen russischen Verlag zu finden, erst im Jahr 1924 in englischer Übersetzung im New Yorker Verlag E. P. Dutton.

Obwohl sich Samjatin den revoltierenden Bolschewiken angeschlossen hat, zog er sich durch seine kritischen Schilderungen der sich gerade entwickelnden neuen, kommunistischen Gesellschaft den Unmut der Partei zu und wurde mit einem Schreibverbot belegt.

Sein Romanmanuskript »My« kursierte vornehmlich unter Literaten, Kritikern und russischen Emigranten, wurde über Jahre hinweg gelesen und rezensiert, ohne jedoch in Buchform veröffentlicht zu sein.

Erst nach Übersetzungen 1924 ins Englische, 1927 ins Tschechische und 1929 ins Französische erschien der Roman im Jahr 1958 im westdeutschen Verlag Kiepenheuer & Witsch, während er in der DDR wie auch in der Sowjetunion weiterhin verboten blieb.

Die Handlung des Romans »Wir« spielt in ferner Zukunft in einem totalitären »Einheitsstaat«. Menschen sind zu berechenbaren Größen geworden. Sie tragen als Kennzeichnung Nummern statt Namen, leben in gläsern einsehbaren Unterkünften und führen ein minutiös überwachtes Leben, dessen Abläufe von der Arbeit bis zur Liebe nach mathematischen Regeln objektiv, optimal und unter totaler Kontrolle organisiert sind.

Dieser vom »Wohltäter« geführte und von den »Wächtern« geschützte »Vereinigte Staat« ist von einer sogenannten »grünen Mauer« umgeben, hinter der sich das Reich der Natur mit wilden Waldmenschen getrennt von der Zivilisation befindet. Ordnung gegen Chaos ist das Grundbild dieser Gesellschaft.

Der Ich-Erzähler, D-503, ist Mathematiker und Konstrukteur des Raumschiffs »Integral«, mit dem nun auch die »unendliche Gleichung des Weltalls integriert« werden soll, um alle Formen von Existenz zu einem einzigen Staatsgebilde zu verschmelzen und damit jedes Risiko einer Revolution durch Andersartiges zu verhindern.

Als sich der männliche D-503 verbotenerweise in die weibliche I-330 verliebt, gerät seine mathematisch geordnete Welt außer Kontrolle. Kollektive Ratio und subjektive Emotion prallen aufeinander und ein Arzt stellt die Diagnose: »Es steht schlecht um Sie! Bei Ihnen hat sich offenbar eine Seele gebildet.«

Aus Liebe zur Frau, die sich als Mitglied einer verdeckten Opposition erweist, willigt D-503 ein, das »Integral«-Projekt zu sabotieren. Mit der Sprengung der grünen Mauer und der Aufhebung der Grenze zwischen ungeordneter Natur und geordneter Zivilisation beginnt der Aufstand der Opposition gegen das System. Nach dem Verrat seiner Liebe ist D-503 wieder Teil des kollektiven Wir, das keine Form von Empathie oder Kritik zulässt.

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