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Drei Tage später kehrte Maries Familie von ihrer Reise zurück.

Henry und Pierre trugen die Kleidertruhen ins Haus und versorgten danach die Pferde und den Wagen. Eleonore begab sich mit Martha und Agnes ans Feuer.

Trotz der Decken, in die sie sich gehüllt hatten, waren alle drei durchgefroren und zitterten vor Kälte.

Elsa schürte das Feuer höher und brachte ihnen einen Becher mit heißem Würzwein und geräuchertes Fleisch.

»Bin ich froh, dass ich nicht in einer Burg leben muss«, meinte Martha schließlich. »Es war fürchterlich, mit all diesen Menschen und Tieren zusammen in einem Raum schlafen zu müssen. Ich hatte mir das Leben auf einer Burg ganz anders vorgestellt, viel aufregender und schöner.«

Marie hörte neugierig zu. Sie brannte darauf zu erfahren, wie die Hochzeit verlaufen war und wie es Katharina ging, hütete sich aber davor, danach zu fragen. Denn dann würden Martha und Agnes, um sie zu ärgern, so leise miteinander reden, dass sie nichts mehr von dem Gespräch mitbekommen würde.

Also tat sie so, als ob sie das alles nicht weiter interessierte, und beugte sich über ihre Stickarbeit, bis das Essen aufgetragen wurde.

Auf diese Weise erfuhr sie, dass es auf einer Burg kalt und ungemütlich war und so einsam, dass man, abgesehen von den anderen Burgbewohnern, glauben konnte, man wäre allein auf der Welt. Die Ritter und Knappen waren ständig betrunken und benahmen sich rüpelhaft und roh.

Agnes und Martha kamen zu dem Schluss, dass Katharina großes Glück hatte, weil sie mit ihrem Mann nach der Hochzeit in der Stadt leben durfte. Allein als Martha von den fahrenden Sängern und Musikern erzählte, die nach der Hochzeit zum Essen aufgespielt hatten, bekamen beide glänzende Augen.

Immer wieder wanderten Maries Gedanken zu Robert. Als sie später in ihrer Kammer lagen und Martha mit Agnes tuschelte, bis beiden irgendwann die Augen zufielen, musste sie daran denken, wie Robert sie angesehen hatte. In seinen Augen hatte sie eine so tiefe Zuneigung für sie gesehen, dass ihr beinahe schwindelig geworden war vor lauter Glück.

Der nächste Morgen überraschte sie damit, dass Henry mit der Familie am Tisch saß und Jean seiner Tochter Martha mitteilte, dass er beschlossen hatte, sie nach dem Osterfest mit Henry zu verheiraten.

Martha war kleiner und rundlicher als Katharina, aber alles in allem hübsch anzusehen mit ihrem vollen Mund und den großen goldbraunen Augen.

Henry war nach dem Gespräch, das sein Herr am Morgen mit ihm geführt hatte, sehr erleichtert gewesen. Nach der Verlobung Katharinas hatte er insgeheim befürchtet, Marie heiraten zu müssen, wenn er in die Familie des Tuchhändlers aufgenommen werden wollte.

Dabei war ihm das Mädchen fast schon unheimlich. Allein wie sie einen mit ihren dunklen Augen ansah, war nur schwer zu ertragen. Er war fest davon überzeugt, dass sie von Dämonen besessen war, zumindest manchmal. Irgendwann würde es ein schlimmes Ende mit ihr nehmen, und er hatte weder die Absicht, dabei zu sein noch das gleiche Schicksal mit ihr zu teilen.

Zufrieden riss er sich ein Stück von dem duftenden Hefekranz ab. Um seine Zukunft brauchte er sich ab heute keine Sorgen mehr zu machen. Martha würde ihm gesunde Söhne gebären, und irgendwann würde er das Familiengeschäft übernehmen und es so führen, wie er es für richtig hielt.

Martha warf ihrer Mutter einen entsetzten Blick zu, den Eleonore voller Strenge erwiderte. Sie wusste, dass Martha Henry nicht sonderlich mochte, doch das spielte keine Rolle.

Wütend starrte Martha auf den Hefekranz. Der Appetit war ihr gründlich vergangen, aber sie wagte es nicht, in Anwesenheit ihres Vaters Widerspruch zu erheben. Solange sie denken konnte, hatte sie stets davon geträumt, einen stolzen Ritter zu heiraten, der sie auf seine Burg bringen würde, oder zumindest einen reichen Kaufmann mit einem schönen großen Haus, der ihr jeden Wunsch von den Augen ablas, und jetzt sollte sie einen Knecht heiraten, während Katharina einen echten Grafen geehelicht hatte? Es war einfach ungerecht, und sie dachte nicht daran, die Entscheidung ihres Vaters widerstandslos hinzunehmen.

Als sie aufsah, zwinkerte Henry ihr vergnügt aus seinen graublauen Augen zu, eine Geste, die sie ihrerseits nur mit einem eisigen Blick kommentierte. In wenigen Wochen würde er ein vollwertiges Mitglied der Familie sein, und er war davon überzeugt, dass Martha sich schon noch an ihn gewöhnen würde, wenn sie erst einmal verheiratet waren.

Sofort nachdem die beiden Männer die Küche wieder verlassen hatten, stürzte Martha auf ihre Mutter zu und fasste sie am Arm.

»Ich will Henry nicht heiraten, warum kann Agnes ihn denn nicht nehmen?«, flehte sie. »Ich bitte Euch, sprecht noch einmal mit Vater darüber.«

»Ich will ihn auch nicht heiraten«, meldete sich Agnes erschrocken zu Wort und suchte Marthas Blick, doch die wich ihr aus. Voller Angst wandte sie sich darauf an Eleonore.

»Wenn Vater einmal etwas gesagt hat, dann bleibt es auch dabei, nicht wahr, Mutter?« Eleonore nickte, und Agnes begab sich wieder zufrieden an ihre Näharbeit. Martha flehte und bettelte, doch es nützte ihr nichts.

Mit der Zeit wurde sie jedoch ruhiger und begann damit, Henry heimlich zu beobachten. Auch wenn er nicht gerade dem Ritter oder Kaufmann ihrer Träume entsprach, war er doch ein gut aussehender Mann und würde eines Tages das Unternehmen ihres Vaters übernehmen. Dann wäre sie die Hausherrin. Und als sie an diesen Punkt ihrer Überlegungen gekommen war, fiel es ihr auf einmal nicht mehr ganz so schwer, sich mit ihrem Schicksal abzufinden.

Eleonore war insgeheim erleichtert, denn sie wusste, wie störrisch Martha sein konnte. Außerdem gab es nun wirklich schlechtere Männer als Henry, und sie war davon überzeugt, dass ihr zukünftiger Schwiegersohn Martha gut behandeln würde.

Die Bluterbin

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