Читать книгу Abhandlungen über die Psalmen, Band 2 - Hilarius von Poitiers - Страница 96
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Оглавление„Und ich wandelte in der Weite; weil ich deine Gebote durchforscht habe.“ Der Prophet ist nicht engherzig; und schon oben hatte er gesagt: „Ich bin auf dem Wege deiner Gebote gelaufen, da du mein Herz erweitert hast.“ Er weiß, daß er bei den menschlichen Drangsalen und Leiden gegen Gott immer ein offenes Herz haben müsse. Und dieses deutet auch der Apostel an, indem er sagt:745 „Von allen Seiten werden wir bedrängt; aber wir sind nicht in der Enge.“ Es weiß derselbe Apostel sich selbst dieser Weite des Herzens zu rühmen, wenn er zu den Korinthern sagt:746 „Ihr seyd nicht in uns in der Enge, sondern ihr seyd in euch in der Enge.“ Auch da steht das Herz des Propheten offen, wenn Gott sagt:747 „Und ich werde wohnen in ihnen, und wandeln in denselben.“ Eng also sind die Herzen der Sünder, und ein beflecktes Herz nimmt Gott nicht in die Wohnung auf. Denn die Gottheit, welche von keinem Raume umfaßt werden kann, hat eine geräumige Wohnung nöthig; und deßwegen wandelt der Prophet in der Weite, weil in ihm die Wohnung Gottes ist, welcher in ihm spricht. Er gibt aber die Ursache seiner Weite an, indem er sagt: „Weil ich deine Gebote durchforscht habe.“ Wir dürfen uns nur an die Gewohnheit unserer Natur erinnern, so oft wir dem Lesen obliegen, und die Gebote und Vorschriften Gottes durchforschen, zu welcher Weite der Erkenntniß dann unsere engen Herzen erweitert werden, und wie weit dann unser niedriger Verstand für göttliche Sehnsucht wird. Durch das Bewußtseyn unserer Sünden aber wird uns alle Weite der Seele verengt; und alles ist schwierig und enge, wenn wir nicht würdig sind, daß das göttliche Wort in uns wohne.