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Kapitel 21

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Als am nächsten Morgen Tellergeklapper und Kaffeeduft nach oben stiegen, waren die Vierbeiner als Erstes in der Küche. Marie, Julie, Franca und Eleni folgten noch völlig verschlafen.

„Mein Gott, was war das für eine Nacht“, stöhnte Marie und kratzte sich am linken Bein.

„Ja ja“, Cécile eilte zwischen Kühlschrank und Tisch eifrig hin und her, „diesmal hat uns wirklich ein besonders heftiger Mistral erwischt. Deshalb habe ich heute drinnen den Frühstückstisch gedeckt; denn selbst auf der überdachten Terrasse würden wir noch weggeblasen.“

„Na, so schlimm wird es schon nicht sein.“ Eleni schnappte sich ihren Diogenes und wollte die Glastüre nach draußen aufschieben.

„Du arme Irre“, warnte Marie, „du kennst das alte provenzalische Sprichwort mit dem weggepusteten Esel nicht. Wenn der sich schon nicht bei diesem Wind auf den Beinen halten kann, was, glaubst du, passiert dann mit deinem Minihund?“

„Was denn?“

„Der wird dir glatt aus dem Arm gerissen. Dann hast du nicht nur eine Chihuahua-Dackel-Pinscher-Terrier-Mischung, sondern auch noch ein Stückchen von einem Windhund dazu.“

Lachend setzte Eleni ihren Kleinen wieder zu dem restlichen Zoo ins Körbchen und stieg zu den anderen auf die Bank am Küchentisch.

„Ich weiß nicht“, sagte Marie, während sie sich eine getoastete Scheibe Baguette mit Honig bestrich, „aber seit heute Nacht juckt mir nicht nur der Rücken, sondern auch die linke Wade wie verrückt.“

„Was, dir auch?“ Julie stellte ihre Kaffeetasse wieder ab. „Mir jucken nicht nur beide Waden, auch die Arme sind voller roter Flecken.“ Sie krempelte die Ärmel ihrer leichten Sommerbluse hoch. „Seht euch das bloß mal an!“

„Ach, macht doch nicht so ein Theater. Das ist sicher eine Allergie gegen sämtliche Blütenpollen, die der Wind zurzeit durch die Gegend bläst und bestimmt auch bis ins Haus hinein“, tat Eleni das Gejammer der beiden Freundinnen nonchalant ab und wischte mit einer Handbewegung ein paar schwarze Krümel vom Tischtuch in Francas Richtung.

„Huch“, sagte diese erschrocken; denn die Krümel waren in hohem Bogen auf ihre nackten Oberschenkel in Shorts gesprungen. „Spinnst du, wie kannst du einfach so alles auf meinen Schoß schießen!“ Nervös rieb sie über ihre Beine.

„Ich glaube“, sagte Cécile da trocken und biss in ihr Croissant, „das sind keine Brotkrümel oder etwas Ähnliches, Krümel können nämlich nicht springen. Schaut euch mal unseren Zoo an. Seht ihr das eifrige Jucken und Kratzen? Ich denke, wir haben Flöhe im Haus!“

„Das glaube ich nicht“, gab Eleni zu bedenken, „denn weder Diogenes noch mich juckt es irgendwo oder irgendetwas.“

„Kein Wunder“, klärte Marie die Freundin lachend auf, „ihr beide seid schon immun dagegen. Das sind ganz eindeutig mitgebrachte griechische Flöhe.“ Sie schnappte sich Diogenes und setzte ihn auf ein weißes Blatt Papier. „Reicht mir mal einer einen Kamm!“

Cécile reichte ihr das Gewünschte, und Marie ging damit durch Diogenes’ kurzes, struppiges Fell. Dann deutete sie auf die vielen schwarzen Punkte auf hellem Untergrund.

Mon dieu , die kenne ich“, sagte Cécile und grinste, „das ist der Kot des vorher genannten Ungeziefers. Hör mal, Eleni, ich denke, der Hund ist entwurmt, geimpft und gechippt …“

„Das ist er ja auch“, erklärte Eleni leicht verschnupft, „aber woher soll ich wissen, was man sonst noch so bei einer Tierärztin alles machen lassen muss? Es ist schließlich mein erster Hund!“

„Nun sei nicht gleich eingeschnappt, es ist nicht deine Schuld. Die Tierärztin hätte ihn auch auf Ungeziefer untersuchen müssen. Schließlich hat der Kleine ja eine ganze Weile auf der Straße gelebt.“

Die Freundin seufzte tragisch auf. „Da könnt ihr mal sehen, dass bei uns in Griechenland nichts mehr funktioniert, aber auch rein gar nichts mehr … Was machen wir denn jetzt?“

„Jetzt“, beruhigte Cécile die teils aufgebrachten, teils amüsierten WG-Teilnehmerinnen, „jetzt frühstücken wir in Ruhe zu Ende, und dann knöpfen wir uns unsere Vierbeiner vor und entflohen sie.“

„Ja, aber wie denn?“, wollten die anderen wissen.

„Ganz einfach“, sagte Cécile, „wir nehmen uns jeder einen Hund oder eine Katze auf den Schoß, fahren mit den Fingern vorsichtig durchs Fell und knacken die gefundenen Flöhe einfach zwischen den Fingernägeln …“

„Igitt!“, erklang ein vierfacher entsetzter Aufschrei.

Cécile grinste. „Na gut, wir können sie auch lebendig einsammeln, dressieren und dann mit einem Flohzirkus durch die Lande ziehen.“

„Und wie ich den Laden hier kenne, muss eine von uns dann den Löwen- beziehungsweise Flohbändiger spielen.“ Marie hatte Mühe, ernst zu bleiben, während die anderen bereits kicherten.

„Seid nicht albern“, jetzt lachte auch Cécile herzhaft, „dann rufe ich eben nachher unseren hiesigen Viehdoktor an. Der bringt einfach Pülverchen für alle mit, und im Nu sind sie die Plagegeister wieder los.“

„Und was ist mit uns?“, fragte Franca besorgt.

„Die Pülverchen werden in einer Wanne mit warmem Wasser aufgelöst und der Zoo darin eingetaucht. Wenn du willst, kannst du ja gleich mit in die Brühe steigen.“

„Tickst du noch richtig?“

„Aber ja doch.“ Cécile grinste immer noch. „Im Ernst, ich versichere dir bei meiner Ehre: Wenn die Tiere ihre Untermieter wieder los sind, werden auch wir von diesen nicht mehr belästigt.“

„Bist du sicher?“

„Natürlich bin ich sicher.“ Cécile wurde nun doch langsam ungeduldig. „Du glaubst ja nicht, wie oft mir Mascotte schon diese kleinen Biester mit ins Haus und ins Bett gebracht hat. Apropos Bett, wenn der Doktor Bescheid weiß, gehen wir alle nach oben, beziehen sämtliche Betten frisch und stecken die Wäsche samt der Klamotten, die zurzeit unsere Luxuskörper bedecken, in die Waschmaschine.“

In diesem Moment wurde die Glastüre von draußen mit Schwung aufgerissen. „Bonjour !“, rief eine tiefe, männliche Stimme. „Was treibt ihr denn da Schönes?!“

„Oh dio“, flüsterte Franca leise Marie zu, „der Bumerang, der hat uns gerade noch gefehlt.“

„Wir müssen gleich unsere gesamten Vierbeiner und uns selbst entflohen“, krähte Marie fröhlich. „Komm rein, wir können jede weitere Hilfe gut gebrauchen!“ Und sie winkte Paul zu.

Dieser zog erschreckt den Kopf zurück. „Mir fällt gerade ein, ich muss dringend etwas in Marseille erledigen. Aber ich komme so schnell wie möglich zurück. Vielleicht ist ja dann der Kammerjäger schon bei euch gewesen, salut !“ Und damit schob er die Glastüre hastig wieder zu und verschwand blitzschnell um die Hausecke.

„Männer!!“, war die einhellige niederschmetternde Meinung der fünf Mädels.

Die Lavendelgang Gesamtausgabe

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