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2.6.2 Begehren

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Das Begehren kennzeichnet den gezielten Antrieb des Menschen zur Behebung eines Mangels mit einem damit verbundenen Bedürfnis, den Mangel zu beseitigen. Es wird auch als Begierde bezeichnet, wobei hier mehr körperliche Aspekte in den Vordergrund treten, z. B. Trieb, Lust, Wolllust. So wie es H.C. Neuert hinsichtlich der Begierde sehr treffend ausgedrückt hat: „Ich sehne mich nach deinen Küssen, begehre dich fast bis zum Schmerz, verzehre mich vor Lust und Verlangen, fiebere nach dir, mein Herz.“ Auf das Begehren gibt es noch eine andere kluge Antwort: „Der großen Liebe des Herzens ist das Begehren nicht mehr das wichtigste“ (M. Borée). Das Begehren kann sich nicht nur auf körperliche, sondern auch auf geldliche Aspekte richten.

► Wenn wir etwas begehren, dann ist das ganz normal: „Begierde ist des Menschen Wesen selbst“ (B. de Spinoza). Und anders gesagt: „Ein gewisses Maß an Begehren gibt dem Leben erst seinen Schwung“ (S. Johnson). Allerdings wissen wir auch: „Wir kennen uns bei weitem nicht in allen unsern Wünschen aus“ (La Rochefoucauld). Begehren ist mit einer gewissen Hoffnung verbunden: „Das Begehren, verbunden mit der Erwartung, das Gewünschte zu erlangen, nennt man Hoffnung“ (T. Hobbes). Die einen hoffen darauf, endlich den heiß begehrten Partner heiraten zu können und andere geben sich der Hoffnung hin, endlich reich zu werden. Dabei ist vor allem hinsichtlich des Reichtums zu beachten: „Die Begierde ist nach der Erfüllung der Wünsche ebenso ungestillt, wie sie es vorher war“ (M. Luther).

► Das Begehren der Menschen kann aber sehr schnell ausufern: „Die Sucht nach mehr richtet die Menschen zugrunde“ (Mohammed). „Je mehr die Menschen haben, desto mehr begehren sie“ (Justinus). Anders gesagt: „Der Menschen Wille ist ihr Himmelreich und wird oft ihre Hölle“ (aus Island). Mitunter ist der Wunsch das Begehren nicht Wert: „Man bedarf oft das Unnötigste am meisten“ (B. Auerbach). Hinsichtlich des Begehrens gilt:

▪ „Die Begehrlichkeit kennt keine Schranken, nur Steigerung“ (Seneca).

▪ „Begehren kennt keine Ruhe (aus England).

▪ „Das Laster lebt und wächst unter der Decke“ (Vergil).

▪ „Zuviel auf einmal wollen, das ist vom Bösen“ (Gotthelf).

▪ „Wer in einem silbernen Bett schläft, hat goldene Träume“ (aus Livland).

▪ „Je mehr er hat, je mehr er will. Nie schweigen seine Klagen still“ (J.M. Miller).

Körperliches Begehren reicht für das Gelingen einer guten Partnerschaft nicht aus. Vergessen wir nicht, dass in Deutschland etwa ein Drittel aller Ehen geschieden werden. In den Großstädten soll es schon mehr als die Hälfte sein. Hier kann durchaus von einer Krise des Begehrens201 gesprochen werden.

► Zusammenfassung: Das zehne Gebot in der Bibel lautet: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weibes und Besitzes“ (2. Mose 20,17). Aber menschlich ist: „Zu dem Verbotenen neigen wir stets und begehren Versagtes“ (Ovid). Dabei sollten wir andere Menschen aber nicht unglücklich machen: „Ehe man etwas begehrt, soll man das Glück dessen prüfen, der es besitzt“ (La Rochefoucauld). Eine wichtige Erkenntnis ist: „Des Glückes größter Feind ist die Begierde“ (E. Gött). Und: „Sündigen heißt, sich dem Leben hingeben“ (B. Steiner). Dieses Bestreben ist wohl unendlich: „Die Natur des Menschen ist so wesentlich auf das Bedürfen und Wünschen angelegt, dass jedes befriedigte wirtschaftliche Bedürfnis in unendlicher Folge neue weckt“ (H. von Treitschke). Und man ist nicht immer sich selbst gegenüber ehrlich: „Manch einer, der vor der Versuchung flieht, hofft doch heimlich, dass sie ihn einholt“ (G. Guareschi). Dazu Franz Grillparzer: „Ei, wer den Kelch der Weltlust nie versucht. Der weist vielleicht ihn von den trocknen Lippen. Doch wem’s einmal gelang daran zu nippen. Der ist zu ew’gem Trinken auch verflucht.“ Das Begehren wird dann immer stärker: „Wie wertvoll ein Ding ist, hängt davon ab, wie sehr wir es begehren“ (A. Maggauer-Kirsche). Ein Menschenkenner hat sich hinsichtlich des Reichtums so ausgedrückt:

„Der Reichtum gleicht dem Seewasser: Je mehr man davon trinkt, desto durstiger wird man“

(A. Schopenhauer)

„Wer alles begehrt wird unzufrieden.“* Plutarch sagt zu diesem Thema: „Wer wenig bedarf, der kommt nicht in die Lage, auf vieles verzichten zu müssen.“ Auf der anderen Seite: „Wer keine Wünsche mehr hat, der ist ein armer Kerl.“* Aus Frankreich stammt: „Wünschend bereichert sich keiner.“ Zum Schluss: „Um glücklich zu sein, ist es nicht nötig, mehr zu besitzen, sondern weniger zu begehren“ (P. Bosmans).

Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums

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