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Kapitel 17

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„Die Klinik gefällt ihr“, sagte Paul. Er hatte darauf bestanden, Franca selbst nach Montpellier zu fahren, und zwar ohne weitere Begleitung durch eine der anderen Freundinnen, wenn’s recht ist. „Sie hat ein Einzelzimmer mit allem nur erdenklichen Luxus. Stellt euch vor: Es gibt sogar Akustikrelais, um zum Beispiel das Licht vom Bett aus mit bloßem Händeklatschen aus- und einzuschalten.“ – „Wie bei den VIPs“, hatte Franca lachend gesagt.

„Und kann Le Blanc ihr nun helfen oder nicht?“ Marie strengte sich an, keine Giftpfeile aus ihren Augen auf Paul abzuschießen.

„Morgen früh wird sie operiert“, erklärte dieser. „Alle ihre Werte sind okay, sie ist ganz entspannt, macht euch also keine Sorgen. Ich rufe euch an, wenn alles gut überstanden ist.“

„Wieso du?“, sagte Marie spitz.

„Na weil das Francas Wunsch ist“, erwiderte Paul leichthin. „Also bis morgen!“ Er warf Handküsschen in die Runde und verschwand schnell nach draußen.

„Dass du so ruhig bleiben kannst.“ Julie trat zu Marie und legte ihr den Arm um die Schulter. „Ich hätte dem Kerl schon längst die Krätze an den Hals gewünscht und lebenslange Mannesschwäche.“

Marie musste lachen. „Und was gibt’s für Mord, wenn du mich verteidigst?“

„Freispruch!“

„Ach, das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Franca ist unsere Freundin, soll sie doch glücklich werden mit ihm. Mich hält er ja anscheinend für verhaltensgestört, so wie ich mich aufgeführt habe … wie ein vierzehnjähriger Teenager. Nee, ich habe es einfach vergeigt, und damit ist die Sache erledigt, sprechen wir nicht mehr davon.“

„Wovon?“

Cécile kam mit ihrem Laptop und stellte ihn auf den Tisch.

„Von Paul und Marie und Franca.“

„Ach so, schade, dabei habe ich komplizierte Liebesgeschichten für mein Leben gern.“ Lachend öffnete sie das Skype-Programm, um Eleni von den neuesten Geschehnissen in Kenntnis zu setzen.

„Schon toll, so ein Programm“, sagte Julie bewundernd. „Man kann nicht nur miteinander telefonieren, sondern sich zugleich auch sehen.“

Als die Verbindung nach Griechenland stand, legte Eleni sofort los, bevor auch nur eine von den Freundinnen sie begrüßen konnte.

„Ich habe die Schnauze voll …“

„Eleni!!“

„Ist doch wahr, ich werfe das Handtuch, ich schmeiße der Regierung die Klamotten vor die Füße, ich haue ab …“

„Sachte, sachte“, versuchte Cécile die Freundin zu bremsen, „was ist denn passiert, dass du jetzt so in Rage bist?“

„Na ja“, erwiderte Eleni bekümmert, „nicht nur, dass ich immer noch nicht meinen vollen Rentenanteil von der griechischen Behörde bekomme – ich lebe ja, nur mehr schlecht als recht, von dem Geld, welches ich aus Deutschland über das Goetheinstitut erhalte –, nun haben sie auch noch meine bereits abgezahlte, kleine Eigentumswohnung besteuert.“

„Mensch, Eleni, du weißt doch, dass dich hier ein wunderschönes Appartement erwartet im Kreise lieber Freundinnen. Verkauf doch einfach dein griechisches Zuhause!“

„Du hast ja keine Ahnung.“ Elenis Sarkasmus war nicht zu überhören. „Hier hat doch keiner mehr Geld, um sich eine Wohnung zu kaufen! Und die Banken warten nur darauf, dass ich ihnen mein gemütliches Zuhause für’n Appel und ’n Ei in den Rachen werfe. Nicht mit mir! Ich hebe morgen meine gesamten Ersparnisse ab, sonst sind die auch noch futsch.“

„Und was willst du damit machen?“

„Die stecke ich in den berühmten Sparstrumpf und lege ihn unter meine Matratze.“ Eleni grinste.

„Du spinnst ja!“, riefen Cécile, Marie und Julie unisono. Und Cécile fuhr fort: „Ich mache dir einen Vorschlag. Erst einmal überweist du das Geld auf mein Konto hier in Frankreich, die Nummer maile ich dir noch.“ Sie wandte sich an Marie und Julie. „Seid ihr damit einverstanden, Mädels?“

„Klar doch“, kam es zweistimmig.

„Du hast es gehört. Anschließend suchst du dir eine Vertrauensperson, der du dann die Wohnung erst einmal für einen kleinen Obolus vermietest, am besten möbliert, und …“

„Da hätte ich sogar jemanden“, fiel Eleni ihr ins Wort, „eine junge, arbeitslose Kollegin, die aus Geldmangel zu ihren Eltern in eine kleine Zweizimmerwohnung ziehen musste. Die würde sich bestimmt freuen.“

„Na siehste, und dann packst du nur die Sachen, an denen du besonders hängst, und kommst endlich zu uns. Du gehörst hierher, das hatten wir doch so ausgemacht.“ Cécile lächelte spitzbübisch. „Auch weil deine Altvorderen, die ollen griechischen Seefahrer, bereits 600 Jahre vor Christus unser schönes Marseille, die heutige Weltkulturstadt Europas, gegründet haben. Also fließt wahrscheinlich ebenfalls etwas Französisches in deinem Blut herum:

In Marseille geboren zu werden,

ist niemals ein Zufall. Marseille war

schon immer der Hafen der

Exilanten. Woher man auch kommt,

in Marseille ist man zu Hause“,

deklamierte sie.

„Was soll ich denn in Marseille?“ Eleni lachte.

„Nichts“, antwortete Cécile fröhlich, „der Spruch ist nicht von mir, sondern von Jean-Claude Izzo, und hinkt natürlich in unserem Fall. Da ich aber in Marseille geboren bin und mich hier in ‚Les Genets‘ so wohl fühle, wirst du das auch.“

„Nur“, Eleni zögerte, „nur … ich bin sehr knapp bei Kasse, wie du weißt, und ich weiß nicht, ob mein Budget für ein Leben in eurer WG reicht.“

„Na hör mal“, fuhr Julie energisch dazwischen, „das kommt doch alles in einen Pott. Wir sind wie die drei … nee … fünf Musketiere: eine für alle und alle für eine! Compris ?“

„Verstanden.“ Eleni gab sich geschlagen. „Ich werde das Ganze vorbereiten, und sobald ich alles erledigt habe, gebe ich euch Bescheid. Allerdings nehme ich dann einen Flug nach Marseille und nicht nach Nizza. Wenn schon meine Altvorderen eure berühmte Hafenstadt gegründet haben, dann möchte ich mir diese auch mal ansehen“

„Gebongt!“, sagten Cécile, Marie und Julie einstimmig. „Bis dahin wird auch Franca das Krankenhaus wieder – hoffentlich völlig genesen – verlassen haben. Und nun mach mal hin. Wir warten alle sehnsüchtig auf dich!“

Die Lavendelgang Gesamtausgabe

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