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Kapitel 16

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Hinter dem kleinen Ferienhaus rechts des unebenen Waldweges tauchte oben am Ende der Steigung die Umzäunung von Céciles Grundstück auf und dahinter ein Stückchen Dach von „Les Genets“.

„Dem Himmel sei Dank“, stöhnte Marie, „ich dachte schon, wir hätten unten die richtige Abzweigung verpasst.“

„Du hast vielleicht eine bescheidene Kondition, die drei Jährchen Altersunterschied können es doch nicht sein!“ Und damit spurtete Julie ohne Schnappatmung an Marie vorbei die letzten Meter die steile Straße bergauf.

„Ich muss doch bitten“, Marie hatte ebenfalls das Ziel erreicht und blieb schwer atmend stehen, „aber ich habe mir, wie du erinnerst, vor knapp einem Jahr beim ‚doppelten Rittberger‘ über das Körbchen meiner Dackel das Becken angeknackst. Und das spüre ich bei längerer Belastung immer noch.“

„Herr, erhalte mir meine Ausreden!“ Julie lachte. „Und außerdem zwickt und lahmt es ja mittlerweile bei uns allen … nur bei Cécile offenbar nicht … die bleibt ewige Vierzig, auch in den Knochen!“

„Wir sind wieder da!“, rief Julie fröhlich, während sich Marie japsend in den Lehnstuhl neben dem Telefontischchen fallen ließ.

Cécile saß mit einem jungen Mann am Küchentisch und drehte ihnen den Rücken zu. Nun fuhr sie erschreckt herum: „Mon dieu, Julie, musst du denn immer so schreien, wir haben mittlerweile ja alle so einige Altersmacken, aber taub sind wir noch lange nicht!“

„Der Waldlauf war super“, sagte diese und wollte ebenfalls auf die Bank klettern. Da blieb ihr sozusagen das Bein oder besser gesagt das Wort im Hals stecken.

„Überraschung!“, sagte der junge Mann am Tisch – es war ihr Sohn Alain. Julie schlug die Hände vors Gesicht und ließ sich nach hinten fallen, ganz vergessend, dass die Bank keine Lehne hatte.

„Doktor, schnell in Schockraum Nummero eins!“, schrie Marie, sprang hoch und fing die Freundin auf, bevor diese zu Boden fiel und sich womöglich das Genick brach.

„Die Sachsenklinik lässt grüßen.“ Alain grinste von einem Ohr zum anderen. „Ihr schaut wohl zu viele Arztserien via Satellit.“

„Lass die Faxen, wir haben gar keinen Fernseher“, empörte sich Cécile. „Hilf lieber deiner Mutter auf die Beine.“

„Apropos Klinik“, Julie hatte sich wieder gefangen, „was machst du eigentlich hier? Warum bist du nicht in Köln und beendest endlich dein Medizinstudium?“

„Weil ich damit fertig bin“, feixte Alain, „und …“

„Das bin ich auch“, stöhnte seine Mutter, „aber so was von!“

Maman !“ Alains Stimme klang leicht genervt. „Ich dachte, du freust dich. Ich habe nämlich mein Medizinstudium abgeschlossen.“

„Ach ja, aber bestimmt nicht mit summa cum laude.“ Julie konnte sich diese Spitze einfach nicht verkneifen.

„Nee, nur so lala.“ Alains Stimme klang nun etwas kleinlaut.

„Hmm, und wie soll es jetzt weitergehen?“

„Also, ich habe versucht eine Assistentenstelle zu bekommen …“

„Und?“

„Na ja, im deutschen Vaterland wollte mich keine Klinik dank meiner schwachen Note nehmen. Da habe ich es mal im französischen Mutterland versucht.“

„Was soll das denn heißen?“ Julie verstand nur Bahnhof.

„Na hier in Frankreich ist man nicht so bürokratisch-kleinlich wie im Land deines Exmannes. Und so trete ich in der nächsten Woche meinen Dienst als Assistenzarzt in Montpellier an.“

„Ich werd’ verrückt!“ Julie sprang auf und umarmte und küsste ihren Sohn von oben bis unten.

„Hilfe!“, schrie dieser. „Jod, heißes Wasser! Bürokratie hin, Küsse her, das mag ich zum Beispiel überhaupt nicht im Süden, diese übertriebene Knutscherei bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit.“

Alles lachte, nur Cécile wirkte plötzlich sehr nachdenklich. „Sag mal, Alain, haben die dich etwa in der chirurgischen Spezialklinik für Wirbelsäulenerkrankungen eingestellt? Womöglich sogar bei Professor Le Blanc?“

„Ja, warum?“

Mon dieu“, die Freundinnen schauten sich an, „das wäre doch die Gelegenheit für Franca!“ Und sie erzählten Alain, welche Schwierigkeiten diese hatte, eine Kapazität und dazugehörige Klinik in Italien zu finden.

Nachdem Marie eine Flasche „Blanc de Noirs“ geköpft und alle die guten Nachrichten von Alains bestandenem Examen und dem Zufall, bei Professor Le Blanc gelandet zu sein, ausgiebig begossen hatten, wurde Julies Sohn am nächsten Morgen mit Francas Krankengeschichte und dem Auftrag nach Montpellier entlassen, le professeur den Fall höchstpersönlich vorzutragen und ihn zu bitten, sich die Freundin einmal anzuschauen.

Die Lavendelgang Gesamtausgabe

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