Читать книгу Ein Heiliger kann jeder werden - Hubert Gaisbauer - Страница 9

Heilige Priester

Оглавление

Zu den wichtigsten frühkindlichen Erinnerungen des späteren Papstes gehört auch, wie er als kaum Fünfjähriger seinen Pfarrer Don Rebuzzini eines Tages bei der Frühmesse über den eben verstorbenen Priester Don Luigi Palazzolo predigen hörte. Von dieser Predigt hat sich bei ihm ganz tief eingeprägt, wie der Pfarrer voll ehrfürchtiger Bewunderung von der Kanzel rief: »Der Priester Don Luigi Palazzolo ist jetzt bei Gott. Er war und ist ein Heiliger.« Von nun an waren die Worte »Priester« und »heilig« im Gedächtnis und im Herzen Angelos nicht mehr voneinander zu trennen. Vielleicht war dieser 15. Juni 1886 der Tag seiner Berufung zum Priestertum. Damals hätte es sich der kleine Bauernbub nicht träumen lassen, dass er selber siebenundsiebzig Jahre später – am 19. März 1963 – diesen Priester Don Palazzolo, den Gründer der »Gesellschaft der Schwestern der Armen« und Pionier kirchlicher sozialer Einrichtungen in der Diözese Bergamo, mit den Worten seligsprechen werde, sein Leben »war ein wahres Gedicht der Demut, der Verborgenheit eines Opfers, das heute in vollem Licht erstrahlt.«

Ein heiligmäßiger Priester war auch Don Francesco Rebuzzini selber, Angelinos Taufpriester. Er hatte in dem aufgeweckten Buben, der sich gerne in seiner Nähe aufhielt und ein eifriger Ministrant war, mit prophetischem Gespür einen zukünftigen guten Priester gesehen. Spaßhalber und doch voller Ernst reagierte er auf dessen bewunderndes Aufschauen zu ihm mit der vieldeutigen Warnung: »Angelino, ich sag’ dir, werd ja kein Priester! Schau auf unser steifes Kollar, wie es am Hals einschneidet und uns würgt!« So wollte er dem Buben klarmachen, dass das Leben eines Priesters aus vielen Entbehrungen und Zwängen besteht. Angelo sah aber nur, wie die Dorffrauen den Pfarrer ehrerbietig grüßten. Den eifrigen Ministranten nannten die Kameraden in der Volksschule bald spöttisch il chierichetto, »das Klerikerlein« oder »den kleinen Pfarrer«, vielleicht auch, weil er sich immer gerne etwas hervorgetan hatte. Als einmal ein Schulinspektor die Kinder fragte, was wohl schwerer sei, ein Doppelzentner Stroh oder ein Doppelzentner Eisen, schrie die Klasse »Eisen«, aber Angelino soll etwas überheblich geantwortet haben, Doppelzentner bleibe Doppelzentner, gleich ob Stroh oder Eisen. In den Pausen hatte ihm solche Besserwisserei manchen Fußtritt eingetragen, wie Klassenkameraden später bezeugten. Und der Klassenlehrer, ein antiklerikaler Freigeist, habe diesem Mobbing vielleicht sogar mit Befriedigung zugeschaut, jedenfalls ohne einzugreifen.

Ein Heiliger kann jeder werden

Подняться наверх