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IX DIE PREDIGT

VATER MAPPLE erhob sich und bat in einem milden Ton bescheidener Autorität die verstreut versammelten Leute, dichter zusammenzurücken. "Steuerbord macht Platz, dort! Seite dort mehr nach Backbord - Backbord macht Platz nach Steuerbord! Mittschiffs, Mittschiffs!“

Da gab es dann ein dumpferes Rumpeln schwerer Seestiefel zwischen den Bänken, ein etwas leichteres Huschen weiblicher Schuhe, dann war alles wieder still, alle Augen auf den Priester gerichtet.

Er wartete noch ein wenig; kniete sich dann im Bug der Kanzel nieder und faltete seine großen braunen Hände vor der Brust, erhob seine geschlossenen Augen und brachte ein Gebet von solcher Gläubigkeit hervor, dass es scheinen wollte, er würde auf dem Grunde des Meeres knien und beten.

Dieses endete in anhaltenden, feierlichen Tönen, ähnlich dem fortgesetzten Anschlagen einer Glocke auf einem Schiff, das auf See in einem Nebel versinkt - und in demselben Tonfall begann er das folgende Kirchenlied zu singen; um dann aber, in Veränderung der abschließenden Strophen in ein schallendes Frohlocken und Freude auszubrechen:

" Sein’ Rippen und das Grauen vor dem Wal275,

Bog’ über mir ein düst’res Glüh’n,

Derweil glitt’ Gotts sonn’leuchtend’ Wogen all vorbei,

Und ließen mich hinuntersinken ins Verderb’.

Ich sah das off’ne Höllenmaul.

Mit endlos Sorg’ und Schmerzen dort,

Die keiner, der’s nicht hat gefühlt, beschreiben kann,

Oh, ich stürzte ins Verzagen.

In schwarzer Not rief ich, mein Gott, zu dir.

Wo ich kaum glaubt’ ihn selbst zu haben,

Neigt er sein Ohr zu meiner Klag’ -

Nicht mehr tat mich der Wal einengen.

Geschwind flog er zu meinem Schutz,

Getragen dahin wie auf dem strahlenden Delfin;

Schrecklich, doch oh, so schön wie Blitzes Schein,

Gottes, meines Befreiers Antlitz.

Mein Lied hier soll für immer aufnotieren,

In dieser schrecklichen und gleichsam frohen Stunde;

Geb ich die Ehre meinem Gott,

Denn Sein ist alle Gnade und die Kraft.“

So gut wie alle Anwesenden sangen bei diesem Choral mit, der sich hoch über das Heulen des Sturms emporschwang. Eine kleine Pause ergab sich; der Prediger schlug langsam die Blätter der Bibel um, und zuletzt, die Hände über der richtigen Seite faltend, sprach er: "Geliebte Schiffskameraden, haltet fest am letzten Vers des ersten Kapitels des Buches Jonas - 'Und Gott hatte einen großen Fisch vorbereitet, um den Jonas zu verschlingen.'

Schiffskameraden, dieses Buch, - es enthält nur vier Kapitel - vier Fäden - ist einer der schwächsten Stränge im mächtigen Tau der Schrift. Doch was für Tiefen der Seele lotet des Jonas' Küstenlinie aus! Was für eine bedeutungsvolle Lehre ist dieser Prophet doch für uns! Was für eine edle Geste ist dieser Lobgesang im Bauch des Fisches! Wie wogengleich und ungestüm großartig! Wir fühlen die Brecher über uns zusammenschlagen; wir loten mit ihm zusammen die tangigen Gründe der Wasser aus; Seegras und aller Schleim der Ozeane ist um uns! Was aber ist die Lektion, die uns das Buch Jonas lehrt? Schiffskameraden, es ist eine in zwei Richtungen weisende Lektion; eine Lektion für uns alle, als sündige Menschen gesehen, und eine Lektion für mich, als einen Lotsen des lebendigen Gottes. Als sündige Menschen ist es eine Lektion für uns alle, weil es eine Geschichte der Sünde ist, der Hartherzigkeit, des plötzlich erwachten Schreckens, der schnellen Bestrafung, der Reue, der Gebete und zum Schluss der Erlösung und der Freude des Jonas. So, wie bei allen Sündern unter den Menschen lag auch die Sünde dieses Sohns des Amittai276 darin, dem Gebot des Herrn willentlich Ungehorsam entgegenzusetzen - egal was für ein Gebot es jetzt war,277 oder wie, und auf welche Art es auch immer übermittelt wurde, - er jedenfalls empfand es als ein hartes Gebot. Doch sind alle Dinge, die uns der Herr zu tun befiehlt, schwer für uns zu tun - denkt daran - und deshalb gebietet er uns oft mehr, als dass er sich bemüht, uns zu überzeugen. Und wenn wir Gott gehorchen, müssen wir uns selbst missachten; und gerade in diesem Selbstmissachten besteht die Härte des Gehorsams gegenüber Gott.

Mit dieser Sünde des Ungehorsams in sich widersetzt sich aber Jonas weiterhin dem Willen Gottes, im Wahn, ihm entfliehen zu können. Er denkt, dass ein von Menschen gemachtes Schiff ihn in Länder bringen könnte, wo Gott nicht herrscht, sondern nur die Kapitäne dieser Erde. Er schleicht bei den Werften von Joppa278 herum und schaut nach einem Schiff, das nach Tarsis279 geht. Hier schlummert möglicherweise eine bisher nicht beachtete Erkenntnis. Allem Anschein nach kann die Stadt Tarsis nichts anderes sein, als das moderne Cadiz280. Das ist die Ansicht gelehrter Männer. Und wo liegt Cadiz, Schiffskameraden? Cadiz ist in Spanien; auf dem Wasser in etwa so weit, wie Jonas in diesen alten Tagen von Joppa hätte segeln können, als der Atlantik ein noch weitestgehend unbekanntes Meer war. Denn Joppa, das moderne Jaffa, Schiffskameraden, liegt an der östlichsten Küste des Mittelmeers, der syrischen; und Tarsis oder Cádiz mehr als zweitausend Meilen westlich davon, gleich außerhalb der Straße von Gibraltar.


Abbildung 21: Mittelmeer, geplante Reise des Jonas (rot) (Gemeinfrei) (W)

Seht ihr nicht jetzt Schiffskameraden, dass Jonas zu seiner Zeit versuchte, weltweit vor Gott zu fliehen? Elender Mensch! Oh! Verachtungswürdig und wert aller Geringschätzung; mit seinem Schlapphut und dem schuldbewusst blickenden Auge, vor seinem Gotte herumschleichend; umherschnüffelnd bei den Schiffen, wie ein schändlicher Dieb, der sich beeilen muss, dass er bloß das Meer überquert. So verstört und selbstanklagend ist sein Aussehen, dass man den Jonas, noch bevor er irgendein Deck berührte, gesetzt den Fall es hätte damals schon Polizeibeamte gegeben, auf den schieren Verdacht hin, dass etwas nicht stimmen würde, festgenommen hätte. So offensichtlich, er ist ein Flüchtling! Kein Gepäck, keine Hutschachtel, kein Mantelsack oder eine Reisetasche - keine Freunde begleiten ihn mit ihren Wünschen zur guten Reise zum Kai. Am Ende, nach manchem vergeblichen Suchen findet er endlich das Schiff aus Tarsis, welches noch die letzten Teile seiner Fracht aufnimmt; und wie er nun an Bord geht, um zu schauen, ob der Kapitän in seiner Kabine ist, halten alle Matrosen mit dem Verladen der Güter ein, um dem bösen Blick des Fremden zu wehren. Der Jonas sieht das und versucht, sich den Anschein von Leichtigkeit und Zuversicht zu geben, aber vergeblich, sein gequältes Grinsen verrät ihn. Schwere Ahnungen über den Mann versichern die Matrosen, dass er kein Unschuldiger ist. In ihrer spielerischen, aber dennoch tiefernsten Art spricht einer zum anderen, 'Jack, er hat 'ne Witwe ausgeraubt,' oder 'Joe, erkennst du's nicht, er ist ein Bigamist;' oder 'Harry, alter Kumpel, ich schätze, er ist der Ehebrecher, der in Alt-Gomorrah aus dem Knast ausgebrochen ist, oder noch wahrscheinlicher, einer der gesuchten Mörder aus Sodom.' Ein anderer rennt, um das Plakat zu lesen, das an der Spundwand der Landungsbrücke befestigt ist, an welcher das Schiff festgemacht ist, worauf steht, dass fünfhundert Goldstücke für die Festnahme eines Elternmörders gezahlt werden, und zusätzlich enthält es auch noch eine Personenbeschreibung. Er liest und schaut von Jonas zu dem Plakat; während alle seine mitfühlenden Freunde sich jetzt um den Jonas gruppieren, darauf vorbereitet, Hand an ihn zu legen. Der furchtsame Jonas zittert, und während er noch versucht, alle noch vorhandene Kühnheit in seinem Gesicht aufzubieten, sieht er doch um so viel mehr aus wie ein Feigling. Er wird sich nicht zu dem Verdacht bekennen; aber das selbst ist schon ein starker Argwohn. Und so macht er das Beste daraus; und als die Matrosen feststellen, dass er nicht der Mann ist, der ausgeschrieben ist, lassen sie ihn durch und er steigt in die Kabine hinab.

'Wer da?' ruft der Kapitän von seinem geschäftig aussehenden Schreibpult aus, wo er in aller Eile die Papiere für den Zoll zusammensucht - 'Wer ist denn da?' Oh! Wie diese harmlose Frage den Jonas erschüttert! Schon in diesem Moment möchte er sich lieber wieder umdrehen und weiter fliehen. Doch er kann sich sammeln. 'Ich hätte gerne eine Passage auf diesem Schiff nach Tarsis; wie bald segelt ihr, Herr?' Bis hierher hatte der geschäftige Kapitän noch nicht zu dem Jonas hingeschaut, trotzdem, dass der Mann jetzt direkt vor ihm stand; aber kaum hörte er diese hohle Stimme, da wirft er einen prüfenden Blick auf ihn. 'Wir segeln mit der nächsten kommenden Flut,' sagt er zuletzt langsam, ihn immer noch intensiv musternd. 'Nicht eher, Herr?' - 'Bald genug für den ehrlichen Mann, der Passagier sein will.' Ha! Jonas, das war ein weiterer Stich. Doch schnell lenkt er den Kapitän von dieser Spur ab. 'Ich segele mit euch,' - spricht er - 'der Preis für die Passage, wie teuer ist das? - Ich werde sofort bezahlen.' Denn so steht es ausdrücklich geschrieben, Schiffskameraden, als sei es eine Sache, über die man in dieser Geschichte nicht hinwegsehen darf, 'und bezahlte den Fahrpreis davon', bevor das Fahrzeug auslief. Und in diesem Sinnzusammenhang gesehen, ist das voller Bedeutung.

Nun war der Kapitän, mit dem der Jonas fahren wollte, Schiffskameraden, einer von denen, dessen Urteilsvermögen bei jedermann die kriminelle Absicht entdeckt, dessen Habgier sie aber jedoch nur den Mittellosen unterstellt. In dieser Welt, Schiffskameraden, kann die Sünde, die bezahlt, frei reisen und benötigt keinen Pass; wohingegen die Tugend, wenn sie arm ist, an allen Grenzen halten muss. Also bereitet sich der Kapitän des Jonas darauf vor, erst einmal die Tiefe seine Börse auszuloten, bevor er ihn offen verurteilt. Er berechnet ihm die dreifache Summe, die normalerweise üblich wäre, und dem wird zugestimmt. Da weiß der Kapitän aber, dass der Jonas ein Flüchtling ist; doch gleichzeitig beschließt er, bei einer Flucht zu helfen, die seinen Rückweg mit Gold pflastert. Doch als der Jonas endlich ordentlich seine Börse herausnimmt, peinigen den Kapitän argwöhnische Vermutungen. Er lässt jede Münze klingen281, um eventuell doch eine Fälschung zu entdecken. ‘Kein Fälscher, jedenfalls’, knurrt er; und der Jonas wird als Passagier eingetragen. 'Zeigt mir doch meine Kabine, Herr,' sagt der Jonas nun, 'ich bin müde von der Reise und brauche Schlaf.' 'Du siehst genau so aus,' spricht der Kapitän, 'dort ist dein Raum.' Der Jonas tritt ein und möchte wohl gerne die Tür abschließen, jedoch enthält das Schloss keinen Schlüssel. Wo ihn der Kapitän da so dümmlich herumfummeln hört, lacht er leise in sich hinein und murmelt etwas von den Türen der Zellen von Verurteilten, die niemals von innen zu verschließen sein dürfen. Voll angezogen und so staubig wie er von unterwegs ist, wirft sich der Jonas in seine Koje und empfindet die Decke der kleinen Kabine als fast auf seiner Stirne lastend. Die Luft ist dick und der Jonas japst. Dann, in diesem engen Loch, das sich auch noch unterhalb der Wasserlinie des Schiffes befindet, spürt Jona eine Vorahnung jener erstickenden Stunde, wenn der Wal ihn im kleinsten Kämmerchen seiner Eingeweide halten wird.

Eine an ihrer Achse gegen die Bordwand geschraubte Pendellampe schaukelt leicht in des Jonas Raum; und während das Schiff unter dem Gewicht der letzten übernommenen Ballen merkbar zum Kai hin krängt, behält die Lampe, die Flamme und alles, wenn auch in leichter Bewegung, immer eine ständige Schräglage in Bezug auf das Zimmer bei; obwohl sie sich in Wahrheit selbst völlig senkrecht hält, macht sie doch die falschen, liegenden Ebenen, zwischen denen sie hing, deutlich. Die Lampe beunruhigt und ängstigt den Jonas; denn, wie er so in seiner Koje liegt, verdreht er seine gequälten Augen und mustert den Raum, doch findet der bis daher so erfolgreiche Flüchtling hier keine Erholung für seinen unsteten Blick. Aber diese Narreteien durch die Lampe entsetzen ihn mehr und mehr. Der Boden, die Decke, die Wände, alles ist schief. 'Oh, so hängt mein Gewissen in mir' stöhnt er, 'gerade aufrecht brennt es, doch sind die Kammern meiner Seele alle schief und krumm!'

Wie einer, der sich nach einer durchzechten Nacht betrunkenen Feierns in sein Bett begeben hat, immer noch taumelnd, aber doch bereits voller Gewissensbisse, die ihn schon stechen; die ihre stählernen Klammern282 wie bei den Sprüngen eines römischen Rennpferdes nur umso mehr in ihn hinein schlagen; wie einer, der sich in dieser elenden Notlage immer noch dreht und windet und in schwindelerregender Verzweiflung Gott um Vernichtung bittet, bis der Anfall vorüber ist; so überfällt ihn dann endlich, inmitten des Strudels des Kummers, welchen er fühlt, eine tiefe Benommenheit, wie bei einem verblutenden Manne, denn seine Wunde ist das Gewissen, und da gibt es nichts, um sie zu stillen; so zieht den Jonas, nachdem er sich in seiner Koje wund gerungen hat, das Wunder des schwerfälligen Elends endlich in den Schlaf hinab.

Nun ist die Zeit der Flut gekommen; das Schiff löst seine Taue; und das unbejubelte283 Schiff dreht von dem einsamen Kai in voller Schräglage vor dem Wind in See. Dieses Schiff, meine Freunde, war wohl das erste registrierte Schmugglerschiff! Und die Konterbande war der Jonas. Doch die See bäumt sich auf; sie will diese gottlose Last nicht tragen. Ein fürchterlicher Sturm kommt auf, das Schiff will schier zerbrechen. Doch nun, als der Bootsmann284 alle Mann an Deck ruft, um das Schiff zu erleichtern, als Kisten, Ballen, Fässer und Krüge über Bord rattern; als der Wind kreischt, die Männer schreien, und jede Planke über dem Kopf des Jonas von den donnernden Füßen der Männer bebt; in all diesem tobenden Tumult, schläft der Jonas seinen miserablen Schlaf. Er sieht keinen schwarzen Himmel und keine brüllende See, fühlt nicht die taumelnden Balken, und wenig hört oder beachtet er das ferne Rauschen des mächtigen Wals, welcher schon jetzt nach ihm mit off'nem Maul die See durchschneidet. Aye, Schiffskameraden, der Jonas war an der Seite des Schiffes hinuntergegangen - eine Koje in der Kabine, so wie ich es verstanden habe, und er schlief fest. Aber der furchtgeschüttelte Eigner kommt und schreit in sein totes Ohr, 'was ist mit dir, du Erbärmlicher! Oh, Schläfer! Hoch mit dir!' Durch diesen fürchterlichen Schrei aus seiner Lethargie aufgeschreckt, taumelt der Jonas auf die Füße und greift, während er an Deck stolpert, nach einer Want, um auf die See hinauszusehen. Aber gerade in diesem Moment greift eine mächtige Woge wie ein Panther über das Schanzkleid nach ihm. Welle um Welle springt daraufhin in das Schiff, und sie rollen brüllend längsschiffs, da sie keinen schnellen Ablauf finden, bis die Matrosen, obgleich noch über Wasser, dem Ertrinken nahe sind. Und immer, wenn droben der weiße Mond sein erschrockenes Gesicht vor den steilen Schluchten unten in der Schwärze zeigt, sieht der entsetzte Jonas den sich aufbäumenden Bugspriet ganz hoch hinauf zeigen, der doch daraufhin nur umso schneller wieder nach unten, in die gequälte Tiefe geschmettert wird.

Ein Schrecken nach dem anderen läuft jetzt kreischend durch seine Seele. In all seiner katzbuckelnden Haltung wird der vor Gott Flüchtende jetzt ganz klar erkannt. Die Seeleute erkennen was er ist; mehr und mehr wächst ihr Misstrauen gegen ihn, und endlich, um die Wahrheit zu prüfen, indem sie die ganze Angelegenheit an den hohen Himmel verweisen, lassen sie das Los entscheiden, um zu erfahren, weswegen dieser große Sturm über sie gekommen ist. Das Los fällt auf den Jonas; der, jetzt entdeckt, nun erfährt, wie der wütende Mob ihn mit Fragen quält: 'Was hast du für einen Erwerb? Wo kommst du her? Dein Land? Welches Volk?' Doch jetzt, meine Schiffskameraden, schaut einmal auf das merkwürdige Benehmen des armen Jonas. Die begierigen Matrosen fragen doch nur, wer er ist; und von wo; woraufhin sie nicht nur eine Antwort auf ihre Fragen erhalten, sondern auch noch eine weitere Antwort auf eine gar nicht gestellte Frage, wobei diese unverlangte Antwort dem Jonas durch die Hand Gottes, die auf ihm liegt, eingegeben wird.

'Ich bin ein Hebräer,' schreit er - und weiter - 'Ich fürchte Gott den Herrn im Himmel, der die See gemacht hat und das trockene Land!' Ihn fürchten, oh Jonas? Aye, wohl magst du jetzt den Herrn, deinen Gott fürchten! Schnurstracks macht er jetzt ein volles Geständnis; woraufhin die Matrosen sich mehr und mehr entsetzen, das Mitleid für ihn aber überwiegt. Denn als der Jonas, nachdem er Gott noch nicht um Barmherzigkeit angefleht hatte, weil er die Düsternis seiner Wüsten nur zu gut kannte, - als der elende Jonas ihnen zurief, sie sollten ihn nur nehmen und ins Meer werfen, weil er doch wusste, dass es um seinetwillen geschah, dass dieser große Sturm über sie hereinbrach, da wandten sie sich barmherzig von ihm ab und suchten mit anderen Mitteln, das Schiff zu retten. Doch alles vergebens; der empörte Sturm heult nur umso lauter; doch dann, die eine Hand noch anrufend zu Gott erhoben, ergreifen sie mit der anderen Hand nicht unbedingt widerwillig den Jonas.

Und nun siehe, da Jonas wie ein Anker genommen und ins Meer geworfen wird, treibt alsbald eine ölige Stille aus dem Osten hervor, und das Meer steht still, wie Jonas den Sturm mit sich hinunterträgt und nur ruhiges Wasser zurücklässt. In ein solch wirbelndes Herz eines unbändigen Tumults geht er hinab, dass er kaum den Augenblick beachtet, wo er in die brodelnden Tiefen der ihn erwartenden Kiefer fällt: und der Wal schließt alle seine elfenbeinernen Zähne zu, gleich vieler weißer Riegel seines Gefängnisses. Da betete der Jonas aus dem Bauch des Wals. Doch beachtet sein Gebet und lernt daraus eine wichtige Lektion. Denn sündenbeladen wie er ist, jammert und weint der Jonas nicht um sofortige Erlösung. Er fühlt innerlich, dass seine schreckliche Bestrafung gerecht ist. Er überlässt all seine Befreiung Gott und begnügt sich damit, dass er trotz all seiner Schmerzen und Qualen den Blick immerzu auf Seinen heiligen Tempel richten wird. Und hier, Schiffskameraden, ist wirkliche und wahre Buße; nicht lärmend nach Gnade rufend, sondern dankbar für Strafe. Und wie gefällig es Gott war, dieses Verhalten an dem Jonas zu sehen, wird in der letztendlichen Befreiung des Jonas von dem Wal und der See sichtbar. Schiffskameraden, ich stelle euch den Jonas nicht vor, damit ihr seinen Sünden wiederholt, sondern als ein Vorbild für die Reue. Sündigt nicht; doch eilt, wenn ihr es dennoch tut, es zu bereuen wie der Jonas."

Während er diese Worte sprach, schien das Heulen des kreischenden, sich schräg neigenden Sturmes da draußen, der Rede des Predigers hierinnen neue Kraft einzugeben, welcher selbst von einem Sturm geschüttelt scheint, als er über die Sturmfahrt des Jonas predigt. Seine gewaltige Brust bebte wie von einer Grundsee285 erschüttert; seine emporgeworfenen Arme erschienen wie die sich bekriegenden Elemente286 am Werk; während der Donner, den seine dunklen Brauen aussandten, so wie die Lichter, die aus seinen Augen sprangen, es bewerkstelligten, dass alle Zuhörer ihn mit einer ihnen sonst völlig fremden, frischen Furcht ansahen.

Nun kam in seinem Auftreten eine Art Flaute auf, als er, abermals still die Seiten des Buches umschlagend, zuletzt mit geschlossenen Augen bewegungslos dastehend, in einer Art Zwiesprache mit sich selbst und seinem Gott zu sein schien.

Doch dann lehnte er sich wieder vorwärts, zu den Leuten hin; und während er seinen Kopf niederbeugte, sprach er in der tiefsten, aber dennoch männlichsten Demut die folgenden Worte: "Schiffskameraden, Gott hat euch nur eine Hand auferlegt; mich jedoch drücken seine beiden Hände. Ich habe euch bei dem trüben Lichte, das ich werfen kann, von den Lehren erzählt, die der Jonas allen Sündern gibt; und dies daher für euch, mehr aber noch für mich, der ich doch ein weitaus größerer Sünder bin als ihr. Und wie gerne würde ich aus diesem Mastkorb hinabsteigen, zu euch in eure Luken287, in denen ihr sitzt; und zuhören, wie ihr es tut, während mir einer von euch die andere und gewiss schrecklichere Lektion, die uns der Jonas als der Lotse des lebendigen Gottes lehrt, vorliest. Wie konnte es sein, dass er, der er ein gesalbter Führer und Prophet, - ein Sprecher wahrer Dinge - war; durch Gott, seinen Herrn gebeten, die unwillkommenen Wahrheiten im sündigen Ninive zu predigen, dann aber entsetzt vor der Feindseligkeit, die das auslösen würde war; daraufhin seine Mission leugnete, ein Schiff von Joppa aus nehmen konnte und versuchen, seiner Pflicht und seinem Gott zu entkommen. Doch Gott ist überall; und er erreichte Tarsis niemals. Wie wir gesehen haben, kam Gott als Wal über ihn, schluckte ihn hinunter in die lebendigen Abgründe des Verderbens und raste mit ein paar schnellen Schlenkern mit ihm 'in die Mitte der Meere' wo die wirbelnden Tiefen ihn Zehntausend Faden288 tief verschluckten, 'Unkraut war um sein Haupt geschlungen' und über ihm rollte diese ganze wässrige Welt voller Leiden. Selbst dort, außerhalb der Reichweite jeden Senkbleis - 'aus dem Bauch der Hölle' - als der Wal an des Ozeans äußersten Knochen auf Grund lief, selbst dann hörte Gott seinen verkrampften, reumütigen Propheten als er rief. Da sprach Gott zu dem Fisch; und aus der schaurigen Kälte und Schwärze der See stieg der Wal zur warmen und wohltuenden Sonne hervorbrechend empor, und hin zu all den Freuden der Luft und der Erde; und 'spie den Jonas auf das trockene Land’; wo dann das Wort des Herrn abermals auf ihn kam; und der Jonas, zerschrammt und verhauen - seine Ohren dröhnen noch immer von den zahlreichen Echos des Ozeans - da tat der Jonas wie der Herr ihn geheißen hatte. Und was war das, Schiffskameraden? Die Wahrheit in das Angesicht der Falschheit hinein zu predigen! Das war es!

Dies, Schiffskameraden, ist die andere Lektion; und wehe dem Lotsen des lebendigen Gottes, der es gering schätzt. Wehe dem, den diese Welt bezaubert, und der dadurch von den Pflichten des Evangeliums abgehalten wird! Wehe dem, der Öl auf die Wogen gießt, die der Herr zu einem Sturm aufgepeitscht hat! Weh' dem, der versucht, eher zu gefallen, denn zu erschrecken! Weh' dem, dem sein guter Name mehr wert ist, als die Güte! Weh' dem, der nicht in dieser Welt die Ehrlosigkeit umwirbt! Weh' dem, der nicht wahrhaftig bleibt, wo Unwahrheit die Rettung hieße. Ja, wehe ihm, der, wie der große Lotse Paulus es tat, der, während er zu anderen predigte, sich selbst doch ein Schiffbrüchiger war!"

Er ermattete etwas und fiel einen Augenblick lang in sich zusammen, hob dann aber sein Gesicht wieder zu ihnen, ließ eine tiefe Freude aus seinen Augen leuchten, um dann mit heiligem Enthusiasmus auszurufen, - "Doch oh, Schiffskameraden! Auf der Steuerbordseite jeden Leides ist wahre Freude; und die Freude ist umso größer, wie das vorherige Leid tief war. Ist nicht das Krähennest289 höher als das Kielschwein290 tief ist? Die Freude ist dessen - eine weit höhere und inwärtige Art von Freude - der gegen all die stolzen Götter und Befehlshaber dieser Welt alleine und nur für sein unaufhaltsames Selbst steht. Die Freude ist dessen, den seine starken Arme noch tragen, wo das Schiff dieser prinzipiell arglistigen Welt schon längst unter ihm versunken ist. Die Freude ist dessen, der in der Wahrheit kein Pardon gibt, und die Sünde mordet, brennt und zerstört; selbst wenn er sie unter den Roben von Senatoren und Richtern hervorzerren müsste. Freude, - allerhöchste Freude dem, der kein Gesetz oder Herrn anerkennt als Gott, seinen Herrn, und dennoch nur ein Patriot des Himmels ist. Die Freude ist dessen, dem die Wellen der wogenden See des ungestümen Pöbels niemals den sich'ren Kiel der Jahrhunderte erschüttern kann. Und ew'ge Freude und Köstlichkeit wird dem sein, der kommt, sich hinzulegen, um mit seinem letzten Atem zu sagen - Oh Vater! - mir hauptsächlich durch Deinen Stecken bekannt - sterblich oder unsterblich - hier sterbe ich. Stets habe ich danach gestrebt, Dein zu sein, mehr als in dieser Welt oder mein eigen zu sein: Denn das ist gar nichts; die Ewigkeit ist Dein, denn wer ist der Mensch, dass er die Lebensspanne seines Gottes zu durchleben denkt?"

Er sprach nichts mehr, doch nachdem er langsam eine segnende Bewegung vollführt hatte, bedeckte er sein Gesicht mit den Händen und verharrte so kniend, bis alle Leute gegangen waren, und er alleine an diesem Ort verblieb.

275 Die Rippen und das Grauen vor dem Wal …": diese Hymne basiert auf "Der Tod und die Schrecken des Grabes", eine Hymne von Isaac Watts, 1674 - 1748, ein britischer Liederdichter. Watts ist für die vielen von ihm selbstverfassten Hymnen (750) bekannt. (M)

276 Amittai: der Vater des Propheten Jonas. (M)

277 Egal, was für ein Gebot es jetzt war: Im Buch Jonas befiehlt Gott Jonas, in die sündige Stadt Ninive zu reisen und Buße zu predigen. (M) Ninive oder Ninua (auch Niniveh, arabisch نينوى DMG Nīnawā; akkadisch Ninu(w)a; aramäisch Nīnwē; hebräisch ניגרה 'Nīnəwē) war eine mesopotamische Stadt im heutigen Irak, am linken Ufer des Tigris, an der Mündung des kleinen Flusses Ḫosr (auch Khosr, Khoser, Koussour oder arabisch ﺮﻬﻧ ﺮﺻﻮﺨﻟﺍ, DMG Nahr al-Khosr) innerhalb der modernen Stadt Mossul. Die ältesten Siedlungsreste befinden sich auf den Ruinenhügeln (Tells) Kujundschik und Nebi Junus. Im 1. Jahrtausend v. Chr. dehnte sich die Besiedlung auch auf die Umgebung aus und erreichte eine Gesamtfläche von 750 Hektar. Die erforschten Siedlungsschichten lassen Ninive in den Zeitraum vom keramischen Neolithikum bis zur islamischen Periode datieren, wobei es die größte Bedeutung im 7. Jahrhundert v. Chr. als Hauptstadt des Assyrischen Reiches erlangte. (W)

278 Joppa: Jaffa, Israel, in der Nähe von Tel Aviv. (M) Tel Aviv-Jaffa (hebräisch תלאביב –יפו Tel Avīv-Jafō, Tel-Aviv bedeutet Frühlingshügel), oft auch nur Tel Aviv, ist eine Großstadt in Israel. Das 1909 gegründete Tel Aviv war ursprünglich ein Vorort der bereits seit der Antike bestehenden Hafenstadt Jaffa. 1950 wurden beide Städte zum heutigen Tel Aviv-Jaffa vereinigt. Die Metropolregion der Stadt, der Gusch Dan, zählt insgesamt ungefähr 254 Gemeinden und mehr als 3 Millionen Einwohner, rund ein Drittel der israelischen Gesamtbevölkerung. (W)

279 Tarsis: In der Bibel kann dies eher "Segelschiffe" oder "Schiffe, die in die Ferne fahren" als einen bestimmten Ort bedeuten. (M) Tarsis (Tarschisch) wird als Name und Ort an mehreren Stellen der Bibel erwähnt. Nach Genesis (1. Buch Mose) 10,4 EU ist Tarschisch Sohn Jawans, Bruder Elischas, der Kittäer und der Rodaniter und ein Ur-Enkel Noachs. Tarsis wurde mit Tarsus in Kilikien, aber auch mit Tartessos in Spanien identifiziert. Tartessos war nach antiker Überlieferung ein Königreich bzw. eine Hafenstadt an der Südküste der Iberischen Halbinsel an der Mündung des Guadalquivir westlich der Straße von Gibraltar. (W)

280 Cádiz: eine Stadt an der Südküste Spaniens. (M) Cádiz ist die Hauptstadt der Provinz Cádiz in der Autonomen Region Andalusien in Süd-Spanien mit 116.027 Einwohnern (1. Januar 2019). Die Stadt erhebt sich auf einer Landzunge, die in die Bucht von Cádiz vorspringt. Diese ist ein kleiner Teil des Golfs von Cádiz. (W)

281 Klingen: Schläge mit einer anderen Münze oder das Fallenlassen einer Münze auf einen Tisch, um das Geräusch zu hören - gefälschte Münzen erklingen oder tönen normalerweise nicht so wie Silber. (M)

282 Stählerne Klammern: die metallverkleideten Spitzen seines Geschirrs. (M)

283 Unbejubelt: Abfahrt ohne den üblichen Jubel der Besatzung und der Beobachter an Land. (M)

284 Bootsmann: der Offizier eines Schiffes, der für die Takelung verantwortlich ist und die Besatzung zum Dienst ruft. (M)

285 Grundsee: eine große oder breite Flutwelle auf dem Meer. (M)

286 die sich bekriegenden Elemente: Konflikt zwischen den Zuständen der Materie (Erde, Luft, Feuer, Wasser), von den Griechen und Römern als Ursache für Wetterereignisse angesehen. (M)

287 Luken: Öffnungen im Schiffsdeck, die zu darunter liegenden Kabinen oder Laderäumen führen. (M) Hier als die Kirchenbänke der Gläubigen gesehen. (D. Ü.)

288 Der nautische Faden (vom englischen: "Fathom“, zu Deutsch: "Faden“, auch "Klafter“ genannt) ist eine nicht SI-konforme Maßeinheit der Länge, welche insbesondere noch in der englischsprachigen Schifffahrt – in der Nautik – für Tiefenangaben in Gebrauch ist. 1 fm = 2 yd = 6 ft = 72 in = 182,88 cm = 1,8288 m. 1 statute mile = 880 fm. Gelegentlich wird auch eine neuere, nicht genormte Definition benutzt: 1 fm = 1/100 Kabellänge = 1/1000 Seemeile = 1,852 m. (W)

289 Krähennest: eine hoch am Mast befestigte runde Plattform zum Stehen, (M) Der Begriff Krähennest bezeichnet in der Seemannssprache die zu einem Mastkorb umgebaute Plattform (Mars) am Masttopp (Mastspitze) oder auf der Saling des Untermastes, am Fußpunkt der Marsstenge. Gebräuchlich für einen hoch gelegenen Beobachtungspunkt ist allgemein auch der Name Ausguck. Eine andere Bezeichnung für das Krähennest ist Eistonne. (W)

290 Kielschwein: eine Struktur, die sich über die Länge eines Schiffes knapp über dem Kiel erstreckt. (M) Das Kielschwein ist im Schiff- und Bootsbau ein baulicher Längsverband, der über den Bodenwrangen verläuft und dazu dient, dem Rumpf Längssteifigkeit und den Spanten und Bodenwrangen Anbindung zu geben. Bei alten Segelschiffen wurde der Segelmast mit seinem Mastfuß in den Mastschuh auf das Kielbrett gestellt. Wegen dem Quietschen und Grunzen dieser Holzverbindung sprach man vom "Kielschwein". (W)

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