Читать книгу Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums - Horst-Joachim Rahn - Страница 50
2. 4. 14 Höflichkeit
ОглавлениеDie Höflichkeit ist zuvorkommendes, freundliches Verhalten im Umgang mit anderen Menschen und äußert sich in der Achtung, Wertschätzung und Respekt. „Die wahre Höflichkeit besteht darin, dass man einander mit Wohlwollen entgegenkommt“ (J.J. Rousseau). Sie ist vor allem durch gesellschaftliche Normen und Umgangsformen geprägt und äußert sich auch in der Zurückhaltung beim Ausspruch möglicherweise heikler Themen. Hier gilt das Motto: „Wahre den Anstand und verletzte niemand.“ (Sprichwort). Höflichkeit ist ein Verhalten, das zum normalen Umgang der Menschen miteinander gehört, z. B. das Anklopfen an der Tür und das Grüßen des anderen. „Höflichkeit hat auch den Zweck, die Vorzüge eines anderen Menschen indirekt in Erscheinung zu bringen“ (A. Schopenhauer). Das Gegenteil von Höflichkeit ist Unhöflichkeit, Grobheit, Rücksichtslosigkeit oder gar Barbarei.
► „Höflichkeit wirkt wohltuend, wenn sie aus echtem Gefühl heraus kommt“*: „Es gibt eine Höflichkeit des Herzens, sie ist der Liebe verwandt“ (J.W. von Goethe). Ähnlich: „Die Höflichkeit ist die Schwester der Liebe (F. von Assisi). Und: „Takt ist der Verstand des Herzens“ (C.F. Gutzkow). Es reimt sich: „Höflichkeit und Treue bringt nimmer Reue“ (Sprichwort). Höfliches Verhalten ist mit Wohlwollen verbunden: „Höflichkeit ist Wohlwollen in Kleinigkeiten“ (T.B. Macaulay). Oder intellektuell ausgedrückt: „Höflichkeiten sind das Kleingeld unter den Wohltaten“ (H.J. Quadbeck-Seeger). Auf das ganze Leben bezogen: „Das Leben ist kurz, aber man hat immer Zeit, höflich zu sein“ (R.W. Emerson). Oder auch: „Höflichkeit ist der Versuch, die anderen so zu sehen, wie sie nicht sind“ (V. de Kowa).
► „Höflichkeit kann zur Farce werden, wenn sie ins Devote abrutscht.“* Dieses Verhalten kann zu folgender Feststellung führen: „Höflichkeit ist gespielte Unterwürfigkeit“ (F.J. Schaarschuh). Ähnlich: „Höflichkeit ist die angenehmste Form der Heuchelei“ (A.G. Bierce). Aber auch: „Unhöflich sind der Niedrigkeit Genossen“ (J.W. von Goethe). Höflichkeit kann auch aus Berechnung geschehen: „Es gibt Menschen, die einem kleine Höflichkeiten aufdrängen, um nachher große Gegendienste verlangen zu können“ (A. Strindberg). In Frankreich lebt die Höflichkeit mit der Mentalität und mit der Sprache. Etwas direkter ausgedrückt: „Im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist“ (J.W. von Goethe). Folgende drei Aussprüche zeigen, wie vielseitig das Thema Höflichkeit ist: „Es ist keine Höflichkeit, einem Lahmen den Stock tragen zu wollen“ (A. Schnitzler). Mit Bezug zur Tierwelt: „Der Fuchs grüßt den Zaun um des Gartens willen“ (Sprichwort). Und der Meister der Aphorismen La Rochefoucauld sagt zum Schluss: „Die Menschen können nur deshalb in Gemeinschaft leben, weil sie Betrüger und Betrogene zugleich sind.“
► Wie manche Antithesen zeigen: „Zu viel Höflichkeit ist unhöflich“ (Nachman, Rabbi von Bratzlaw). „Wir sollten falsche Höflichkeit erkennen bzw. abtrennen und die wahre Höflichkeit als Herzenssache verstehen und praktizieren.“* „Die Höflichkeit ist nicht ein Resultat aus der Erziehung, sondern primär das eigene Ergebnis aus Anstand, Weitsicht und Toleranz“ (O. von Allmen). Einleuchtend ist: „Höflichkeit ist eigentlich weiter nichts als ein vorsichtiges Bestreben, gegen niemand Verachtung und Geringschätzung zu zeigen“ (J. Locke). Einer der größten Menschenkenner erkennt das Wesentliche:
„Höflichkeit ist wie ein Luftkissen: Es mag nichts drin sein, aber sie mildert die Stöße des Lebens“
(Arthur Schopenhauer)
„Soll etwas gelingen, so bedarf es bei allem Nachdenken noch eines sicheren Taktes, welcher nur durch frühe Übung und Angewöhnung gewonnen wird“ (J.G. Fichte). Und zum Schluss der geniale Rat von George Washington: „Sei höflich zu allen, aber freundschaftlich nur mit wenigen, und diese wenigen sollen sich bewähren, ehe du ihnen Vertrauen schenkst.“