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Die Jagdreise

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Am Rande des Stammesreviers der Umes war ein Trupp von fünf Jägern auf einem mehrtägigen Jagd- und Erkundungsausflug der Grenzen. Gegen Mittag des dritten Tages kamen sie aus einem Wald heraus an eine Schlucht, die noch einige Meter entfernt vierzig Meter steil bis zu einem Flussteil des Rio Branco abfiel. Plötzlich bemerkten sie Bewegungen vor sich, und hörten gleichzeitig menschliche Stimmen und wurden eins mit dem Wald. Sie luden jeder einen Pfeil auf ihre Bögen und warteten in sicherer Entfernung die weitere Entwicklung ab. Sie wollten keinem Fremden unnötig begegnen, wenn es sich vermeiden ließ. Über die Stimmen zählten sie drei Männer. Und diese drei Fremden, die nur wenige Meter vor ihnen waren, waren Indianer eines anderen Volkes. Gerade wollten sich die Jäger unauffällig zurückziehen, als sie einen Schrei hörten. Sie schauten vorsichtig aus ihren Verstecken und sahen, dass einer der Männer fehlte. Er musste abgestürzt sein, da die anderen beiden sich wie verrückt am Hang nach unten blickend gebärdeten. Sie blieben ruhig in ihrem Versteck sitzen und schauten zu, was dort weiter passierte. Sie hörten den verunglückten schreien, also hing er irgendwo und war nicht komplett abgestürzt. Seine beiden Kameraden hüpften wild herum, und wussten nicht was sie tun sollten. Die Jäger berieten sich ganz kurz und erhoben sich aus ihrem Versteck. Sie gingen mit gespannten Bögen, jederzeit schussbereit, auf die Fremden zu. Als die Fremden gewahr wurden, dass sie gerade von fünf bewaffneten Männern umzingelt worden waren, erschraken sie zutiefst und standen augenblicklich mucksmäuschenstill. Einer der Jäger nahm, als er erkannte, dass sie die Lage im Griff hatten, den Bogen herunter, und rannte an den beiden Fremden vorbei zum Rande des Abhanges. Er beugte sich soweit er konnte darüber und schaute nach unten. Er sah den abgestürzten Indio ungefähr sechs Meter tiefer an einen vorstehenden Stein hängen. Dieser stand mit einem Bein auf einer schmalen Felsnase, mehr Platz war da nicht, und das andere Bein hing in der Luft. Lange konnte er sich dort mit Sicherheit nicht mehr halten. Der Jäger rief etwas zu seinen Stammesbrüdern, und zwei weitere ließen die Bögen ins Gras gleiten und kamen an den Rand gelaufen. Sie hatten jeder zwei dünne Seile über der Schulter, und nahmen sie zur Hand. Der Anführer der Jäger band sich ein Seil um den Bauch und auf Kommando ließen ihn die anderen beiden vorsichtig nach unten gleiten. Er fluchte, als er sich einen Knöchel an einem Felsen stieß. Die letzten beiden Jäger bewachten derweil die beiden anderen Fremden. Der abgestürzte Indio, ein Junge noch, staunte nicht schlecht, als auf einmal ein fremder Mann an einem Seil hängend über ihm auftauchte. Er bekam es mit der Angst zu tun und schrie noch lauter. Der Fremde der sich zu ihm abseilte, kam neben ihm an und rief etwas nach oben. Die beiden Jäger hörten auf, ihn weiter runter zu lassen. Dann redete er ruhig auf den Unbekannten ein, bis dieser spürte das hier scheinbar unerwartete Hilfe nahte und nicht das Ende. Der Jäger berührte den jungen Mann, der am Stein hing, und zeigte ihm, was er vorhatte. Er wollte ihn mit einem Stück Seil an sich festbinden. Der Junge verstand nicht so recht was der andere meinte, und schrie lieber wieder. Der Fremde schlug ihm daraufhin mit der flachen Hand auf den Kopf und zischte ihn an. Da ergab sich der Junge in sein Schicksal. Er hielt ganz still, als der Fremde ihn an sich festband. Sie waren nun Gesicht an Gesicht, und der Fremde rief etwas nach oben. Die beiden Jäger oberhalb des Randes hatten schon ein großes Büschel grünen, saftigen Farnes ausgerissen und unter das Seil gelegt, damit es nicht durch die Reibung zerriss, und zogen nun langsam das doppelte Gewicht nach oben. Der Jäger lächelte den jungen Mann an während sie nach oben glitten und dieser lächelte verkrampft zurück. Noch bevor beide den Rand erreichten, kamen die Kameraden des Abgestürzten hinzu und halfen anschließend, beide sicher zu bergen. Sie lösten die Knoten des Jägers und trugen den stöhnenden Verletzten auf eine Moosbank, da sie sahen, dass er keinen Meter gehen konnte. Sein rechtes Bein war unterhalb des Knies, am Schienbein gebrochen. Man konnte deutlich eine dunkle Verfärbung und Beule unter der Haut sehen. Die Spitzen der Giftpfeile der Jäger verfolgten immer noch jede Bewegung der Fremden. Einer der Fremden bedeutete den Jägern, dass er in den Wald laufen wolle, um Medizin zu suchen. Die Jäger verstanden, was er meinte, und schüttelten aber den Kopf. Stattdessen nahm der Anführer der Umes aus seinem Gepäck ein paar Blätter und deutete an, dass er sie dem Jungen geben wollte. Er schob sie dem Jungen in den Mund. Dieser fing an, darauf herumzukauen, wurde ruhiger und ruhiger, und schlief nach vielleicht zwei Minuten tatsächlich tief ein. Einer der Umes zog aus einem Futteral ein Steinmesser, und ging zu einem Busch mit jungen, daumendicken Trieben, um ein paar davon zu abschlagen. Er schlug einige Male, bevor er einen Trieb vom Stamm gelöst hatte, als einer der Fremden aufstand, und an seine linke Seite griff. Sofort folgten ihm die Bögen der Bewacher, und er zeigte seine leere Handfläche. Dann zog er ganz langsam etwas aus einem Futteral was dunkelbraun aussah, lang und flach war. Er ging vorsichtig auf den Jäger zu, der die Triebe holen wollte, und reichte ihm das unbekannte, große Ding mit dem Griff voraus. Der Jäger griff zögernd zu, und hatte als erster seines Volkes ein richtiges Buschmesser aus Metall in der Hand. Er rief erstaunt etwas zu seinen Leuten und fuchtelte damit herum. Der Fremde machte nun ein paar hauende Bewegungen zum Busch und der Jäger verstand was er meinte. Er schlug mit der Klinge zu. Ein Schlag genügte, und ein Trieb fiel zu Boden. Der Jäger schrie vor Freude auf, und innerhalb von wenigen Sekunden hatte er kurz darauf genügend Triebe für die Behandlung des Beines abgeschlagen. Seine Stammesbrüder staunten nur, wie schnell es sich mit diesem Werkzeug arbeiten ließ. Er kürzte sie mit der scharfen Klinge noch vorsichtig auf die richtige Länge und gab dem Fremden dankbar, ganz ehrfurchtsvoll und langsam die Klinge wieder zurück. Der ließ sie wieder in sein Futteral gleiten und setzte sich hin. Dann begab der Jäger sich zu einem kleinen Rinnsal neben dem Moos und wusch sich die Hände. Danach begutachtete er sie beide lange und ausgiebig von allen Seiten. Nachdem er mit ihrem Zustand zufrieden war, ging er zu dem verletzten Jungen und griff nach einem Lederbeutel auf seinem Rücken. Er entnahm ihm einen kleineren Beutel, der mit einer Schnur verschlossen war. Er öffnete den Beutel und langte hinein. Seine Hand kam hervor und etwas schimmerte darin. Als er sie aufmachte, funkelten kleine bläulich-goldgelbe Kugeln von ungefähr einem Zentimeter Durchmesser darin. Die beiden Fremden hatten solche Kugeln noch nie gesehen. Der Jäger legte die freie Hand über die Kugeln und fing an sie zwischen den Händen zu reiben. Nach einer Weile wurden die Kugeln warm und weich und ließen sich kneten. Er formte einen hauchdünnen Pfannkuchenartigen Teig daraus, und legte ihn auf die geschlossene Wunde des Jungen. Dann drückte er den Teig an das Bein und wickelte ihn mit ein paar Farnblättern, die neben dem Moos wuchsen und sich abrupfen ließen, ein. Danach legte er die abgeschnittenen Triebe auf beiden Seiten neben das Bein und fing an sie mit einer Lederschnur, die er auch aus seinem großen Beutel gezaubert hatte, einzubinden. Bevor er fertig war, fühlte er nach dem Bruch, und richtete das Bein ein. Der Junge schlief zum Glück, ansonsten hätte er spätestens jetzt fürchterlich geschrien. Endlich war das Bein versorgt und verbunden. Einer der Bewacher fragte etwas in Richtung des Anführers, dieser grunzte kurz etwas anderes und die Bögen sanken ohne Pfeil auf der Sehne runter. Die Jäger gingen im Moment von keiner Gefahr durch die Fremden aus. Die Fremden wirkten auch ziemlich erleichtert über die Entspannung der Lage. Einer der Jäger deutete in den Wald, drehte sich um und lief los. Er kam eine Stunde später wieder mit zwei Affen und einem Papagei als Beute. In der Zwischenzeit hatte alle anderen Männer schon ein Lager hergerichtet, in dem die Männer unterkamen. Schnell wurden die Tiere zubereitet, und eine weitere Stunde später saßen alle gemeinsam um ein Feuer und ließen sich die geschmorten Köstlichkeiten aus dem Regenwald schmecken. Der Junge schlief immer noch. Einer der Kameraden des Verunglückten machte aus einigen Teilen des Papageien einen würzigen Brei in einer Kokosnussschale, der mit dem Fett der Affen und etwas Kokosmilch vermengt, schon fast so dünn wie eine Suppe wurde. Er legte die Schale beiseite, als Speise für den Jungen, falls er erwachte. Die Männer saßen um das Feuer und schauten sich an. Hier trafen zwei unterschiedliche Stämme friedlich aufeinander. Solch eine kuriose Szene hatte noch niemand von ihnen erlebt und keiner wusste so recht wie er sich verhalten sollte. Jeder gab Acht, das er nicht kriegerisch beim gegenüber ankam. Alle Bewegungen waren langsam und überlegt. Sie bemerkten schon, dass das Gegenüber keine Kopfjäger waren, aber die Vorsicht ließ deswegen trotzdem nicht nach. Die drei Fremden mussten von weit her kommen. Der Anführer zeigte auf sich und sagte: „Korobo.“ Dann zeigte er auf seine beiden Kumpane und sagte nochmal: „Korobo.“ Sie waren vom Volk der Korobos. Das verstanden die fünf Jäger. Der Anführer der Umes sagte: „Umes“, und zeigte auf alle anderen: „Umes, wir sind von den Umes.“ Jetzt kannten sie schon mal gegenseitig die Namen des Volkes von denen jeder stammte. Einer der drei Korobo hockte sich an einer sandigen Stelle auf den Boden reinigte ihn von allen Steinen und Gräsern auf ungefähr einem Quadratmeter. Dann fing er an mit einem Stock zu zeichnen. Er malte den Verlauf eines Flusses, dann an verschiedenen Stellen machte er das Zeichen eines Fisches mit Zähnen. Dann wiederum malte er Stellen mit Jaguaren, Schlangen, Papageien und Kaimanen. Er zeichnete eine Weile ganz ruhig und murmelte in seiner fremden Sprache vor sich hin. Plötzlich malte er ein kleines Dorf mit Hütten Frauen und Kindern, Boote am Fluss. Daneben etwas was aussah wie ein großer Haufen und davor ein Feuer. Dann zeigte er an den Himmel, und sprach dabei. Er zeigte den Verlauf der Sonne an und machte zwei Striche in den Sand. Es dauerte eine Weile bevor bei den Jägern die Erkenntnis eintrat, dass das Dorf der drei Männer zwei Tagesreisen entfernt war. Der Maler zeigte zum Rand des Flusses, wo das Unheil gerade noch abgewendet werden konnte und dann flussaufwärts. Ihr Dorf war also flussaufwärts in zwei Tagen zu erreichen. Einer der Jäger deutete auf den schlafenden Jungen und schüttelte den Kopf. Die Männer nickten alle. Sie würden allesamt eine Weile hierbleiben müssen. Einer der Jäger, die vorhin die Bewacher waren, fragte etwas in Richtung des Anführers der Korobos. Er zeigte dabei auf die Klinge, die im Futteral neben dem Fremden lag. Der Fremde verstand, und reichte dem Mann das Futteral. Dieser nahm es ganz vorsichtig, und zog am Griff das Messer heraus. Es hatte eine Länge wie ein Bein vom Knie zur Fußsohle. Als er es ganz herausgezogen hatte, schaute er es sich von allen Seiten an, prüfte kennerisch das unbedeutende Gewicht. Vor der scharfen Seite hatte er besondere Ehrfurcht. Er hatte ja gesehen, wie scharf sie tatsächlich war. Er fuchtelte ein paarmal vorsichtig damit herum, und ging dann zu einem jungen, armdicken Baum, der am Rande des Waldes stand. Dort führte er mit der Klinge einen starken Schlag gegen den Stamm aus, und die Klinge drang so tief ein, dass sie im Baum stecken blieb. Er zerrte an der Klinge, zerrte nochmal, und als die Klinge sich löste, schnitt sie ihm leicht über die linke Hand. Schreiend ließ er das Buschmesser fallen. Die anderen Jäger und auch die Fremden lachten. Fluchend hob er das Messer vorsichtig auf, und probierte es noch einmal. Der andere der Korobos ging zu ihm, zog sein eigenes Buschmesser und zeigte dem Jäger der Umes wie er und wo zu schlagen hatte. Schräg von oben nach unten tiefer am Baum. Der Jäger schlug zu, die Klinge glitt heraus. Er schlug nochmal zu, und ein großer Span löste sich. Die Umes staunten. Nach weiteren zehn Schlägen fiel der Baum um. Die Jäger waren sichtlich beeindruckt. Nun nahm jeder Jäger der Reihe nach das Messer in die Hand, um es zu begutachten. Dabei schnatterten sie wild durcheinander. Sie bogen die Klinge, ließen sie wieder zurück federn, und kamen aus dem Staunen kaum noch heraus. Alles was sie selbst an scharfen Gegenständen besaßen, waren Knochenmesser, die sie an Steinen schärften. Die waren zwar ziemlich scharf, aber eben nichts im Vergleich zu diesen Klingen. Einen Baum konnte man damit nicht fällen, auch nicht mit Knochenäxten. Dazu nahmen die Jäger in der Regel Steinäxte. Aber mit solch leichten, stabilen Klingen könnte man sich viele Dinge des täglichen Lebens auf einen Schlag unvorstellbar erleichtern. Derweil begutachteten die Korobos die Bögen und Pfeile der Jäger. Ein Jäger deutete ihnen sich einen Bogen zu nehmen und damit zu schießen. Er gab ihm ein paar ungiftige Pfeile, die noch nicht zur Jagd vorbereitet waren, und ging zu einem Busch mit großen Farnblättern. Er riss ein sehr großes Blatt ab, befestigte es an einem Baum in Gesichtshöhe. Dann kam er zurück und deutete dem Fremden auf das Blatt zu schießen. Dieser hob den kurzen Bogen, legte einen der extrem kurzen Pfeile auf die Sehne und spannte den Bogen. Er zielte über den Pfeil und schoss. Der Pfeil blieb knapp über dem Blatt im Baum stecken. Der Fremde staunte. Solch einen kurzen aber starken Bogen hatten er und seine Leute noch nie gesehen. Mit einer unglaublichen Schnellkraft hatte der Bogen den Pfeil kräftiger und damit schneller fliegen lassen. Sein eigener Bogen war länger und schwerer, und längst nicht so elastisch wie dieser Kurzbogen. Er legte den nächsten Pfeil auf die Sehne und schoss, diesmal zielte er tiefer und der Pfeil saß. Die Flugbahn des Pfeiles war auf diese Distanz fast als komplett horizontal zu beschreiben. Unglaublich. Der Umes deutete auf einen großen Vogel, der auf einem weit ausliegenden Ast zu landen begann. Sogleich hatte der Korobo einen neuen Pfeil auf der Sehne, zielte nach oben und schoss den Pfeil dem Vogel durch das Gefieder. Vogel und Pfeil flogen weiter. Wieder staunten die Korobos, wie präzise diese Bögen die Pfeile verschossen. In der Zwischenzeit war der verletzte Junge erwacht und hatte leise nach seinen Leuten gerufen. Einer der Korobos hockte sich neben ihn und fütterte ihn gleich darauf mit der Suppe. Der Junge trank in kurzen Schlucken, bis er genug hatte. Erschöpft legte er sich wieder hin und sprach mit seinem Stammesbruder. Er konnte es kaum glauben, dass sie mit fünf Fremden friedlich in einem Lager vereint waren. Als er wenig später besser bei Kräften war und sich etwas aufgerichtet hatte, schaute er den Jägern der Umes schüchtern beim Hantieren mit der Machete zu. Auf einmal schrie der Junge kurz auf. Der Anführer der Korobos schaute schnell zu den Jägern, zog seine Machete, sprang in deren Richtung und schlug zum Hals eines der ehemaligen Bewacher. Die Klinge fuhr knapp neben dem Mann in einen Baum. Die Umes sprangen alle erschrocken schreiend zurück und griffen nach den Waffen. Der Korobo ließ sein Buschmesser fallen um zu zeigen, dass er unbewaffnet war, und zeigte auf die Stelle wo er hingeschlagen hatte. Neben dem Messer lag der abgeschlagene Kopf einer großen grünen Schlange. Den Rachen weit aufgerissen und die Zähne zum Biss freigelegt. Der Rest der Giftschlange hing noch an dem Ast mit satten, grünen Blättern, von dem aus sie den Umes gerade hatte beißen wollen. Es dauerte eine Weile bis die Jäger der Umes sich beruhigt hatten. Erst als sie ganz sicher waren, dass das keine Attacke des Korobo gegen sie war, ließen sie ihre Bögen sinken. Erschaudernd sahen sie sich den Kopf der Schlange genauer an. Die Grüngelbe Palmlanzenotter war für jeden Menschen ein tödlicher Gegner. Ein einziger Biss genügte, um in wenigen Minuten elend zu sterben. Jedes Gegengift, wenn man es nicht sofort dabei hatte, war dann wirkungslos. Viele Menschen, die nicht sonderlich beim Begehen des Regenwaldes achtgaben, starben an ihrem Gift. Der Jäger, der neben der Schlange gestanden hatte wusste, dass er sein Leben nun dem vorhin geretteten Jungen verdankte. Die Jäger legten sich bei Einbruch der Dunkelheit zur Ruhe und einer der Jäger der Umes übernahm ungefragt die erste Wache. Die Nacht war ruhig, wenn man im Dschungel von Ruhe sprechen kann. Brüllaffen sorgten für ohrenbetäubenden Lärm. Andere Affen sausten durch die Baumkronen, Papageien zeterten in den Ästen und manchmal hörte man den Todesschrei irgendeiner bedauernswerten Kreatur. Aber das waren die natürlichen Geräusche des nächtlichen Regenwaldes und die Männer waren alle daran gewöhnt. Am nächsten Morgen gingen zwei der Umes über leichtere Abstiege runter an das Wasser des Flusses. Dort nahm einer von ihnen einen flachen, handgroßen Stein und legte einige der schimmernden Kugeln darauf. Dann pflückte er ein paar große grüne Blätter, die am Wasser wuchsen und wickelte die Kugeln und den Stein ein. Zum Schluss knotete er noch eine dünne Schnur aus Leder darum. Als alles schön verpackt war, nahm er eine spitze Palmwedel Nadel aus seinem Beutel und stach einige Male in das grüne Paket. Dann warf er es ungefähr fünf Meter weit an der Leine ins Wasser und ließ es sinken. Als das Paket den Grund erreicht hatte, zog er es an der Leine zwei Meter zurück. Es dauerte vielleicht fünf Minuten, als plötzlich ein paar große Fische an die Wasseroberfläche kamen und verzweifelt mit den Mäulern schnappten. Natürlich wollten sie keine frische Luft, sondern ihr Sauerstoffgemisch im Wasser haben. Aber in ihrem Todeskampf sah es so aus, als schnappten sie gierig nach Luft. Die beiden Jäger stachen nun mit ihren Speeren nach den Fischen und hatten in kurzer Zeit genug für ein Mahl mit den anderen Indios beisammen. Das versinkende Paket hatte die neugierigen Fische angelockt, einer der austretenden Wirkstoffe, welche in den Kugeln enthalten war, paralysierte die eifrigsten unter ihnen und der nun unkontrollierte Auftrieb ihrer Schwimmblase hatte sie nach oben, direkt vor die Speere der wartenden Indios transportiert. Für die war das eine runde Sache. Das Paket wurde hinterher aus dem Wasser gezogen und ohne die Schnur weit weg in die Büsche geworfen. Die mysteriösen Kugeln der Umes spielten also auch in solchen Situationen eine Rolle. Am Morgen des vierten Tages stand der Junge auf einmal nach dem Essen von ganz alleine auf. Die Korobos stießen überaus erstaunte Rufe aus. Ungläubig sahen sie ihn an. Auf seinen Wunsch hin nahmen sie dem Jungen die Schiene vom Bein vorsichtig ab, und sahen, der Bruch war komplett verheilt. In absolut unglaublichen, nicht ganz vier Tagen. Die Korobos fingen an zu ahnen, welche Zauberkraft in diesen glitzernden, bläulich-gelben Kugeln steckte. Sie beratschlagten untereinander, ob man nicht ein Tauschgeschäft machen könne. Macheten, wie die Korobos ihre Buschmesser nannten, und andere Klingen aus Metall wie Äxte, gegen diese Wunderkugeln und Bögen, samt Pfeile. Doch die Jäger der Umes verneinten. Die Wunderkugeln gaben sie nicht her. Da die Korobos aber dennoch gewaltiges Interesse an den sagenhaften Bögen und Pfeilen hatten, verabredete man sich zu kleineren Tauschgeschäften. Bögen gegen Klingen, das war das erste Handelsabkommen der Indios zweier verschiedener Stämme des brasilianischen Regenwaldes. Man verabredete sich für in wenigen Wochen hier an diesem Ort. Und so vollzog sich später das erste Tauschgeschäft dieser beiden indigenen Stämme. Zum Abschied verschenkte die eine Gruppe eine Machete und die andere einen Bogen mit Pfeilen. So hatten Männer verschiedener Völker sich gegenseitig je einmal, ein wertvolles Leben gerettet, ein neues Volk, neue Waffen und eine unbekannte Medizin kennengelernt, und es war kein einziger Mensch dabei zu Schaden gekommen. Eine sehr seltene Begebenheit im Dschungel, wo Fressen und gefressen werden, Töten und getötet werden, als ständige Begleiter an der Tagesordnung, und somit vollkommen normal waren.

Der Mann, der den Teufel zweimal traf

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