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Vorwort

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„Wenn Dein Mut sich Dir verweigert, geh über Deinen Mut hinweg!“

(Emily Dickinson)

Ich brauchte für dieses Buch viel Zeit, sehr viel Zeit, unzählige Male löschte ich, fing wieder an, um schließlich zu erkennen, dass alles nur Quatsch war, was da stand. Worte, die keine Sätze ergaben, Sätze, die so verdreht waren, dass sie keinen Sinn hatten.

Erlebnisse und Erinnerungen hatte ich genügend, die Leichtigkeit aber, sie in Worte zu fassen, war nicht mehr abrufbar.

Ich bat meine Frau, meine Kinder, aber auch Freunde, die überhaupt nichts mit der Jagd am Hut haben, meine Geschichten zu lesen. Ihr Nachfragen setzte mich nur unter Druck, es half mir nicht.

Orgo auf einer Wundfährte

„Dieses Buch gehört mit zu den besten Jagderzählungen, die es gibt!“ Mit solchen und vielen anderen Kritiken wurde ich für mein erstes Buch mit Lob überhäuft. Aber was hilft alles Lob und Wollen, wenn die Inspiration fehlt, wenn man nächtelang auf ein leeres Blatt Papier starrt und den Glauben an sein Können verloren hat. Hatte ich mit meinem ersten Buch nur ein Strohfeuer entfacht? Ich wollte keinen „One-Night-Stand“, ich dachte, dass ich Talent hätte, und jetzt war alles weg.

Lob war nie meine Motivation. Es hilft zwar, sich in einem nie dagewesenen Selbstbewusstsein als jemand Besonderes zu fühlen, aber ich wollte gar nicht jemand Besonderes sein. Ich wollte authentisch sein, jemand, mit dem man sich identifizieren kann, der anders schreibt, nämlich einfach.

So banal es klingen mag, der Verlust eines lieben Menschen, die Erinnerungen an ihn und die Verarbeitung des Schmerzes halfen mir, wieder den Glauben an mich selbst zu finden. Stundenlange spirituelle Gespräche mit meiner Frau fachten wieder ein Feuer in mir an.

Es öffneten sich Tore, die verschlossen gewesen waren, geistige Blockaden, die mir wie riesige Hindernisse meinen Geist nahmen, waren wie weggeblasen.

Ich fand wieder meine Inspiration.

So schrieb ich wieder über die alltägliche Arbeit als anerkannter Nachsuchenführer, über die Arbeit mit dem „roten Hund“, die viele meiner Kollegen tagtäglich tun.

Für mich ging schon mit meinem ersten Buch ein Traum in Erfüllung, ich wollte die Jägerschaft für die Nachsuche sensibilisieren. Und das will ich auch mit diesem zweiten Band. Jäger sollen nicht wegschauen, nicht sagen: „Ach, das Stück hat ja nur einen Kratzer!“

Nein, Jäger sollen Rückgrat zeigen, Achtung vor der Kreatur haben und sagen: „Jetzt brauchen wir einen Spezialisten, das sind wir dieser Kreatur schuldig.“

Mit meinem ersten Buch ist mir dies offensichtlich gelungen, es gab viele, die mich anriefen und sagten: „Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen, ich habe es an einem Tag gelesen, schade, dass es nur 144 Seiten hat!“

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen Lesern und ihren zahlreichen begeisterten Rückmeldungen, denn sie waren der Grund für dieses weitere Buch.

Seit 15 Jahren bin ich anerkannter Nachsuchenführer in Bayern. Mit meinem Hannoverschen Schweißhund „Orgo“ habe ich jedes Jahr 100 bis 150 Nachsucheneinsätze (hauptsächlich Sauen und Rotwild). Mein Arbeitgeber hat für meine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne des Tierschutzes sehr großes Verständnis, hinzu kommt, dass mein Chef selbst Jäger ist. So habe ich die Möglichkeit, fast alle anfallenden Nachsuchen annehmen zu können. Mein Einsatzgebiet erstreckt sich vom Truppenübungsplatz Hohenfels in der Oberpfalz über die Bayerischen Forstbetriebe Allersberg und Rothenburg in Mittelfranken bis an die Weinberge in Unterfranken. In den „Schonzeitmonaten“ halte ich Referate in den Jägervereinigungen, Hegeringen und Jagdschulen zum Thema Nachsuche sowie zur Auswahl und Ausbildung von Nachsuchehunden.

Ich bin also ein Praktiker durch und durch, ich arbeite bereits mit dem zweiten Hannoverschen Schweißhund, davor habe ich einen Bayerischen Gebirgsschweißhund geführt. Von meinen Erfahrungen bei Nachsuchen, aber auch bei der Erziehung und Führung von Nachsuchehunden handeln meine Empfehlungen, Anregungen und Erzählungen.

Manche Geschichten mögen etwas übertrieben klingen, aber sie sind alle wahr. Selbst auf die Gefahr hin, dass eine Suche wie die andere klingt, ist jede für sich einzigartig und etwas Besonderes, denn es geht immer um ein Tier, das mit großen Schmerzen und Leid alleine in irgendeiner Dickung qualvoll sterben muss – oder noch schlimmer, nicht sterben kann.

Ich schreibe meine Erfahrungen und Erlebnisse auf, nicht weil ich ein Buch schreiben oder den Finger heben will, sondern weil ich zum Glück die Gabe habe, einen Hund so auszubilden, dass er unter extremen Bedingungen seine Fährte halten kann und wir beide als „Gefährten“ im Auftrag des Tierschutzes arbeiten. Nichts anderes treibt mich an als die Achtung vor der Kreatur und Weidgerechtigkeit!

Ein sehr kluger Mann, den ich nicht persönlich kenne, aber sehr schätze, sagte einmal: „Um ein Amt brauchst du dich nicht bewerben, es kommt auf dich zu!“ So ist dieses Amt auf mich zugekommen, nicht, weil ich mich darum beworben hätte, nein, einfach so. Jeder von uns hat eine Einzigartigkeit, und jeder hat ein Talent. Es liegt an jedem selbst, sein Talent herauszufinden und es zu fördern. Nicht was wir beruflich tun, spielt eine Rolle im Leben, sondern nur das, was wir aus freiem Antrieb tun, aus Überzeugung. Das Leben wird durch ein Wertesystem, ein Ethos bestimmt. Ich habe das Glück, so von meinem Wertesystem überzeugt zu sein, dass ich es auch lebe.

Ich bin nichts Besonderes, einfach nur einer von Ihnen. Auf jeden Fall ist eines meiner Talente der Hund, ich bin ein Rudelführer, der keine Worte braucht, um mit Hunden zu sprechen.

Ich werde Ihnen Geschichten erzählen, die ich mit meinem HS-Rüden Orgo in vielen Revieren erlebt habe, ich werde aber auch Tipps geben, wie Sie mit Ihrem Hund arbeiten können. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, welche Rasse Sie führen: Jeder von Ihnen, egal ob jung oder alt, ob Mann oder Frau, kann einen Hund ausbilden, wie Sie ihn haben wollen, Sie brauchen nur GEDULD!

Damit meine ich nicht, dem Hund irgendwelche Kunststücke beizubringen, nein, ausbilden bedeutet zusammenzuwachsen, sich zu vertrauen.

Sollte mir entgegengehalten werden, dass ein Buch niemals die Praxis ersetzen kann, so kann ich dem nur zustimmen. Aber mit meinen Erfahrungen möchte ich jene unterstützen, die bereits einen Welpen haben und sich manchmal fragen, ob sie alles richtig machen oder ob es auch andere Ansätze und Möglichkeiten gibt, seinen künftigen Nachsuchenhund bestmöglich auszubilden. Und für jene, die mit dem Gedanken spielen, sich einen Welpen zuzulegen oder Nachsuchenführer zu werden, kann es ein erster Einblick und eine Hilfe und Stütze sein.

Eines jedoch kann es auf jeden Fall: Mein Buch erzählt von der Praxis, und lernen kann man auch aus der Erfahrung und aus der Praxis anderer! Und es zeigt hoffentlich eindrucksvoll, dass die Ausbildung eines Nachsuchenhundes/Schweißhundes etwas völlig anderes ist als die eines Hühnerhundes.

In diesem Buch steckt unendlich viel Zeit, nehmen Sie sich die Zeit, um es aufmerksam zu lesen. Ohne meine Familie, meine beiden Jungs und meine Frau, die mir immer den Rücken freigehalten haben, damit ich seit Jahrzehnten meine Berufung leben darf, würde es dieses Buch nicht geben.

„Im Leben gibt es zwei Dinge, die man nicht vorhersagen kann, wie sie enden: eine Nachsuche und eine Ehe!“

Helmut Schock-Huber

Merkendorf, Sommer 2020

Der Nachsuchenführer

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