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Abreise von Florenz.
Оглавление3. December 1842.
Abends um 7 Uhr verließ ich Florenz und fuhr im Eilwagen nach den, 18 deutsche Meilen entfernten Bologna. Als es Tag geworden war, befanden wir uns gerade auf einer Anhöhe, welche eine recht großartige Uebersicht gewährte. Viele Thäler, zwischen niedern Hügeln ausgebreitet, schlossen sich vor uns auf, die mit Schnee bedeckten Appenninen bildeten den Hintergrund, und weit in der Ferne erglänzte ein schimmernder Streifen, das adriatsche Meer.
4. December 1842.
Abends um 5 Uhr kamen wir nach Bologna.
Die Stadt ist ziemlich groß, hat 50,000 Einwohner, viele schöne Häuser und Gassen, ist aber, außer dem Hauptplatze und einigen Gassen sehr wenig belebt. Nur Bettelleute gibt es an allen Orten und Ecken — schon daraus erkennt man, daß man sich wieder in den Staaten des heil. Vaters befindet.
5. December 1842.
Heute hielten wir Rasttag. — Ich besuchte gleich die Kathedrale. Ihre Decken schmücken schöne Fresken, Vergoldungen und Arabesken. Auch einige Oelgemälde sind nicht zu übersehen.
In der Kirche des heil. Domenicus interessirte mich am meisten das Grabmahl des Königs Enzio.
In der Bildergallerie befindet sich eines der frühe sten Gemälde Raphaels, die heil. Cäcilia.
Den Hauptplatz ziert ein schöner Springbrunnen mit einem Neptun. Im Palazzo Publico befindet sich eine Treppe, über welche man hinaufreiten kann.
Das Merkwürdigste in Bologna sind die zwei viereckigen, schief gebauten Thürme an der Porta Romagna. Der eine neigt sich oben um fünf, der andere um sieben Fuß vor. Auf mich machte ihr Anblick einen beängstigenden Eindruck; besonders wenn man sich knapp an die Mauer stellt und hinauf sieht, glaubt man, sie seien gerade im Herabstürzen begriffen. Übrigens ist an den Thürmen nichts Schönes, sie bestehen aus ganz einfachen Mauerwerk und sind nicht sehr hoch.
Das Schönste aber in Bologna ist der Campo santo, der großartige Friedhof, mit großen, gedeckten, langen Hallen, und niedlichen kleinen Kapellen, in welchen eine Menge der kostbarsten und herrlichsten Monumente, Werke der größten Künstler neuerer Zeit, aufgestellt sind. Drei große freundliche Plätze neben diesen Gebäuden dienen zu Begräbnißstätten der minder Reichen. Auf dem einen ruhen die Männer, auf dem andern die Frauen, auf dem dritten die Kinder.
Eine drei Miglien lange Halle, auf 640 Pfeilern stehend, führt von diesem Friedhofe nach einem kleinen Berge, auf welchem die Kirche der h. Madonna di St. Luca steht, und von da bis beinahe in die Stadt. Die genannte Kirche enthält ein Wundergemälde, nämlich das mahrhafte Bild der heil. Maria, von dem heil. Lukas nach einer Vision gemalt. Die Gesichtsfarbe ist jedoch viel dunkler gehalten, als ich sie selbst an den gemeinsten Bauernweibern in Syrien bemerkte. Aber der Glaube macht selig — und somit will auch ich den Ursprung des Bildes nicht bezweifeln. Die Aussicht vom Berge ist wunderschön.
Ganz ermüdet kehrte ich Abends zurück und saß eine halbe Stunde später schon wieder im Postwagen, um nach dem sieben Meilen entfernten Ferara zu fahren.
Das Wetter war größtenteils ungünstig, es regnete viel, und die Straßen waren theilweise verdorben, besonders im päpstlichen Gebiete, daß wir in der Nacht vier oder fünfmal stecken blieben — auf einer Stelle sogar über eine Stunde, bis Pferde und Ochsen zusammen gebracht wurden, um uns weiter zu schleppen. Wir fuhren an diesen sieben deutschen Meilen zwölf Stunden, von 6 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens.
6. December 1842.
Heute erwachte ich also in Ferara. Hier wird der Eilwagen abermals gewechselt. Ich benutzte die Paar Stunden Zeit und besah ein Bischen die Stadt, welche im Ganzen mehr einer deutschen, als einer italienischen gleicht. Sie hat schöne breite Gassen, hübsche Häuser, und nur selten Bogengänge vor diesen. Mitten in der Stadt liegt ein festes Schloß, mit einigen Festungswerken umgeben, dermalen die Residenz des Bischofs.
Um 9 Uhr verließen wir dieß freundliche Städtchen. Nach einer Stunde ungefähr kamen wir an den Po. Wir wurden mittelst eines Schiffes übergesetzt, und ich betrat nun nach langer Zeit wieder Oesterreichs Boden. In einer schönen Ebene ging es fort bis nach Rovigo, das nicht viel Sehenswerthes bietet. Hier blieben wir über Mittag und passirten dann wieder zu Schiffe die Etsch, die bedeutend kleiner ist, als der Po. Die Gegend von Rovigo bis Padua blieb uns durch einen wahrhaft undurchdringlichen Nebel verdeckt, nicht fünfzig Schritte weit konnten wir sehen. Um 6 Uhr Abends erreichten wir Padua, unsere Nachtstation.
Am andern Morgen eilte ich gleich fort, denn Padua, Venedig, Triest u.s.w. hatte ich bereits im Jahre 1840 mit Muse gesehen.
Glücklich und wohlbehalten kam ich in meine Vaterstadt zurück, in der Mitte der Meinigen, die ich, Gott Lob, gesund und fröhlich wieder fand!
Vieles hatte ich gesehen, aber auch Vieles ausgestanden, und das Wenigste so gefunden, wie ich es mir dachte.
Verwandte und Freunde wünschten die Begebenheiten meiner einsamen Wanderung zu lesen. Jedem konnte ich mein Tagebuch nicht zusenden, so wagte ich es denn auf vieles Zureden meiner Freunde, und besonders des Herrn Verlegers, meine Erlebnisse ungeschmückt zu veröffentlichen.
Ich bin keine Schriftstellerin, ich habe nie etwas Anderes als Briefe geschrieben, mein Tagebuch kann daher nicht als literarisches Werk betrachtet werden. Es ist eine einfache Erzählung, in der ich Alles beschreibe, wie es mir vorkam; es ist eine Sammlung Notizen, die ich anspruchlos niederschrieb, um mich immer an das Gesehene zu erinnern, und von denen ich nie glaubte, daß sie den Weg in die große Welt finden würden; darum ersuche ich alle meine geneigten Leser und Leserinnen um gütige Nachsicht, denn ich wiederhole es noch einmal — ferne ist mir der Dünkel, mich in die Reihen jener geistreichen Frauen drängen zu wollen, denen schon in der Wiege der Weihekuß der Musen ward.