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Kopenhagen.

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Ich blieb hier sieben Tage und hätte daher Muße genug gehabt, Alles genau zu besichtigen, wäre nur das Wetter etwas freundlicher gewesen. So aber stürmte und regnete es der Art, daß ich auf die ferneren Umgebungen gänzlich Verzicht leisten, und nur einige der nahen Spaziergänge mir mühsam erkämpfen mußte.

Schon die erste Straße Kopenhagens, die man vom Hafen kommend, betritt, macht einen großartigen Eindruck. Es ist dieß die breite Gasse, die vom Hafen an durch einen großen Theil der Stadt führt. Sie ist sehr breit, was aber noch mehr sagen will, auch lang, regelmäßig, und durch die beiderseitigen Fronten der herrlichen Palläste und Häuser wirklich wunderbar schön.

Einen ganz eigenen Eindruck macht es, inmitten dieses stolzen Stadtviertels plötzlich eine Ruine zu erblicken, ein großartiges Gebäude, auf riesenhaften Säulen ruhend, halb geendet, mit Gras und Moos theilweise überwachsen. — Es sollte einst eine prachtvolle Kirche werden, ganz von Marmor, doch der weiche Boden ertrug diese Last nicht, und das halb geendete Gebäude fing an zu sinken, so, daß man der Fortsetzung des Baues auf immer entsagen mußte.

Noch gibt es viele andere Gassen, die der breiten an Pracht und Größe gleichen. Darunter besonders die Amalienstraße. — Die belebtesten, aber bei Weitem nicht die schönsten, sind die Oster- und Gotherstraße. Da zu gehen ist für den Fremden anfänglich eine wahre Kunst. Auf der einen Seite des Trottoirs, das ungefähr einen Fuß höher als die Fahrstraße ist, stößt man bei jedem Schritte auf Stufen, die theils zu Gewölben hinauf, theils an Vertiefungen in Gewölbe hinab führen. Die Stufen, welche in die Tiefe hinab führen, sind nicht, wie jene zu Hamburg, mit Geländern umgeben. — Die andere Seite des Trottoirs ist durch ein kleines bescheidenes Bächlein begrenzt, das die unpoetischen Leute „Kanal" nennen, und in welches aus allen Häusern eben so liebliche Quellen hinein sprudeln. Da heißt es denn gehörig Acht geben, um nicht rechts oder links, oder wohl auch gerade vor sich in eine der verrätherischen Tiefen zu stolpern, oder sich an den hervorragenden Stufen anzustoßen und zu beschädigen. An der Seite der Straße ist das Trottoir mit anderthalb Fuß breiten Steinplatten belegt, auf welchen es sich natürlich herrlich geht. Die sucht aber auch Jeder zu erringen, um dem höckerigen und spitzigen Pflaster darneben ein Schnippchen zu schlagen. — Dazu füge man noch das entsetzliche Gedränge, und man wird gerne glauben, daß sich Niemand diese Straße zum Spazierengehen wählt, um so weniger, da weder die Läden schöne Auslagen enthalten, noch die Häuser pallastähnlich oder geschmackvoll erbaut sind, noch die Straßen selbst zu den breitesten oder reinlichsten gezählt werden können.

Die Plätze sind alle groß und regelmäßig. Der schönste ist der Königsneumarkt (Kongensnytorf). Einige hübsche Palläste, die Hauptwache, das Theater, die vorzüglichsten Kaffee- und Gasthäuser, die Akademie der bildenden Künste und das Gebäude des botanischen Gartens — beide Letztere meist unter dem Namen „Charlottenburg" bekannt— zieren diesen herrlichen Platz, in dessen Mitte ein schönes Monument steht, Christian V. zu Pferde, von mehreren Figuren umgeben.

Nicht so groß, aber durch die vollkommene Regelmäßigkeit eigentlich noch schöner, ist der Amalienplatz, welchen vier königliche, ganz gleich gebaute Palläste umfassen, und vier breite Straßen in der Form eines Kreuzes durchschneiden. Auch diesen Platz ziert ein in der Mitte stehendes Monument, Friedrich V. darstellend. — Auf dem Neumarkt (Nytorf), einem ebenfalls schönen Platze, sah ich einen Springbrunnen, dessen kleines Figürchen höchst bescheidene Wasserstrahlen spendete, und der mir nur deßhalb auffiel, weil es der einzige war, den ich in Kopenhagen erblickte.

Was die Palläste betrifft, so kann man sich kaum des Erstaunens erwehren, deren so viele und so prächtige zu sehen. Man sollte wirklich glauben, in die Residenzstadt eines der größten Reiche versetzt worden zu sein. — Wahrhaft kaiserlich ist die Christianensburg, die im Jahre 1794 gänzlich abbrannte, aber schöner und herrlicher wieder aufgebaut wurde. — Ganz merkwürdig ist die darin enthaltene Schloßkapelle; — man meint in einen Conzert-Saal zu treten, aber nicht in ein zu religiösen Funktionen bestimmtes Gebäude. — Geschmackvoll dekorirte Logen, darunter besonders die königliche, nehmen nebst den Gallerieen den oberen Theil des Saales ein, während der untere mit Bänken angefüllt ist, die mit rothen Sammt- und Seidenstoffen überlegt sind. Kanzel und Altar aber stehen so schmucklos da, daß man sie anfänglich gar nicht bemerkt.

In diesem Pallaste befindet sich auch das nordische Museum, das sich besonders durch seine Reichhaltigkeit an Schmuck, Waffen, Blasinstrumenten und andern Geräthschaften nordischer Völker auszeichnet.

Die Winterreitschule, in der auch viele Conzerte abgehalten werden, ist regelmäßig und groß. — Sehr gut gefielen mir die Stallungen, aber noch besser mehrere darin stehende prächtige Schimmel — Abkömmlinge echter Araber und wilder norwegischer Pferde — deren Mähnen und Schweife fein, glänzend und seidenartig, von ungewöhnlicher Länge und Fülle waren. — Jeder Pferdekenner, ja selbst jeder Laie kann nur mit Entzücken diese Pferde betrachten.

An die Christianensburg stößt das Museum Thorwaldson's, ein viereckiges Gebäude, mit schönen Hallen, die das Licht von oben erhalten. Noch war es nicht vollendet; die Wände wurden so eben von den vorzüglichsten eingebornen Künstlern als Fresko gemalt. Die Kunstschätze waren zwar schon da, aber leider noch in Kisten verpackt.

In der Mitte des Hofraumes baut man sein Grabmahl; da wird seine Hülle ruhen, und sein vollendet schöner Löwe wird der Grabstein sein.

Unter den Kirchen ist die größte die Frauenkirche. Sie zeichnet sich in ihrem Bau nicht aus, — Säulen, Wölbungen und Kuppel sind von Holz, mit Sand und Gips überkleidet. Was ihr aber an äußerm Prunk fehlt, ist reichlich durch den Inhalt ersetzt. Da findet man Thorwaldson's Meisterwerke, da stehen am Hochaltare sein herrlicher Christus, in den Nischen an den Wänden seine zwölf colossalen Apostel. — Ueber diese Kunstwerke vergißt man auf die Hülle, die sie umgibt. Nur möge das Schicksal gnädig sein, und diese halb hölzerne Kirche nie einer Feuersgefahr Preis geben.

Die katholische Kirche ist klein, aber über alle Beschreibung niedlich. Ihr wurden von dem letztverstorbenen Kaiser von Oesterreich eine gute volltönige Orgel und zwei Oelgemälde, das eine von Kuppelwieser, das andere von einem seiner Schüler gemalt, als Ausstattung zugesandt.

Im Kunst-Museum interessirten mich am meisten der antike Stuhl, welchen einstens Tyho de Brahe stets benützte.

Ein gar wunderliches antikes Gebäude ist die Börse. Sie ist sehr lang und schmal, mit Arabesken und neun Aufsätzen gekrönt, aus deren Mitte ein merkwürdig spitziger Thurm ragt, der aus ineinander geflochtenen Schwänzen von vier Crocodilen gebildet ist. — Der kleine, niedere und dunkle Börsesaal enthält das lebensgroße Bild Tyho de Brahe's. — Der größte Theil des obern Gebäudes ist zu einer Art Bazar verwendet, das Erdgeschoß zu kleinen sehr schmutzigen Buden.

Einen eigenthümlichen Reiz verleihen der Stadt mehrere Kanäle, welche von der See herein münden. Sie bilden eben so viele Märkte; denn die darin liegenden Schiffe und Barken sind mit Lebensmitteln jeder Art angefüllt, welche da zum Kaufe ausgeboten werden.

Die Matrosenstadt, welche sich an Kopenhagen anschließt und nahe am Hafen liegt, ist besonders nett und hübsch. Sie besteht aus langen, breiten, geraden Straßen, und so gleichmäßig gebauten Häusern, daß gewiß eine gute Kenntniß dazu gehört, bei Nacht und Nebel das rechte heraus zu finden. Es sieht gerade so aus, als zöge sich auf jeder Seite der Straße ein endloses, ebenerdiges Gebäude hin, das nur in der Mitte durch ein einstöckiges Haus, den Wohnsitz des Commandanten und der Aufseher, unterbrochen wird.

Was die Straßen-Beleuchtung betrifft, so ist sie in Kopenhagen wie bei uns in den Landstädten. Steht im Kalender Mondschein, so wird keine Laterne angezündet. Und verbirgt sich der liebe Mond hinter verdunkelnden Wolken, so ist das seine Schuld, und es wäre nur Vermessenheit seinen Götterschein durch schmähliches Lampenlicht ersetzen zu wollen. — Eine löbliche Verordnung!? —

Von nahen Spaziergängen gefiel mir der Garten an der Rosenburg —innerhalb der Stadt — recht gut, so auch die lange Linie, eine Allee schöner Bäume, die sich längs der See hinzieht, und in welcher man auch fahren und reiten kann. — Ein Kaffeehaus , vor welchem bei schöner Jahreszeit Musik gemacht wird, zieht viele Spaziergänger an. Am schönsten aber ist es oberhalb der langen Linie auf dem Kastell, von dem man die herrlichste Aussicht genießt. Da liegt die Stadt zu den Füßen, aufgerollt in ihrer ganzen Pracht, der Hafen mit den vielen Schiffen, der blauschimmernde Sund, der sich unübersehbar zwischen Dänemarks und Schwedens Küste ausbreitet und manch liebliche Inselgruppe, dem einen oder dem andern Staate gehörend, in sich birgt. Nur der Hintergrund schließt matt, da keine Kette von Bergen dem endlos über die Flächen Dänemark's schweifenden Auge Schranken setzt.

Unter den vielen Schiffen, die im Hafen vor Anker lagen, sah ich nur wenige Dreimaster, und noch weniger Dampfschiffe. Die Schiffe der Flotte sahen ganz sonderbar aus; sie gleichen auf den ersten Blick großen Häusern mit Flaggenstangen. Jedes Schiff war nämlich mit einem Wetterdache versehen, aus welchem die Masten hoch in die Lüfte ragten, und dann standen sie alle sehr hoch außer Wasser, wodurch alle Lucken der Kanonen und alle Fenster der Kajüten in zwei, drei Stockwerken übereinander sichtbar wurden.

Ein etwas weiterer Ausflug, den man aber sehr bequem in einem prächtigen Omnibus machen kann, geht nach dem königlichen Lustschlosse Friedrichsberg, welches vor dem Wasserthor, eine halbe Meile von der Stadt entfernt liegt. Herrliche Alleen führen zu diesem Orte, an dem man alle Vergnügungen findet, die nur irgend im Stande sind, den Städter auf's Land zu locken. Da gibt es ein Tivoli, und eine Eisenbahn, Cabinette und Buden mit Wachsfiguren und zahllosen andern Sehenswürdigkeiten, Kaffeehäuser, Bierhallen und Musik. In den hierzu gehörigen Gärten sind an den Seiten lauter kleine Lauben angebracht, deren jede Tische und Bänke enthält, und deren Vorderseiten alle offen sind, wodurch man in den Stand gesetzt wird, mit einem Blicke alle Besucher dieser schönen Natur-Logen zu übersehen, ein Bild, das sich an einem Sonntage, wo gewöhnlich Alles überfüllt ist, gar herrlich macht.

Auf dem Wege zu diesem Kopenhagner Prater kommt man auch an einigen artigen Landhäusern vorüber, die in der Mitte hübscher Blumengärten liegen.

Das königliche Schloß steht auf der Spitze eines Hügels, am Ende der Allee, und ist von einem sehr schönen ausgedehnten Parke umgeben. Es beherrscht die Ansicht über einen großen Theil der Stadt, des umliegenden Landes und der See; doch ziehe ich die Aussicht auf dem Kastelle bei weitem vor. Der Park enthält eine große Insel, die ich in dieser Jahreszeit von einem sehr reichen Wasserarm umgeben fand. Diese Insel behält sich der Hof vor, der übrige Park ist dem Publicum geöffnet.

Gleich außerhalb dem Wasserthore steht ein Obelisk, nicht durch Schönheit oder Kunst auffallend, da er aus mehreren Steinen zusammengefügt und von keiner besondern Höhe ist, aber durch die Veranlassung seiner Entstehung gewiß interessant. Die dankbaren Unterthanen setzten ihn dem Andenken des letzt verstorbenen Königs Christian VI. — als Erinnerung an die Abschaffung der Frohndienste. — Ein Monument, das jeder fühlende Mensch nur mit Freude und Rührung betrachten kann.

Ich habe nun treulich berichtet, was ich während der kurzen Zeit meines Aufenthaltes in, an und um Kopenhagen gesehen. Es bleibt mir nun nur noch übrig, einige Volkseigenthümlichkeiten zu schildern, und da fange ich gleich mit dem Ende an — mit dem Begräbnisse der Verstorbenen. In Dänemark, so wie überhaupt in ganz Skandinavien, Island auch nicht ausgenommen, herrscht die Gewohnheit, die Todten erst nach acht oder zehn Tagen zu beerdigen. Im Winter mag dieß noch hingehen, aber im Sommer — da mag es gerade nicht sehr angenehm sein, mit solch einem Wesen unter einem Dache zu wohnen.

Während meiner Anwesenheit zu Kopenhagen fand das Leichenbegängniß des königlichen Leibarztes Dr. Brandis statt. Dem Leichenwagen folgten zwei königliche Wagen und eine große Zahl anderer; die ersteren so wie auch mehrere der letzteren waren leer, die Diener gingen darneben. — Unter den Leidtragenden bemerkte ich keine einzige Frau. Ich dachte, dieß sei nur Sitte bei Bestattungen der Herren, allein man versicherte mich, daß dieß immer so sei, auch bei den Bestattungen der Frauen. Ja, diese Fürsorge für mein zartes Geschlecht geht so weit, daß an dem Tage des Begräbnisses in dem Trauerhause keine Frau gesehen werden darf. Die Leidtragenden versammeln sich in der Wohnung des Verstorbenen, und werden da mit kalten Speisen und mit Getränken bewirthet. Nach Beendigung der Ceremonie wiederholt sich diese Bewirthung.

Was mir in Kopenhagen sehr gefiel, war, daß ich nie, bei keiner Gelegenheit Bettler sah, ja nicht einmal so ärmlich und schlecht gekleidete Menschen, wie man deren leider in großen Städten nur zu viele findet. — Arme wird es wohl auch geben, so gut wie in der ganzen Welt, doch betteln sieht man sie nicht. — Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit einer Einrichtung zu erwähnen, die gewiß Nachahmung verdiente. Diese Einrichtung besteht darin, daß große Häuser, die theils der königlichen Familie, theils einzelnen Reichen oder ganzen Gesellschaften gehören, ausschließend zur Aufnahme armer Familien bestimmt sind, die darin die Wohnungen bedeutend billiger als in den andern Häusern bekommen.

Die Landestrachten gefielen mir nicht besonders. Die Bäuerinnen tragen Röcke von grünen oder schwarzen Wollenzeugen, die bis an die Knöchel reichen, und unten mit breiten, färbigen Wollborten eingefaßt sind. Die Leisten des Spensers, so wie die Ausschnitte um die Achseln sind ebenfalls mit schmalen färbigen Borten besetzt. Den Kopf hüllen sie in ein Tuch, über das sie oft noch eine Art Vordach, das einem Hute gleicht, setzen. — An Sonntagen sah ich an Manchen auch kleine zierliche Häubchen in Seide gestickt, und vorne mit mehr als handbreiten sehr gesteiften Spitzen ganz glatt besetzt; rückwärts hingegen große Schleifen von schönem Bande daran, deren Enden bis über den halben Körper hinabhingen. — An der Tracht der Bauern fand ich nichts besonderes zu bemerken. — Körperkraft oder Schönheit fand ich unter dem Bauernstande nicht mehr und nicht minder, als bei unsern Oesterreichern. — Was die Schönheit des weiblichen Geschlechtes anbelangt, so möchte ich den Oesterreicherinen unbedingt den Vorzug geben. Vorherrschend sind blonde Haare und lichte Augen.

Militär sah ich nur wenig; ihre Uniformen, besonders jene der Leibgarde des Königs sind ausgezeichnet schön.

Auffallend waren mir die Trommelschläger; die bestanden aus lauter 10-12jährigen Knaben. Da hätte man wohl mit Recht sagen können: „Trommel, wo trägst du den Knaben hin?" — Marschiren, den beschwerlichen Feldübungen beiwohnen, eine so große Trommel tragen, und sie dabei noch fleißig bearbeiten, das nenne ich doch eine kleine Grausamkeit. Wie manche zerstörte Gesundheit mag dieser Brauch zu verantworten haben.

Ich brachte manche Stunde während meines Aufenthaltes zu Kopenhagen sehr angenehm bei Herrn Professor Mariboe, seinen liebenswürdigen Verwandten und dem gütigen Gesandtschaftspriester Herrn Zimmermann zu. Sie nahmen sich meiner mit wahrer Güte und Herzlichkeit an; sie zogen mich in ihre Kreise, in denen ich mich bald vollkommen heimisch fühlte. Ich werde ihre Freundschaft nie vergessen, und jede Gelegenheit benützen, ihnen nah und ferne meinen Dank zu offenbaren. Eben so auch Herrn Eduard Gottschalk und Herrn Knudson. An Ersteren wandte ich mich mit der Bitte, mir eine Gelegenheit nach Island zu ermitteln, und er war so gefällig, sich deßhalb bei Herrn Knudson für mich zu verwenden.

Herr Knudson ist einer von den ersten Großhändlern zu Kopenhagen, und hat unter allen nach Island handelnden Häusern daselbst die meisten und ausgebreitetsten Verbindungen. Er hat jetzt noch, da er schon anfängt sich zurück zu ziehen, weil ihm das beständige Reisen zu lästig wird, eine bedeutende Zahl größerer und kleinerer eigener Schiffe, die theils dem Fischfange obliegen, theils alle möglichen Lebens- und Luxus-Bedürfnisse nach den verschiedenen Häfen Islands bringen.

Er selbst begleitet seine Schiffe jedes Jahr, und bleibt immer einige Monate in Island, um seine dortigen Geschäfte zu regeln. — Auf die Empfehlung Herrn Gottschalks war nun Herr Knudson so gütig mich mitzunehmen, und zwar auf demselben Schiffe, auf welchem er die Reise machte, — eine Gefälligkeit die ich gewiß zu würdigen weiß. Es gehört wahrhaftig viel dazu, eine Frau auf solch eine Reise mitzunehmen. Herr Knudson kannte weder meine Beharrlichkeit noch meine Ausdauer; er wußte nicht ob ich den Beschwerden einer Nordfahrt gewachsen sein würde, ob ich die Seekrankheit ruhig ertragen könne, und im Sturm und Unwetter Kühnheit genug besitze, nicht durch Klagen und Jammern das in solchen Fällen ohnehin nur zu beschäftigte Gemüth des Schiffers zu ermüden und zu belästigen. — Nichts von alledem berücksichtigte der brave Mann; er traute meinen Versprechungen, mich in allen Fällen standhaft zu halten, und nahm mich mit. Ja, seine Güte ging so weit, daß ich selbst in Island jede Annehmlichkeit, jede Erleichterung in Betreff der Ausführung meiner Reisen nur ihm zu danken hatte. Unter günstigeren Verhältnissen hätte ich unmöglich meine Reise antreten können.

Alle Schiffe, die Island besuchen, fahren Ende April, längstens Mitte Mai von Kopenhagen aus. Später wird nur ein einziges Schiff abgesendet, das Postschiff der dänischen Regierung, welches im Monat Oktober Kopenhagen verläßt, die Wintermonate in Island verbleibt, und im Monat März wieder zurückkehrt. Den Gewinn und Verlust dieser Expedition übernehmen die Kaufleute zu Kopenhagen auf Actien.

Auch eine französische Fregatte kömmt jedes Frühjahr nach Island und kreuzt da in den verschiedenen Häfen bis halben August. Sie überwacht ihre Fischer, die durch den reichlichen Gewinn des Fischfanges angezogen diese Meere im Sommer in großer Anzahl besuchen.

Um von Island zurückzukehren, findet man während des Sommers bis Ende September Gelegenheiten auf den Handelsschiffen, die mit den Rückfrachten nach Dänemark, England und Spanien gehen.

Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke

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