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Dr. Megavolt

Mit Spitznamen ist es eigentlich ganz einfach: Entweder man hat oder hasst sie. Lulatsch, Brillenschlange, Körperklaus zum Beispielft – nicht so geil. Dann gibt es noch die eher beschreibenden Spitznamen, die irgendwo zwischen »Ach ja« und »Egal« angesiedelt sind: Weizen-Peter, Piano-Klaus oder Leder-Uschi. Und schließlich die Sorte Spitznamen, die man sich redlich verdient hat. Nicht dadurch, dass man irgendwie aussieht oder irgendwas besonders gern macht. Sondern dadurch, dass man besonders ist. Anders als alle anderen, anders als wir, die als Durchschnitt ausmachen, was als normal gilt. Gerade auch im Fußball.

Michael Ballack ist auf ewig der »Capitano«. Jürgen Kohler der »Kokser«. Und André W. ist »Dr. Megavolt«.

Ein Samstag im November, irgendwo in Arnsberg, dieser verwegenen Sauerland-Metropole. W., Torwart der zweiten Mannschaft des örtlichen Deutsche Jugendkraft Grün-Weiß, handwerkelt im Haus umher. Dann trifft ihn der Schlag. Wortwörtlich. Beim Versuch, Fußleisten anzubringen, rutscht er ab und durchtrennt mit dem Teppichmesser ein Verlängerungskabel. Das Haus ist alt, die Sicherung springt nicht sofort heraus und W. hängt satte fünf Sekunden am Strom, ehe er endlich zurückgeworfen wird. Die Muskeln krampfen, und für eine kleine Ewigkeit ist er von Sinnen wie Oliver Kahn im »Weiter, immer weiter Beast-Mode«, kurz vor dem Endgegner.

Seine Frau fährt ihn schließlich ins Krankenhaus, wo gute Nachrichten folgen: nichts passiert, noch mal gut gegangen. Doch zur Sicherheit soll W. und zur Beobachtung für 24 Stunden vor Ort bleiben. Die Ärzte wollen für den Fall eines verzögerten Herzinfarktes gewappnet sein.

Unmöglich, denkt sich der Patient, schließlich steht am nächsten Tag das Kreisligaderby gegen den Nachbarn und Erzrivalen vom FC Neheim-Erlenbruch II an. Und so spricht er vier Stunden vor Ende der Schonfrist immer und immer wieder auf den Chefarzt ein: »Ich muss hier raus.« Der hat irgendwann ein Einsehen: »Sieh zu, dass du zu deinem Spiel kommst.«

W. eilt zum Stadion, eilt in die Kabine und zu seinen Jungs, die ihren Torwart mit Applaus und einem Spitznamen für die Ewigkeit begrüßen: Dr. Megavolt. Das Spiel endet mit 5:1. Wie sich das Gegentor erklärt? Vermutlich Spannungsabfall.

Schick mich, ich bin schnell!

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