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Jan und Jorge

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Jan saß in der Kantine des Krankenhauses vor seinem Teller und stocherte in seinem Essen herum. Die junge Frau ging ihm nicht aus dem Sinn. Dass sein Vater und alle an der OP beteiligten Kollegen, alles ihnen mögliche für sie getan hatten, war ihm klar. Aber er suchte im Geiste nach einer winzigen Chance, einer minimalen nur, die er vielleicht weiter verfolgen konnte. Aber er war zu sehr Arzt, zu bodenständig, um daran zu glauben. Er kannte die Chance und die Realität die meist auf solche Diagnosen folgte. Man konnte und wollte es nicht wahrhaben, was da passiert war und was in Zukunft sein würde. Er war der jungen Frau nie zuvor begegnet, aber er meinte, sie sein Leben lang zu kennen. Es war ein komisches Gefühl, welches da bei ihm ans Tageslicht kam. Es wurde ihm allerdings nicht so schnell bewusst, was es wirklich war, dieses Gefühl. Bisher war er nur für seine Arbeit da, jetzt war irgendetwas anders, ganz anders. Etwas hatte ihn erwischt. Es dauerte eine ganze Weile bevor er sich eingestehen musste, das er wesentlich mehr für die junge Frau empfand, als gut war. Stöhnend kam ein Mann um ihn herum an seinen Tisch. Es war sein alter Freund Jorge Reimbaldos. Die beiden waren gleich alt und kannten sich schon als Jungs. Jorges Eltern waren aus Brasilien nach Deutschland gezogen, als Jorges Vater einen Lehrstuhl für Botanik in Braunschweig bekam. Vorher war er Professor an der Uni in Sao Paulo und nun lebten sie schon seit fast dreißig Jahren in Salzgitter. Ihre Eltern lernten sich über Jans Vater kennen, und fanden Gefallen aneinander. Oft saßen sie zusammen und spielten irgendetwas oder fachsimpelten einfach über die Pharmaindustrie und die Homöopathie. Jan und Jorge hatten zusammen in denselben Vereinen Fußball gespielt und gelernt mit Pfeil und Bogen zu schießen. Sie übten beide ein paar Jahre Judo und Karate und waren bald richtig unzertrennlich. Sie wuchsen zusammen auf, wie zwei Brüder. Ihr Interesse an Mädchen begann gleichzeitig und sie kamen sich zum Glück nie in die Quere, da jeder andere Vorstellungen hatte. Zu Studienzeiten trennten sich ihre Wege, um dann nach acht langen Jahren wieder zusammenzuführen. Jorge fing als Gynäkologe in der Klinik von Professor Jäger an, und Jan war überglücklich, seinen Freund wieder an seiner Seite zu wissen. Die Klinik bot vielen Medizinern ungeahnte Möglichkeiten der Forschung. Das Leben eines Mediziners stellte ihn immer wieder vor Herausforderungen, die ihm seine Grenzen aber auch seine Möglichkeiten aufzeigten. Und welcher Mediziner wollte sich die Möglichkeiten des Forschens, des Entwickelns schon entgehen lassen? Hier an der Klinik war vieles möglich, wurde vieles probiert, umgesetzt und geheilt. Die Klinik Professor Jägers war weltweit anerkannt. Sie führte eine lange Liste von medizinischen Kapazitäten auf ihrer Gehaltsliste. Jorge fragte Jan. „Hey, Alter was geht? Du schaust so bedröpelt. Hat dich dein Vater rausgeschmissen? Wurde auch Zeit.“ Aber Jan war heute wohl nicht zum Scherzen aufgelegt. Jorge schaute ihn an und fragte geradeheraus. „Sag, was ist los mit dir, ist was passiert?“ Fragte er nun ernst. Jan sah ihn an und nickte stumm. „Mensch, schieß los, was ist? Ich bin es, Jorge, dein Freund. Nicht Fluffi oder Wuffi, oder wen du sonst noch alles kennst.“ Jan sah ihn wieder an und sagte. „Okay, wenn du schon mal da bist und fragst, mir geht’s echt bescheiden. Es ist etwas passiert, was ich nicht für möglich gehalten hätte.“ Jorge hakte nach. „Was, ein Behandlungsfehler, dir? Das glaub ich nicht. Nicht du.“ „Nein“, sagte Jan nachdenklich. „Es ist schon eine Art Behandlungsfehler, aber keiner im medizinischen Sinne. Ich glaube, ich habe mich nur unsterblich verliebt, mehr nicht.“ Jorge lachte: „Aber das ist doch toll, klasse. Ich fasse es nicht, endlich. Wer ist denn die Glückliche? Kenne ich sie?“ „Ich glaube nicht, das du sie schon mal gesehen hast. Sie heißt Ina Stephan und ist seit gestern hier im Haus als Patientin. Sie ist Querschnittsgelähmt.“ Ließ Jan endlich die Bombe platzen. Jorge war erst mal sprachlos, und das wollte bei ihm etwas heißen. Er stammelte herum: „Ja, aber, mein Gott, was, wie kamst du denn dazu? Erzähl mal.“ Und Jan erzählte ihm von seiner Visite vom Vormittag, und von der Wucht, mit der es ihn an Inas Bett erwischt hatte, genauso wie von seiner Verzweiflung. Danach war Jan fix und fertig. Jorge begann zu begreifen in welcher Seelennot sein bester Freund steckte. Er überlegte rasend schnell, ob und wie er eventuell helfen könnte. Ihm fiel nur ein einziger Mensch auf dieser Welt ein, der ihm vielleicht den entscheidenden, den rettenden Tipp geben könnte. Der Mensch, der ihm schon so oft in seinem Leben geholfen hatte. Sein Vater.

Der Mann, der den Teufel zweimal traf

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