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2.6.1 Bedürfnis

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Ein Bedürfnis ist das Empfinden eines Mangels, verbunden mit dem Wunsch, ihn zu beheben.198 Es stellt einen Beweggrund für menschliches Handeln dar: „Der Mensch braucht Wünsche“ (C.A. Helvetius). Die Bedürfnisse der Menschen sind praktisch unbegrenzt, die Mittel zu ihrer Befriedigung aber knapp. Die Bedürfnisse können vielfältiger Art199 sein, z. B. primäre Bedürfnisse (z. B. Hunger, Durst) und sekundäre Bedürfnisse, z. B. geistig-kulturelle Bedürfnisse. Es gibt soziale Bedürfnisse (z. B. Kontakt-, Geltungsbedürfnisse) und ökonomische Bedürfnisse, z. B. Kaufbedürfnisse. Es können auch individuelle und kollektive Bedürfnisse (z. B. Wunsch nach Verkehrssicherheit) unterschieden werden. Die Bedürfnispyramide von A. Maslow zeigt die hierarchische Ordnung der Bedürfnisse.200 Die Bedürfnisse sind Motive, die uns Menschen antreiben. Dabei gilt: „Die Evolution des Triebes ist das legitime Bedürfnis“ (F.P. Rinnhofer). Motive können im geisteswissenschaftlichen Universum positive und negative Wirkungen auslösen.

► Wir Menschen möchten glücklich leben: „Der Mensch hat ein gebieterisches und unaufhörliches Bedürfnis nach Glück“ (Sprichwort). Dabei haben Körper und Geist nicht die gleichen Motive: „Des Leibes Bedürfnis heißt nehmen, des Geistes Bedürfnis geben“ (A. Essigmann). Der Geist sucht eher den Genuss: „Essen ist ein Bedürfnis, genießen ist eine Kunst“ (La Rochefoucauld). Jeder Mensch genießt aber anders: „Jedem das Seine“ (M.P. Cato). Mancher liest dem Partner die Wünsche vom Mund ab: „Dein Wunsch ist mir Befehl“ (Vergil). Und: „Wir sollten nicht vergessen, dass sich jeder Mensch nach Liebe sehnt.“* „Der Mensch ist wohl mit einem Bedürfnis nach Liebe geboren, dem er nie entwächst“ (Sprichwort). Zum Schluss eine Weisheit: „Wer sich vom Feuer der Liebe verzehren lässt, hat kein Bedürfnis, das Feuer des Hasses zu schüren“ (K. Haberstich).

► Bedürfnisse können aber auch negative Wirkungen haben: „Jede Begierde ist ein Bedürfnis, das sich als Schmerz bemerkbar macht“ (Voltaire). Ein ähnliches Argument liefert A. Einstein: „Ein Leben, das vor allem auf die Erfüllung persönlicher Bedürfnisse ausgerichtet ist, führt früher oder später zur bitteren Enttäuschung.“ Und: „Je größer die Bedürfnisse, desto höher die Wahrscheinlichkeit von Unzufriedenheit.“ Es gibt im Leben nicht nur große sondern auch kleine Geister: „Kleingeister verspüren ein großes Bedürfnis, sich anderen überlegen zu fühlen“ (E. Ferstl). Wie entsteht unser Wille? „Alles Wollen entspringt aus Bedürfnis, also aus Mangel, also des Leides“ (A. Schopenhauer). Welche Folgen sind mit Machtbedürfnissen verbunden? „Das Bedürfnis des Machtgefühls treibt die große Politik vorwärts“ (F.W. Nietzsche). Und zum Schluss typisch: „Es gehört zum deutschen Bedürfnis, beim Biere von der Regierung schlecht zu reden“ (O. von Bismarck).

► Fazit: Wir Menschen haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse, die beispielsweise durch die Tradition, den Instinkt, die Bildung, die Gesellschaft bzw. die soziale Stellung geprägt sein können. Und es gilt auch: „Hinter jedem irritiertem Bedürfnis steckt ein gesunder, unerfüllter Wunsch“ (A. Selacher). Stärker ausgedrückt: „Was die Triebe dir diktieren, kann der Kopf nicht korrigieren“ (E. Koch). In den Wirtschaftswissenschaften rücken diejenigen Bedürfnisse in den Vordergrund, die am Markt als effektive Nachfrage wirksam werden. An der Spitze der individuellen Bedürfnisse des Menschen steht das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, welches für eine Person die erstrebte Entfaltung und Ausschöpfung ihrer Möglichkeiten mit sich bringt. Selbstverwirklichung stößt aber immer wieder dann an Grenzen, wenn sie in die Gefahr gerät, dass sie ausufert. Dazu ein weiser Spruch:

„Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen“

(Dieter Hildebrandt)

Und es gilt auch: „Je mehr wir brauchen, desto ärmer werden wir“ (M. Richter). Deshalb mein Rat: „Mit der Befriedigung unserer Bedürfnisse sollten wir es nicht übertreiben. Ein gewisses Maß an Bescheidenheit scheint gerade für unser heutiges Leben notwendig.“*

Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums

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