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Mutter und Tochter

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Das junge Mädchen saß entspannt auf dem Sofa in einer Ecke, locker in eine flauschige Decke gekuschelt, und hörte ihrer Mutter gebannt zu. So saßen sie fast zwei Stunden beisammen. Jasmin hieß das Mädchen und sie sprach in dieser Zeit kaum ein Wort, so fasziniert war es von der haarsträubenden Geschichte, die ihre Mutter erzählte. Stattdessen sagte sie im Anschluss, nach einer kleinen Weile der Stille: „Es ist nicht zu fassen, Mama, wie gut du Geschichten erzählen kannst. Das war mit Abstand das tollste was du mir bisher geboten hast, echt. Nicht mal Papa, der selber ein Super Geschichtenerzähler ist, kommt auf solche Sachen wie du.“ „Voll krass man, echt voll krass. Als wärst du richtig dabei gewesen und hättest das alles selbst erlebt, so lebendig kam es mir vor. Das war ja noch viel besser als ein Speed Action Film mit Paul Walker, nur halt ohne Autorennen, schon klar. Haben die Russen damals echt wirklich so gewütet? Brrrr, das möchte man sich besser gar nicht vorstellen, furchtbar. Wie kommst du denn auf solche Ideen für Geschichten, die fliegen einem doch nicht einfach so zu, oder? Du hast eine Wahnsinns Fantasie, das muss man dir schon lassen. Vielleicht solltest du lieber Bücher schreiben statt Marathon zu laufen. Denkst du dir so was beim Laufen aus? Das wäre noch was, Mama als Schreiberin von Romanen, Schnulzen vielleicht sogar. Da könnte ich mich von meinen Freundinnen gleich erschlagen lassen.“ Ihr I-Phone hupte wie eine Schiffssirene, gerade als sie es in die Hand nehmen wollte. „Timing nenn ich das, Goofy, timing“. Goofy war ihre beste Freundin und hieß eigentlich Katharina. Aber für alle war sie nur Goofy, weil sie immer ein wenig hinterher hinkte, etwas linkisch war und eben ein geborener Pechvogel war. Aber sie war das liebste was Jassi mit ihren dreizehn Jahren hatte. Ein echter Kumpel, egal um was es ging, einfach die allerbeste Freundin auf dieser Welt. Ihre Mutter saß ihr in der anderen Sofaecke gegenüber, lächelte heute allerdings nicht ganz so strahlend wie sonst, aber sie lächelte. Sie liebte ihre Tochter über alles, so, wie es nur Eltern können und tun. Dass das Leben ihr einmal solch einen Schatz wie Jassi schenken würde, hätte sie nie gedacht. Es gab eine dunkle Zeit in ihrem Leben, da hatte sie mit nichts anderem gerechnet, als mit dem schlimmsten. Und das schlimmste besuchte sie. Dankbarkeit, das war es, was sie außerdem noch fühlte. Dankbarkeit für dieses Leben und seine Geschenke. Sie wusste nicht genau, wem sie diese Dankbarkeit wirklich schulden würde. Vielleicht niemandem, vielleicht Gott, wer wusste das schon? Deswegen sagte sie manchmal einfach in sich hinein: Danke für alles, danke, dass ich so wie ich bin, da sein darf, danke. Sie war für ihre Tochter mehr als nur eine Mutter. Jassi nahm ihre Mutter ähnlich an wie Goofy, irgendwie als beste Freundin. Mütter waren ja eigentlich immer alt und langweilig, und vor allem nervig. Ständig hatten sie etwas an einem auszusetzen, dies passte ihnen nicht, das hier ging gar nicht und sowieso. Kinder in ihrem Alter mussten ja etwas schreckliches sein, aber dann fragte man sich, wozu einen die Eltern, die jetzt auf einem herumhackten, sie eigentlich in die Welt gesetzt hatten. Schließlich hatte man ja nicht darum gebeten, oder? Ihre Mutter war anders. Sie nahm ihre Tochter oft, sehr oft in den Arm und streichelte sie, und sagte ihr, wie viel ihr an ihr liegen würde. Und Jassi genoss es. Sie fühlte sich bei ihrer Mutter wohl und gut aufgehoben. Ihre Mutter half ihr, einen eigenen Geschmack, und überhaupt sich selbst zu entwickeln. Wenn Jassi Fragen hatte, war sie immer für sie da. Egal was das Kind wissen wollte. Es gab keine Fragen, die sie offen ließ. Sie fand immer, wie Jassi empfand, die richtigen Worte für sie. Oft hatte das Mädchen ziemlich heikle Fragen, nun ja, dann bekam sie auch heikle Antworten. Einmal fragte sie tatsächlich, ob alte Menschen auch noch Sex hätten. Ihre Mutter lachte und beantwortete ihr auch diese Frage. Jasmin war froh solch eine Mutter zu haben, und ihre Mutter war genauso glücklich, eben solch eine Tochter zu haben. Es sind nun mal die natürlichen, eigentlich kleinen Geschenke des Lebens, die es erst lebenswert machen. Aber das weiß man eben nicht immer. Manch einer übersieht dieses Glück, auch wenn es direkt vor seinen Augen ist.

Der Mann, der den Teufel zweimal traf

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