Читать книгу Fünf Bücher gegen die Häresien - Irenäus von Lyon - Страница 61
Оглавление10. Kapitel: Was alles die glauben, welche nicht glauben
1.
Ganz widersinnig ist es also, den Gott, der da ist und von allen bezeugt wird, zu übergehen, um einen zu suchen über ihm, der da nicht ist und von niemand jemals verkündigt wurde. Sie selbst bezeugen es ja, da von ihm nichts deutlich gesagt ist, und deutlich ist es, daß sie jetzt einen andern hervorbringen, der vordem niemals gefunden worden ist, indem sie allerlei Gleichnis erfinden oder die bekannten ihrem erfundenen Gotte übel anbequemen. Indem sie versuchten, dunkle Stellen der Schrift zu erklären — dunkel sind sie aber bloß in Bezug auf die Absichten Gottes, nicht aber in Bezug auf einen andern Gott — da machten sie sich einen andern Gott. So flochten sie sich, wie gesagt, aus Sand Stricke und fügten zu einem kleinen Geheimnis ein größeres. Und doch kann man ein Geheimnis durch ein anderes nicht erklären wollen, noch eine Dunkelheit vernünftigerweise durch eine andere, oder ein Rätsel durch ein anderes, noch größeres; sondern derartige Dinge können ihre Auflösung nur durch offene, vernünftige und deutliche Erklärung finden.
2.
Wenn aber jene die Schriften und Parabeln zu erklären suchen, indem sie für die eine Unbekannte eine andere noch größere und gottlose einsetzen, gleich als ob über dem einen Gott, der die Welt erschaffen hat, noch ein anderer Gott sei, so erklären sie doch nichts, sondern knüpfen an die kleine Frage die größere und schaffen einen unauflösbaren Knoten. Mögen sie zunächst einmal wissen, daß der Herr mit dreißig Jahren zur Taufe der Wahrheit gekommen ist. Wenn sie dies nicht annehmen, dann verachten sie gottlos Gott den Schöpfer selber, der ihn gesandt hat, um die Menschen zu erlösen. Um aber den Anschein zu erwecken, als könnten sie etwas über den Ursprung der Materie aussagen, da sammelten sie eitle Reden und offenbarten in der Tat ihren Unglauben; denn sie glaubten nicht, daß Gott aus dem, was nicht war, die ganze Schöpfung ins Dasein gerufen hat, wie es ihm beliebte, mit seinem Willen und seiner Kraft die Materie gebrauchend. Dem, was da ist, wollen sie nicht glauben, und verfallen so auf das, was nicht ist.
3.
Aus den Tränen der Achamoth ist die feuchte Materie entstanden, aus ihrem Lachen die lichte, aus ihrer Traurigkeit die schwere, aus ihrer Furcht die bewegliche — wenn sie das für hohe Weisheit halten und deswegen sich aufblähen, wer sollte da nicht mit gerechtem Grund spotten und lachen! Daß Gott, der da mächtig und reich in allem ist, die Materie selbst erschaffen hat, das glauben sie nicht, indem sie nicht erkennen, wieviel ein geistiges und göttliches Wesen vermag. Daß aber ihre Mutter, die sie Weib vom Weibe nennen, aus den eben erwähnten Gemütsstimmungen die so große Weltenmaterie hervorgebracht hat, das glauben sie. Woher dem Schöpfer sich die Weltenmaterie darbot, danach fragen sie; woher aber ihre Mutter, die sie auch Enthymesis oder Andrang eines irrenden Äonen nennen, so viele Tränen und Schweiß und Traurigkeit und die übrige materielle Absonderung hatte, danach fragen sie nicht.
4.
Wir schreiben die Schöpfung der Weltenmaterie der Kraft und dem Willen des allerhöchsten Gottes zu. Das ist glaublich, annehmbar, verständig. Mit Recht heißt es in Bezug hierauf: "Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist möglich bei Gott“154 . Menschen vermögen nicht, aus nichts etwas zu machen, sondern sie bedürfen der Materie als Unterlage. Gott aber ist darin den Menschen zuerst überlegen, daß er die Materie seiner Schöpfung, die vorher nicht war, selbst erfand. Wenn aber jemand sagt, die Enthymesis eines verirrten Äonen habe die Materie hervorgebracht, und weit sei der Äon von seiner Enthymesis getrennt worden, und deren nach außen getretene Leidenschaft und Gemütsstimmung sei nun die Materie — so ist das unglaublich, töricht, unmöglich und unvernünftig.