Читать книгу Schick mich, ich bin schnell! - Ilja Behnisch - Страница 16
ОглавлениеVon der Champions League in die Kreisklasse
Der Amateurfußball ist nicht nur der Unterbau, das Fundament für die Träume von der großen Profikarriere, nicht nur das Rückgrat aller nationalen Dachverbände, sondern auch bester Freund und Therapeut. Für jene, die nur im Fußball ganz bei sich sind und ansonsten von Zeit zu Zeit aus allen Rahmen springen. Für jene, die mit den Begleiterscheinungen des höherklassigen Fußballs nicht immer einverstanden sind, die einfach nur wieder entdecken wollen, warum sie einst angefangen haben damit, gegen den Ball zu treten.
Im Spätherbst seiner Karriere hatte etwa Ex-Bayern-Profi Christian Lell mehr mit Boulevardgeschichten als auf dem Platz auf sich aufmerksam gemacht. Und schon stand der Amateurfußball zur Rettung bereit und nahm sich des ehemaligen U21-Nationalspielers an, da der seinerzeit vereinslose 31-Jährige im Urlaub auf Ibiza den richtigen Leuten über den Weg lief und sich beschallern ließ, die Töppen zukünftig für den TSV Weyarn in der 2. Kreisklasse Zugspitze zu schnüren.
Ein Riesencoup für den kleinen Verein, der sich nicht nur über einen gesteigerten Bekanntheitsgrad freuen durfte, weil dann ja doch wieder über Christian Lell berichtet wurde, sondern auch darüber, zukünftig einen Spieler in seinen Reihen zu wissen, der »eigentlich überall spielen kann«, wie es bei seiner Vorstellung von Vereinsseite hieß. Davon war wohl auszugehen, schließlich hat Lell stolze 119-mal in der Bundesliga und immerhin zehnmal in der Champions League gespielt.
So freute sich der Ex-Profi, einfach mal wieder nur Fußball zu spielen. Und so freute sich die Mannschaft, bald auf ein neues Level gehoben zu werden vom so begabten, neuen Mitspieler, von ihm mitgezogen zu werden, auf dass sie selbst neue Gipfel erstürmen würden. Seine Unterschrift allein allerdings versetzte noch keine Berge. Ganz im Gegenteil. Im ersten Spiel nach der Lell-Verpflichtung setzte es gleich mal die erste Saisonniederlage – mit 0:7 ging das Heimspiel gegen den TSV Brunnthal verloren. Lell. Verzeihung: LOL.
Mit dem neuen Heilsbringer lief es mit der Zeit aber besser. Vier Spiele, zwei Siege und zwei Unentschieden standen am Ende seines kurzen Gastspiels zu Bucheft – Tor und Torvorlage sowie eine Gelbe Karte inklusive. Dann hatte er plötzlich genug, der Lell, Schocktherapie abgeschlossen. Und so kümmerte er sich lieber wieder darum, Boulevard-Zeitungsgeschichten zu dementieren. Sie hatten recht in Weyarn: Er kann halt überall spielen.