Читать книгу Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi - Ингер Фриманссон - Страница 20

2. KAPITEL

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Das Haus hieß Waldesglück und war um 1900 erbaut worden. Es war ein typisches Landhaus mit zwei Etagen und war rot mit weißen Giebeln. Beths Großeltern mütterlicherseits hatten hier gelebt und ihre Mutter war auf dem Tisch in der großen Küche geboren worden.

Als Kinder waren Beth und ihre ältere Schwester Juni von dem Gedanken fasziniert gewesen, dass ihre Mutter auf der gleichen braunen Holzfläche zur Welt gekommen war, auf der jetzt ihre Teller standen. Das Schlucken fiel ihnen dann schwer und sie bekamen das Essen nicht mehr herunter und mussten es heimlich mit der Zunge wieder rausdrücken und in ihren Servietten verstecken.

Auf einem Tisch gebären. Wie unwirklich!

Beth brachte ihre Zwillinge im Kreißsaal des Karolinska Krankenhauses zur Welt. Im Oktober wären sie sieben geworden.

»Was sollen wir heute unternehmen, Ulf?«, hatte sie an diesem Morgen zum Kellerdach hinaufgerufen. »Sollen wir nach dem Mittagessen etwas unternehmen, was meinst du? Wollen wir irgendwohin fahren?«

Ihre Kopfhaut juckte und sie rieb mit den Fingerknöcheln darüber, weil sie Angst hatte, sich sonst die Haut aufzukratzen. Eigentlich musste sie sich die Haare waschen, aber es war so umständlich. Der Boiler hatte den Geist aufgegeben und sie schafften es einfach nicht, ihn reparieren zu lassen. Also musste sie Wasser in dem großen Aluminiumkessel erhitzen, es dann in Eimer umfüllen und diese auf die Treppe hinaustragen. Ganze Fliegenschwärme wurden angelockt, wenn sie vorgebeugt und mit nassen Haaren auf dem Hof stand, nichts sehen konnte und nur die krabbelnde Berührung von Saugrüsseln und Insektenbeinen spürte.

»Ja, können wir machen«, sagte er lustlos. »Wir können einen kleinen Ausflug machen.«

Fast täglich nahmen sie den Wagen und fuhren in eine der kleinen Ortschaften in der Umgebung, kauften Zeitungen, Zigaretten, Wein. Die Stille, die das Haus umgab, vertrieb sie, sie waren eine solche Stille nicht gewohnt, ebenso wenig wie ihre eigenen Laute und Stimmen, die plötzlich so deutlich wurden. Eine nagende Rastlosigkeit breitete sich in ihnen aus, je länger der Tag dauerte, und sie nahmen Zuflucht in den Geschäften der Umgebung und kauften eine ganze Reihe von Dingen, die sich später als vollkommen überflüssig erwiesen wie zum Beispiel der elektrische Grill. Keiner von ihnen konnte sonderlich gut grillen, und wenn sie dann gelegentlich doch grillten, war das Ergebnis oft genug enttäuschend: faseriges Fleisch mit schwarzer Oberfläche – oder das Gegenteil, so blutig, dass es praktisch noch roh war.

Eigentlich ist es ja tote Materie, dachte Beth dann immer.

Sie wusste, dass der Verwesungsprozess in einem Körper schon kurz nach dem Eintritt des Todes begann, dass man schon nach gut zwei Stunden den faden Leichengeruch wahrnehmen konnte. Warum geschah mit geschlachteten Tieren nicht das Gleiche? Warum begannen sie nicht sofort zu verwesen? Wurden sie mit einer speziellen Methode behandelt, damit der Prozess hinausgezögert wurde? Sie hatte sich nie getraut, jemanden danach zu fragen, weil sie Angst hatte, wunderlich zu erscheinen.

Jetzt waren sie wieder zurück. Sie blieben noch einen Moment im Auto sitzen und Beth wiederholte ihre Worte. Ich habe Angst, Ulf, da stimmt doch was nicht, ich habe Angst. Sie hörte ihn atmen. Sein Körper war groß und unmittelbar neben ihr, ich liebe dich, dachte sie, du darfst mich niemals verlassen, niemals.

»Komm!«, sagte er. »Wir gehen rein.«

Eine Schwalbe durchschnitt die Luft und berührte fast die Motorhaube. Wenn ihre Küken so weit waren, das Nest zu verlassen, waren die Schwalben manchmal regelrecht aggressiv. Eines Morgens hatte eine Schwalbe Beths Gesicht attackiert, aber als sie es anschließend Ulf erzählte, glaubte er ihr nicht.

»Komm«, wiederholte er.

Sie stiegen aus dem Wagen, ließen die Türen jedoch einen Spalt weit offen stehen. Schneidende Angst erfasste Beths Körper, breitete sich von den Kuhlen der Handteller die Arme hinauf und weiter in Bauch und Rückgrat aus. Sie suchte in ihrer Tasche nach dem Hausschlüssel, er war ganz nach unten unter ihren Taschenkalender gerutscht. Sie reichte ihn Ulf.

»Mach du auf!«, sagte sie.

Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi

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