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1 Zum Begriff des Friedens

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„Der Friede ist als Sehnsucht, Hoffnung, Traum oder Verheißung eine der ältesten Ideen der Menschheit; Friedensforschung jedoch ist erst im Atomzeitalter entstanden“. In dieser Formulierung von Georg Picht (1971, S.13) deutet sich bereits ein gewisses Spannungsverhältnis an: Einerseits war und ist der Begriff des Friedens – anders als andere sozialwissenschaftliche Grundbegriffe – allgegenwärtig: in der Politik, in den Medien und in öffentlichen Debatten. Frieden gilt als hohes, wenn nicht sogar höchstes Gut, nach dem norwegischen Friedensforscher Johan Galtung (2007, S.15) vergleichbar mit der Gesundheit eines Menschen (wie Gewalt mit der Krankheit).1 Vor diesem Hintergrund stelle der Frieden eine zentrale Kategorie der Politik dar: „Der Friede ist der Grund und das Merkmal und die Norm des Politischen, dies alles zugleich“ (Sternberger 1986, S.76; vgl. auch Meyers 1994, S.17).2

Andererseits ist die Frage, wie der Frieden inhaltlich zu fassen ist, nach wie vor umstritten. So konstatiert der Politikwissenschaftler Ernst-Otto Czempiel (2002, S.83), die Friedensforschung habe bis heute keinen geklärten Friedensbegriff, ihr Erkenntnisinteresse sei distinkt, aber diffus. Dieser Zustand lasse sich auf verschiedene Ursachen zurückführen: Zum einen sei die Friedensforschung eine sehr junge Wissenschaftsdisziplin, galt sie bis vor wenigen Jahrzehnten noch als „ungesicherte Disziplin“ (Der Spiegel, 18.08.1969). Zum anderen verzichteten einige Friedensforscher und -forscherinnen sogar ganz darauf, den Begriff des Friedens näher zu bestimmen. Aber auch die mittlerweile in der Friedensforschung gängige Formel „Frieden ist mehr als kein Krieg“ (Rittberger 1977) bleibt diffus, hinterlässt sie doch Fragen nach dem, was dieses „Mehr“ ausmacht. Für Thorsten Bonacker und Peter Imbusch (2006, S.130) wiederum stellt der ungeklärte Friedensbegriff gar kein Manko dar, sondern ist eher Ausdruck „einer lebendigen fachlichen und offenen Diskussion über das Profil der Friedens- und Konfliktforschung“. Dabei bewegt sich die Debatte letztlich vor allem um drei Fragen: (1) Ist Frieden mehr als die Abwesenheit von Krieg? (2) Ist Frieden eine Utopie? Herrscht erst dann Frieden, wenn die Ursachen für Kriege überwunden und diese nicht mehr möglich sind? (3) Ist Frieden teilbar oder nur als Weltfriede vorstellbar? (vgl. auch Brock 1990, S.72).

Friedens- und Konfliktforschung

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