Читать книгу Antiheld - I. Tame - Страница 8

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Die Adresse war wirklich leicht zu finden. Luca steht vor dem Eingang eines wunderschönen Altbaus. Die hellblaue Fassade lässt das Gebäude aus den angrenzenden Häusern hervorstechen. Dazu die weiß abgesetzten Mauersteine mit verspielten Steinornamenten um die großen halbrunden Fenster … wirklich sehr schön.

„So, jetzt bei Green klingeln. Hier! Jackson Green!“, murmelt er gedankenverloren.

Entschlossen drückt Luca auf den Knopf. Außer dem Namen Green befinden sich noch zwei weitere Namensschilder an der Klingelanlage. Und schon surrt der Türöffner.

Luca drückt die schwere hölzerne Eingangstüre auf und steht in einem für Altbauten typischen großzügig bemessenen Treppenhaus. Mosaike verzieren den Boden und eine breite dunkle Holztreppe führt am Ende des Eingangsflures in die erste Etage.

Doch bevor der Suchende überlegen muss, ob er nun die Treppe erklimmen soll oder nicht, bemerkt er die geöffnete Eingangstüre der Erdgeschosswohnung.

Vorsichtig nähert sich Luca.

„Komm rein!“, ruft jemand aus dem Hintergrund. „Nur keine Scheu. Ich zieh‘ mich gerade an.“

Folgsam überschreitet Luca die Schwelle und schließt die Wohnungstüre hinter sich.

Neugierig schweift sein Blick umher. Er liebt die hohen Decken; das Flair, das so ein Altbau ausstrahlt. Der knarzende Dielenboden gehört natürlich auch dazu. Doch so schön die Wohnung auch ist, sie scheint recht minimalistisch eingerichtet zu sein. Das karge Interieur wird ihr irgendwie nicht gerecht. Zu kahl, zu lieblos. Im Flur hängt lediglich ein riesiger Spiegel mit schwarz lackiertem Holzrahmen. Luca kann es nicht beschwören, doch das Teil sieht antik aus. Ebenso der unglaublich riesige Leuchter an der Decke. Außer einigen verzierten Garderobenhaken aus Messing und einem Schlüsselboard nah am Eingang ist der Flur jedoch leer. Jetzt tut sich was in einem der abzweigenden Zimmer.

„So!! Sorry, dass du warten musstest. Ich bin auf dem Sprung und musste mich noch anziehen!“

Jetzt erscheint die zur Stimme gehörende Person. Lucas Augen weiten sich kurz, kaum merklich. Jemanden mit einem solch exotischen Äußeren sieht er selten.

Vor ihm steht ein Typ, den Luca auf Mitte Zwanzig schätzt. Er ist so groß wie er selbst, doch damit erschöpfen sich auch schon die Gemeinsamkeiten. Er ist sehr hellhäutig und hat breite Wangenknochen; viel herbere Gesichtszüge als Luca. Volle Lippen pressen sich momentan verbissen aufeinander. Und er hat … blaue Haare. Dunkelblaue Haare, um genau zu sein. Sie strubbeln um seinen Kopf herum als hätte er nach dem Aufstehen noch keine Zeit gehabt, sich zu kämmen. Wenn das gewollt ist, hat er seinen Out-Of-Bed-Look gut hinbekommen. Doch instinktiv ist sich Luca sicher: das ist dem Typen scheißegal. Er trägt eine enge Lederhose und ein Shirt. Jetzt hüpft er gerade auf einem Bein herum, weil er mit einem klobigen Motorradstiefel kämpft. Endlich – an einem unterdrückten Ächzen zu erkennen – scheint sein Fuß den Kampf gegen das enge Leder gewonnen zu haben. Tief atmend stampft er noch einmal mit dem Fuß auf und stemmt dann die Hände in die Hüften. Im diffusen Licht und dem Flair dieser Altbauwohnung wirkt seine Erscheinung sehr fremdartig.

„Hi! Ich bin Jackson. Und du bist Luca …?“

„Luca Denero! Hallo!“, ergänzt der Besucher.

„Schön!“, erwidert Jackson und wirkt dabei ein wenig abgelenkt. „Und du willst das Zimmer? Sieh‘s dir an. Ist direkt neben meinem.“

Er deutet auf die übernächste Türe. Zurückhaltend geht Luca in die angedeutete Richtung. Ein Blick in den Raum und er ist mehr als zufrieden. Groß, hell, luftig. Ein schönes Einssechziger Bett mit Metallrahmen, ein gemütlicher Sessel in einer Ecke, ein kleiner Tisch, eine Kommode und ein schmaler Schrank. Trotzdem bleibt genügend Platz, um sich zu bewegen.

„Toll“, kommentiert er strahlend. „Ich würde es sofort nehmen.“

„Wieso ‚würde‘?“, fragt sein Vermieter, während er Reißverschlüsse und Schnallen seines schweren Schuhwerks schließt.

„Ääh …“ Luca weiß nicht so recht was er antworten soll. Jetzt tritt Jackson zu ihm in das Zimmer.

„Du willst es doch, oder?“, fragt er nach.

„Mhmm!“, bestätigt Luca.

Jackson grinst breit. „Na, dann ist ja alles klar.“

Endlich sehen sie sich in die Augen und Luca kann es nicht verhindern. Er starrt Jackson an. Fast bleibt ihm der Mund offen stehen. Was ist das denn? Faszinierend.

Sein zukünftiger Mitbewohner scheint davon nichts mitzubekommen. Er schaut sich noch einmal im Zimmer um. „Prima … Luca! Dann ist alles klar, oder?“, wiederholt er sich. Ist er nervös? Seine Finger zupfen ständig an seinem Shirt herum.

Luca nickt.

„Okay! Dann auf gutes Zusammenwohnen oder wie sagt man? Wegen der Kohle sprechen wir später, ja? Ich muss jetzt weg.“

„Oh, ich wollte dich nicht von einem Termin abhalten!“ Luca hebt beschwichtigend die Hände. „Ich kann auch später wiederkommen …“

„Was denn?“, fragt Jackson während er in den Flur schlendert. „Ist doch alles klar. Und du hältst mich von keinem Termin ab. Aber wenn ich jetzt nicht bald eine Runde auf meinem Bock drehe, flipp‘ ich aus. Richte dich doch einfach schon mal ein. Wir können ja später noch in Ruhe reden. Ein Zweitschlüssel hängt vorne am Haken. Bis gleich.“

Er wirft sich eine dicke Lederjacke über und greift nach seinem Helm, der in einer Ecke vorne an der Haustüre liegt.

Luca kann es nicht fassen. „Du lässt einfach einen Fremden alleine in deiner Wohnung zurück?“

Jetzt zieren sexy Grübchen das kräftige und offene Gesicht des Vermieters. Sein Lachen ist ansteckend. Im Türrahmen dreht er sich nochmals um.

„Wenn du irgendwas findest, für das du mehr als zehn Euro in der Pfandleihe bekommst, sag‘ mir Bescheid. Ich hab‘ nämlich schon versucht, sämtlichen Scheiß von mir zu versetzen. Alles was ich besitze, wollte sonst niemand haben. Viel Glück!“

Er klimpert mit seinem Schlüssel, winkt kurz und verlässt die Wohnung. Bevor er jedoch die Türe vollends zuzieht streckt er noch einmal den Kopf durch den Spalt. „Aber Finger weg von Lucy!“ Ein weiteres Grinsen und er ist endgültig weg.

Von jetzt auf gleich steht Luca alleine in der fremden Wohnung. Er zweifelt immer noch an dem, was er gerade erlebt hat. Wie ist dieser Typ nur drauf? Und wer ist Lucy? Eine Katze? Und dann seine Augen. Während Luca an den kurzen Moment zurückdenkt, in dem Jackson ihn angesehen hatte, läuft ihm ein Schauer über den Rücken. Unterschiedliche Augenfarben. Dunkelblau und Hellblau. Ich dachte, mir starrt irgendein Fabelwesen entgegen. Das war … befremdlich. Ob der Kontaktlinsen trägt? Bestimmt! Viele machen das ja aus Modegründen. Das nächste Mal muss ich mich echt zusammenreißen. Der hält mich sonst noch für total zurückgeblieben.

Jetzt hört Luca ein startendes Motorrad. Es wird Gas gegeben. Nicht lange und das knatternde Geräusch entfernt sich, bis nichts mehr zu hören ist.

Was er nicht ahnt: Jackson hatte einen Moment gebraucht, um sich daran zu erinnern, wie er seine Maschine starten muss; so dermaßen hatte ihn Lucas Anblick aus dem Konzept gebracht. Verdammt, sieht der gut aus! Sein Herz raste wie verrückt, als er losfuhr.

Antiheld

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