Читать книгу Fünf Bücher gegen die Häresien - Irenäus von Lyon - Страница 56
Оглавление5. Kapitel: Kein anderer Schöpfer ist möglich
1.
Für die also, die da sagen, daß außerhalb des Pleroma oder unterhalb des guten Gottes diese Welt gemacht sei, paßt das, was wir soeben gesagt haben, und sie werden samt ihrem Vater von dem außerhalb des Pleroma eingeschlossen werden, in dem sie auch werden aufhören müssen. Denen aber, die da sagen, daß in dem Gebiete des Vaters von irgend wem anders diese Welt gemacht sei, halten wir die soeben angeführten Unmöglichkeiten und Ungereimtheiten entgegen. Sie müssen entweder zugeben, daß innerhalb des Pleroma alles licht, angefüllt und tätig ist, oder sie werden das Licht des Vaters beschuldigen, daß es nicht alles erleuchten könne, oder sie müssen einräumen, dass wie der Teil, so auch das ganze Pleroma leer, ungeordnet und finster sei. Und dann beschuldigen sie alles, was sonst zur Schöpfung gehört, daß es zeitlich sei und das Ewige als materiell. Aber entweder muß die Schöpfung untadelig sein, da sie sich innerhalb des Pleroma und in dem Schöße des Vaters befindet, oder ihre Vorwürfe treffen ähnlich das gesamte Pleroma, und als Ursache der Unvollkommenheit erweist sich ihr Christus. Hat er doch nach ihrer Lehre seine Mutter, als er sie ihrem Sein nach gestaltete, aus dem Pleroma hinausgeworfen, d. h. sie von der Erkenntnis abgesondert. Er selbst hat also ihre Unwissenheit verursacht, indem er sie von der Erkenntnis trennte. Wie konnte er denn nun den übrigen Äonen, die doch vor ihm waren, die Erkenntnis gewähren und seiner Mutter sie vorenthalten? Denn er stellte sie doch außerhalb der Erkenntnis, indem er sie aus dem Pleroma hinaus wies!
2.
Wenn ferner einige von ihnen das „Innerhalb und außerhalb des Pleroma“ auf die Kenntnis und Unkenntnis deuten, insofern der, welcher in der Erkenntnis ist, innerhalb dessen ist, was er erkennt, dann müssen sie doch zugeben, daß sogar der Erlöser, den sie auch das All nennen, in der Unkenntnis gewesen ist. Sagen sie doch, er habe ihre Mutter gestaltet, nachdem er aus dem Pleroma ausgetreten war. Wenn sie also unter dem Außensein die Unkenntnis des Weltalls verstehen und der Erlöser, um ihre Mutter zu gestalten, aus dem Pleroma austrat, dann trat er eben auch aus der Erkenntnis des Weltalls und fiel in die Unkenntnis. Wie konnte er dann also die Erkenntnis verleihen, da er selbst außerhalb der Erkenntnis sich befand? Sollen wir doch außerhalb des Pleroma uns befinden, da uns ihre Erkenntnis abgeht! Wenn ferner der Erlöser, um das verlorene Schaf zu suchen, das Pleroma verließ, das Pleroma aber die Erkenntnis bedeutet, dann verlor er eben auch die Erkenntnis und fiel in Unkenntnis. Entweder muß man nämlich „außerhalb des Pleroma“ örtlich verstehen und dann stößt man auf die oben erwähnten Widersprüche — oder man deutet „innerhalb des Pleroma“ als Erkenntnis und „außerhalb des Pleroma“ als Unkenntnis, und dann ist ihr Erlöser sowohl wie noch viel zuvor ihr Christus in Unkenntnis gefallen, indem sie, um ihre Mutter zu erschaffen, das Pleroma verließen, d. h. außerhalb der Erkenntnis sich befanden.
3.
Diese Schlußfolgerungen lassen sich ähnlich gegen alle anwenden, die nicht von dem wahren Gott, sondern auf irgend eine andere Weise oder von den Engeln oder von irgend einem andern die Welt erschaffen sein lassen. Denn alles, was sie dem Demiurgen inbetreff der körperlichen und zeitlichen Welt nachsagen, das wird auf den Vater zurückfallen, da ja im Schöße des Pleroma das gemacht wurde, was mit Wissen und Willen des Vaters gleich wieder aufgelöst werden sollte. Denn nicht mehr ist der Demiurg die Ursache dieser Schöpfung, so sehr er auch meint, es zu sein, sondern der, welcher zuließ und gestattete, daß in seinem Gebiet die Erzeugnisse des Fehltritts und die Werke des Irrtums gemacht wurden, und in dem Ewigen Zeitliches, in dem Unvergänglichen Vergängliches, in dem Reiche der Wahrheit die Werke des Irrtums. Wenn aber ohne Erlaubnis und Billigung des Allvaters dieses gemacht wurde, dann ist der, welcher auf fremdem Gebiet ohne seine Billigung dies machte, mächtiger und kräftiger und hoheitsvoller als dieser. Wenn es aber der Vater nicht billigte, sondern nur erlaubte wegen einer gewissen Nötigung, so konnte er es entweder verhindern oder nicht. Konnte er es nicht verhindern, so war er schwach und kraftlos, konnte er es aber verhindern, dann war er ein Verführer und Heuchler und machte sich zum Sklaven der Notwendigkeit, indem er die Schöpfung zwar nicht guthieß, sie aber doch gestattete, als ob er sie guthieß. Dann hat er anfangs gestattet, daß der Irrtum Platz greife und sich ausdehne, und erst hernach versucht, ihn aufzuheben, nachdem schon viele übel zugrunde gingen wegen des Fehltritts.
4.
Es ist aber unziemlich zu sagen, daß der über alles erhabene Gott, der doch völlig frei in seinen Entschlüssen ist, einer Notwendigkeit sich unterordne, so daß etwas mit seiner Erlaubnis gegen seinen Willen existiert. Sonst müßten sie die Notwendigkeit als größer und mächtiger denn Gott betrachten, wie auch das Mächtigere älter ist als das übrige. Oder es hätte Gott gleich im Anfang die Ursachen der Notwendigkeit abschneiden müssen und nicht sich selbst von einer Notwendigkeit einschließen lassen dürfen, indem er das gestattete, was seiner nicht wert war. Denn viel besser und richtiger und göttlicher wäre es gewesen, gleich im Anfang den Beginn einer solchen Notwendigkeit abzuschneiden, als später gleichsam aus Reue zu versuchen, die Folgen solcher Notwendigkeiten wieder gut zu machen. Und wenn einer Notwendigkeit der Vater des Weltalls unterworfen sein sollte und wider seinen Willen bei der Schöpfung dem Geschicke erliegen und wider die Notwendigkeit und das Geschick nichts tun könnte, dann müßte er mit dem Zeus bei Homer sprechen: „Gerne gewähr ich es dir, jedoch ungerne von Herzen“147 . Auf diese Weise zeigt sich dann ihr Bythos als ein Sklave der Notwendigkeit und des Schicksals.