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Kapitel 6

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„Ich habe Euch rufen lassen, da Euer Leibwächter am Nachmittag eingetroffen ist.“ Erzbischof Adalbert stand an einem der unverglasten Fenster im Sommersaal der Goslarer Pfalz und schaute zur prächtigen Stiftskirche St. Simon und St. Judas hinab. Danach ließ er seinen Blick zu den dahinterliegenden Erhebungen schweifen, über die der Wind den Schatten der Wolken hauchte.

Bertha stand ein paar Schritte neben ihm und vermisste ihre beiden Dienerinnen Ada und Imma, die draußen vor der geschlossenen Tür warten mussten. Tief atmete sie ein, in dem Versuch, ihren Zorn zu unterdrücken, doch er pulsierte in ihr, neu entfacht von jedem weiteren Herzschlag.

Adalbert wandte sich zu ihr um. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, als hielten ihn wehmütige Gedanken gefangen. Dann besann er sich. „In wenigen Tagen wird der Hof nach Quedlinburg aufbrechen, weil wir dort das Osterfest begehen. Dann ziehen wir weiter, um in Mainz Pfingsten zu feiern, und schließlich zum Hoftag nach Worms. Ihr wisst ja, was Heinrich dort verkünden will.“

Ja, nur allzu gut! In Bertha köchelte es.

Dieser Mann der Kirche, der kerzengerade vor ihr stand, würde noch nicht einmal den kleinen Finger rühren, um diese vor Gott geschlossene Ehe zu schützen. Es fiel ihr schwer, die Wut hinter einem Schleier scheinbaren Gleichmuts zu verbergen. Er sollte sie nicht durchschauen können. Sollte er nur glauben, dass sie sich nicht zu wehren wusste. Welch ein Irrtum! Nein, untätig war sie wahrlich nicht geblieben. Mit der Hilfe ihrer ehemaligen Amme Tilda hatte sie bereits Boten zu einigen Fürsten gesandt, mit der eindringlichen Bitte, sich dieser Entscheidung entgegenzustellen. Insbesondere hatte sie Erzbischof Siegfried von Mainz angefleht, der verschnupft war, weil er bei Heinrich nie denselben Einfluss gehabt hatte wie Anno oder Adalbert. Auch wenn Heinrich vielleicht obsiegen sollte, wollte Bertha es ihm nicht allzu leicht machen.

Doch anscheinend waren ihr ihre Gedanken anzusehen, denn Adalbert stutzte bei ihrem Anblick.

Der Erzbischof lehnte sich gegen die Säule eines Rundbogenfensters. Der Wind fuhr seicht herein und spielte mit den Bändern seiner Bundhaube. „Alles, was ich tat, und alles, was ich tue, dient den Interessen des Reiches. Kaum einer der Fürsten ist so wie ich auf eine tatsächliche Stärkung des Königtums bedacht. Mein Traum ist ein großes, mächtiges Reich, das sich der inneren und äußeren Feinde erwehren kann. Die Welt ist bewegt wie die Wellen des tosenden Meeres und einem ständigen Umbruch unterworfen. Das Reich muss gewappnet sein, um allen Gefahren trotzen zu können. Daher muss man alles im Blick behalten. Siehe, Bertha: Große Teile Englands wurden nach dem Tode von Eduard dem Bekenner nach Thronkämpfen vor drei Jahren vom Normannen Wilhelm erobert, und es herrschen dort noch immer Aufstände der Engländer. Es ist damit zu rechnen, dass auch die Dänen und Norweger mitspielen wollen, da auch sie bereits Anteil an England hatten. Der französische König Philip I. fühlt sich jedoch von diesem anglo-normannischen Reich Wilhelms bedroht. Deshalb ist Philip nun darauf bedacht, seine Macht zu stärken und sein königliches Gut auszuweiten, dafür ist ihm jedes Mittel recht. Und erst der Osten … In Ungarn mussten wir mit unseren Truppen vor sechs Jahren König Salomon zur Krone verhelfen, da er zuvor wegen eines blutigen Thronstreits in unser Reich geflohen war. Momentan geben sich dessen Söhne Ladislaus und Geza mit ihren Herzogtümern zufrieden, doch wie lange noch? Und du weißt ja selbst, dass Heinrich erst gegen die Liutizen gekämpft hat. Mit Ruhe ist also auch bei den Slawen nicht zu rechnen. In Italien gibt es Schwierigkeiten mit den Reformern, die von Heinrichs Eltern unterstützt wurden. Doch dadurch haben sie unwissentlich das Königtum seines Sohnes geschwächt, da die Reformer eine von weltlichen – also auch von königlichen – Einflüssen losgelöste Kirche fordern. In Süditalien hingegen haben sich die Normannen festgesetzt, und ich bin sicher, dass Richard von Capua und dem verschlagenen Robert Guiskard, Herzog von Apulien und Kalabrien, weitere Expansionen vorschweben. Es war für Heinrichs Herrschaft schon ein herber Schlag, als Papst Nikolaus II. vor zehn Jahren diese Normannen zu seinen Lehnsleuten machte, um sich Verbündete gegen unseren König und den römischen Adel zu schaffen. Ohnehin ist Heinrichs Beziehung zum Papst schwierig.“

„Diese wäre sicherlich von besserer Natur, wenn Heinrich bereits Kaiser wäre, nicht wahr? Es hat bis jetzt durchaus Gelegenheiten und Anlässe für eine Romfahrt gegeben. Aber ich – in meiner weiblichen Schlichtheit – vermag natürlich nicht zu beurteilen, warum diese nicht stattgefunden haben.“ Bertha ließ ihre Stimme leise und unsicher klingen, und doch offenbarte sie dem Bischof mit einem direkten Blick, dass sie die Gründe sehr wohl kannte und ihn dafür anklagte. Zorn wallte in ihr auf, heftig und entschieden, durchschlug die Mauer, die sie um sich herum errichtet hatte. Es war genug! Dieses ewige Verstellen! Bald würde sie geschieden sein! Es hatte alles nichts genutzt, wie man sie erzogen und was sie selbst sich auferlegt hatte. Vielleicht hätte Heinrich ihr mehr Aufmerksamkeit geschenkt, wenn sie sich ihrem wahren Charakter gemäß verhalten hätte.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schenkte dem Kirchenfürsten einen unnachgiebigen Blick. Er tat bei Weitem nicht alles, was dem Reich zuträglich war. Zuallererst tat er, was ihm zuträglich war.

Adalberts Blick ruhte prüfend auf ihrem Gesicht, er verstand, was sie offenbart hatte, und schenkte ihr ein fast anerkennendes Lächeln. Dann senkte er für einen Moment nachdenklich den Blick, um diesen dann wieder entschlossen auf Bertha zu richten: „Der König hat mit so vielen politischen Widerständen und Schwierigkeiten, mit weltlichen und kirchlichen Fürsten zu kämpfen, da muss es für ihn eine ruhige Festung geben, in der er Kraft schöpfen und sich wohlfühlen kann. Aber diese Festung bietet ihm die Ehe mit Euch nicht. Ich mag Euch, meine Königin, aber Heinrichs Befinden liegt mir sehr am Herzen, denn sein Wohl ist auch das Wohl des Reiches.“

Seine Worte waren schallende Ohrfeigen, und doch wollte sie sich nicht beugen. Viel zu verlieren hatte sie ohnehin nicht mehr. „Nun, Hochwürdigster Herr, Ihr habt Heinrich nicht gerade ermutigt, sich mir, seiner durch Gottes Segen verbundenen Ehefrau, anzunähern. Da Ihr ihn mit Konkubinen versorgt, hat er noch keine Erben. Ist dies etwa dem Reich dienlich? Auch wenn ich es vorhin schon erwähnt habe, so muss ich nochmals betonen, dass es seine Stellung erheblich gestärkt hätte, wenn er bereits Kaiser wäre. Dieser Titel würde seine Macht mehren und seine Position gegenüber dem Papst festigen. Vor vier Jahren wurde der erste Zug nach Rom verschoben und fand dann gar nicht mehr statt. Dabei hatte man in Rom erwartet, dass Heinrich dort das Schisma zwischen Honorius II. und Alexander II. klärt. Heinrich hätte Ratgeber benötigt, die ihn zur Reise ermutigt hätten.“ Bertha seufzte und setzte einen betrübten Gesichtsausdruck auf. Er, Adalbert, war es gewesen, der dies hintertrieben hatte, um weder Anno noch Gottfried dem Bärtigen einen Machtgewinn zu ermöglichen. Ein Jahr später war Adalbert dann selbst gestürzt worden. Bertha räusperte sich. „Und vor zwei Jahren wollte Heinrich erneut nach Rom ziehen, um dem Papst gegen die Normannen beizustehen. Wir waren bereits gemeinsam in Augsburg, dem Sammelplatz des Heeres vor der Romreise. Doch da hat Gottfried der Bärtige, der Markgraf von Tuszien, meinem Gemahl einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht und ist geschwind selbst nach Italien gehastet. Dort hat er gegen die Normannen gekämpft und sie verjagt, was doch eigentlich dem König oblegen hätte. Nun, dieses ist wohl Gottfried ganz allein anzulasten. Es wäre so wichtig für Heinrich gewesen, persönlich die Normannen in die Schranken zu weisen. Dann wäre es niemals zu den erneuten Treueschwüren der Normannen gegenüber Papst Alexander II. gekommen. Als Dank für Heinrichs Erscheinen wäre er unverzüglich zum Kaiser gekrönt worden und hätte sich dem Heiligen Vater angenähert, was seine Stellung im Reich beträchtlich gestärkt hätte. Nun hat er leider entscheidenden Einfluss auf Rom eingebüßt.“

Adalberts Mundwinkel verzogen sich zu einem aalglatten Lächeln. „Sieh an, sieh an! Unsere Königin! Wie anmaßend und doch … Nun hat sie sich zu erkennen gegeben. Ich gebe zu, ich habe Euch unterschätzt, Euch für dieses naive Ding gehalten, das Ihr zu sein vorgegeben habt. Nun blitzt Klugheit hervor, und Ihr beweist, dass Ihr Euch zu informieren versteht.“ Er verneigte sich leicht, mit eben diesem Lächeln. Dann wurden seine Augen scharf wie geschliffener Stahl. „Aber es wird Euch nicht retten. Vielleicht gerade deshalb nicht … Genießt Eure letzten Tage als Königin.“ Er räusperte sich hinter vorgehaltener Faust. „So, nun werde ich Euch Eure Leibwächter vorstellen – dies ist ja der eigentliche Grund, weshalb ich Euch zu mir gebeten habe.“ Er gab einem Diener, der sich außer Hörweite am anderen Ende des weitläufigen Saals aufgehalten hatte, einen Wink. Der junge Mann hastete in erstaunlich leisem Laufschritt herbei und öffnete die Tür. „Kommt!“, rief er in den Gang.

Die beiden Dienerinnen Ada und Imma drängten herein, musterten ihre Herrin mit fragenden Blicken und stellten sich hinter sie.

Danach traten zwei Ritter ein, und Bertha weigerte sich anfangs, sie anzuschauen, doch dann hob sie ihren Blick und legte eine frostige Kälte hinein.

Der hochgewachsene Arend ging vor Bertha in die Knie, ohne sie anzusehen. Der andere Krieger, dunkelblond, einen Kopf kleiner als Arend, mit wuchtigem Unterkiefer und platter Nase, folgte seinem Beispiel.

Der Erzbischof machte einen Schritt auf sie zu. „Arend von Hadenstein kennt Ihr bereits, der andere Ritter ist sein Vertrauter, Folkmar von Furtburg. Sie werden Euch die gewünschte Sicherheit gewährleisten.“

Missbilligend beschaute sich Bertha die beiden Adligen. Folkmar war nicht annähernd so hübsch wie Arend, aber in seinen blaugrauen Augen lag etwas Ehrliches und Vertrauenserweckendes, doch sie sträubte sich dagegen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust – diese Männer waren ihre Feinde. Sie waren Heinrichs Wahl gewesen, nicht die ihrige. Womöglich würden die beiden Kerle nachts in ihr Gemach eindringen und über sie herfallen. Nun würde sie noch schlechter schlafen als zuvor. Doch ablehnen konnte sie sie nicht mehr.

Die beiden gelobten, sie zu beschützen. Gewiss hatten sie Heinrich zuvor Treue schwören müssen. Was waren denn ihre Worte jetzt überhaupt noch wert?

Arend hatte eine angenehme Stimme, aber sie klang unsicher, und einmal musste er sich diese freihusten. Er konnte sie noch nicht einmal direkt anschauen, so voller Hinterlist war er. Folkmars Worte hingegen waren fest und entschieden wie sein Blick.

Die Königin forderte sie auf, sich zu erheben, und betrachtete die Männer ein wenig genauer. Sie musste heftig schlucken, denn sie besaßen breite, kräftige Schultern, und allein ihre Hände wirkten überaus stark. Nichts hatte sie ihnen entgegenzusetzen, gar nichts. Verzweiflung und Furcht wallten in ihr empor, und ihr Mund wurde ganz trocken. Dennoch hob sie stolz ihr Kinn an. „Ihr werdet hauptsächlich nachts abwechselnd vor der Tür meines Gemachs stehen und mich auf Reisen begleiten – mehr nicht. Nicht einen einzigen Fuß werdet ihr in meine Räumlichkeit setzen. Habt ihr verstanden?“

Beide hatten die Häupter geneigt und nickten. „Ja, Herrin“, antworteten sie fast gleichzeitig.

Bertha ballte ihre Hand zur Faust. Dieser Arend war ein Feind, ein Spion, da war sie sich ganz sicher. Er war der Freund dieses elenden Egenos, und sein Charakter war bestimmt genauso schäbig. Vor Wut hätte sie schreien können und die beiden Krieger sofort der Pfalz verwiesen, doch das war unmöglich. Sie saß in der Falle.

Demonstrativ wandte sie sich von ihnen ab, sah auch den Erzbischof nicht mehr an, als sie den Saal im Gefolge ihrer Dienerinnen verließ.

Als die beiden Kerle ihr folgten, warf sie ihnen über die Schulter hinweg zu: „Nein! Erst heute Abend dürft ihr wieder in den Palas kommen. Lasst euch ein kleines Gästehaus zuweisen und bleibt mir jetzt fern!“

Mit weichen Knien eilte sie in ihr Gemach, setzte sich an den Tisch und vergrub ihr Gesicht in den Handflächen. Ihr war, als befände sich die gesamte Welt im Krieg gegen sie.

Ada legte eine Hand auf Berthas Schulter und setzte sich auf die Bank neben sie. Dankbar ergriff die Königin deren warme Finger und presste sie an ihr Gesicht, als wären sie der letzte Halm, der sie vor dem reißenden Wasserfall retten konnte. Sie würde stürzen … ganz sicher. In Worms.

„Ich bin verloren“, eröffnete sie den beiden jungen Frauen, und ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen.

Tröstend umarmte Ada sie. „Noch ist nichts verloren. Vielleicht kann Anno dem König die Trennung ausreden. Und seht, kleine Fortschritte gibt es: Immerhin seid Ihr jetzt sicherer mit den Kriegern vor der Tür. Wir mussten draußen zusammen mit ihnen warten. Dieser Arend ist ein überaus schmucker Kerl. Ich könnte mich glatt in ihn verlieben“, flötete sie.

„Ada!“, empörte sich Bertha. „Er wurde von Heinrich ausgewählt! Er ist Egenos Freund, und seine Seele wird ebenso schwarz und verwerflich sein.“

Behutsam drehte Ada Berthas Kinn zu sich. „Ich glaube das nicht. Er hat etwas sehr Ehrliches im Blick. Ich fühle, dass Ihr sicher seid.“

Abwertend schnalzte Bertha mit der Zunge. „Törichtes Ding! In seine schönen Augen hast du dich verguckt und kannst nicht mehr klar urteilen.“

„Ich denke schon, dass ich das noch …“

„Schweig!“, fuhr Bertha ihr über den Mund. Ganz gewiss war dieser Sachse genauso eine Spinne wie Egeno und hatte Ada bereits mit Fäden der Verblendung umwickelt. Bertha musste auf der Hut sein. Ihre einsame Welt drohte in sich zusammenzustürzen.

* * *

Lebhaft zuckten die Flammen der Fackeln in den eisernen Haltern, zeichneten Schattenspiele auf den Holzboden und die weiß verputzten Wände.

Arends Füße schmerzten. Er war es nicht gewohnt, so lange still auf einem Fleck zu stehen. Doch er ließ sich nichts anmerken. Ihm gegenüber wachte der kraftstrotzende Kuno, unbewegt wie eine Statue, das blanke Schwert vor sich auf den Boden gestemmt und die Pranken auf dem Griff ruhend. Nein, ganz unbewegt war er nicht. Sein Mund verzog sich des Öfteren zu einem herausfordernden Grinsen.

„Da hat dich deine adlige Geburt auch nicht weitergebracht als mich“, ließ er sich nach einiger Zeit abfällig vernehmen.

Arend richtete seinen Blick auf den Boden, und sein Daumen rieb unruhig am glatten, kühlen Knauf seines Schwertes, das er wie Kuno vor sich auf den Boden gestellt hatte. Er wollte sich nicht streiten. Wie schwere Steine schluckte er seine Worte der Verteidigung herunter. Das Schlimmste war, dass Kuno recht hatte. Arend war privilegiert aufgewachsen, hatte bereits als Vierjähriger sein erstes Holzschwert bekommen und seinen ersten Fechtunterricht mit sieben Jahren. Er und seine Brüder waren unerbittlich vom Vater im Kampf unterwiesen worden. Diese Härte hatte sie zu hervorragenden Kriegern werden lassen. Alle vier Brüder hatten im vergangenen Winter zusammen mit Otto von Northeim gegen die Liutizen gekämpft. Es war ein brutaler, grimmiger Kampf gewesen, und in seinen Träumen marterten Arend bis heute die gellenden Schreie der Verwundeten und die starren Augen der Toten. Obwohl er sich an den üblichen Plünderungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen nicht beteiligt hatte, schmerzte sein Herz beim Gedanken an diese Kämpfe unendlich, denn er hatte seinen jüngsten Bruder Herwin nicht beschützen können. Seite an Seite waren sie in die Schlacht gezogen. Dann war in Arend der Kampfeszorn entbrannt, und er hatte sich wie ein wildes Tier ins Gefecht geworfen. Zahlreiche Feinde hatte er niedergemacht, und als er sich irgendwann nach Herwin umgeschaut hatte, hatte er gerade noch gesehen, wie diesem das Gesicht mit einer Axt zertrümmert worden war. Entsetzt hatte Arend aufgeschrien, sich auf die Feinde gestürzt und diese zerhackt, doch sein Bruder war tot gewesen. Das grässlich zerschlagene Gesicht verfolgte ihn des Nachts in seinen Träumen, und diese Fratze stellte immer dieselbe Frage: Warum hast du mich nicht beschützt?

Diese Schuld wütete in ihm, war ein großer Mühlstein, der um seinen Hals hing und ihn hinabzerrte in die dunklen Fluten der Scham. Er hatte Herwin nicht behüten können und das von Heinrich entführte Mädchen auch nicht. Und nun stand er vor der Tür der Königin und sollte diese bewachen. Hier durfte er nicht auch noch scheitern. Nie wieder! Seine Gedanken glitten zurück zum Kampf gegen die Liutizen. Er hatte Ruhm erlangt, weil sein Schwert die Feinde scharenweise niedergemäht hatte. Ja, er hatte großes Talent zum Kampf, aber stolz war er darauf nicht. Ein Priester hatte gemeint, es wären nur Heiden gewesen, und er hätte gut dran getan, Heiden zu töten wäre keine Sünde. Jedoch hatte Arend deutlich gefühlt, dass dem nicht so war. Jeder Kampf brannte sich in sein Hirn. Während einer Schlacht war Arend von mehreren Feinden gleichzeitig angegriffen und zu Boden gerissen worden. Da hatte sich Egeno auf die Bedränger gestürzt und Arend somit die nötige Zeit verschafft, um sich wieder aufzurappeln und aufs Pferd zu setzen. Aus dieser Situation heraus war diese seltsame Freundschaft zwischen ihnen entstanden. Irgendwie fühlte sich Arend verpflichtet, Egeno auf den rechten Weg zurückzuführen, doch gegen dessen starken Charakter kam er nicht an. Es bereitete Egeno Freude, was er tat.

Arend war ruhmreich in den Schlachten gewesen, und doch stand er nun hier in der scheinbar endlosen Nacht auf dem Gang wie ein gewöhnlicher Kriegsknecht. Und er hatte ganz gewiss nicht damit gerechnet, seinen Dienst ausgerechnet gegenüber von Kuno leisten zu müssen.

Dieser grinste immer noch gehässig. „Ich besitze so wie du ein teures Schwert, bewache sogar den König, du hingegen nur die Königin. So stehe ich eigentlich im Rang über dir, nicht wahr?“

Arend presste die Lippen zusammen. Ingrimm kribbelte in seinem Körper, wurde immer heftiger, und mit jedem Atemzug versuchte er, diesen zu unterdrücken. Er sah sich mit der Faust auf Kunos Schandmaul einschlagen.

„Hätte ich bei der Feier nicht schon so viel getrunken gehabt, hätte ich dich mit Leichtigkeit besiegt. Ganz gewiss! Wenn sich die Gelegenheit ergibt und du nicht feige bist, werde ich dich erneut herausfordern. Dann erledige ich dich, schlitze dich auf, von der Kehle bis zum Schritt.“

Nun begegnete Arend Kunos Blick doch, der so voller Hohn und verbohrter Dummheit war. Es war dem Sachsen danach, sogleich den Kampf mit dem Franken zu wiederholen.

Sie wurden abgelenkt, als sie Zeugen von Heinrichs Verlangen nach seinen Kebsweibern wurden. Eine der Frauen schrie dabei so lustvoll, dass es das gesamte Gemäuer erfüllte. Anscheinend schmerzten den König seine Prellungen nicht mehr allzu sehr.

Arend schoss die Röte in die Wangen. Dies mitanhören zu müssen, war ihm unsagbar peinlich, und er hatte Mühe, es vor Kuno zu verbergen.

Dieser kicherte dreckig. „Anregend, nicht wahr? Was mich betrifft, lege ich mich sofort zu einer Hure, wenn mein Wachdienst vorüber ist. Zu wem wirst du dich legen? Zu den Schafen?“

Arends Hand legte sich fest um den Griff. Zorn überflutete ihn, brannte heiß in ihm wie glühende Kohle. Er wünschte sich den Kampf mit diesem grässlichen Kerl, wollte ihn für diese unerhörte Beleidigung bestrafen. All seine Selbstbeherrschung musste er aufwenden, um nicht mit der Waffe auf Kuno zuzustürmen. Raserei ist dein Untergang, zügele dich!, forderte er von sich und atmete seinen Zorn durch geblähte Nasenlöcher aus. Dieser elende Franke war seines Herrn wahrlich würdig.

Vielleicht war Arends Herabwürdigung die Strafe Gottes für die vielen erschlagenen Liutizen und für seine Unachtsamkeit gegenüber seinem Bruder. Anders konnte es nicht sein: Dies war seine Buße. Er verachtete den König aus tiefstem Herzen, und bei dem Gedanken, dass er vor ihm kniend die Treue gelobt hatte, stieg Übelkeit in ihm auf. Niemals hätte er schwören dürfen!

In einem Stoßgebet bat er um innere Ruhe und Gelassenheit, versuchte, dies alles um sich herum zu ignorieren, sich in eine andere Welt zu flüchten: eine grüne Wiese und heller Sonnenschein … Es gelang ihm jedoch nicht ganz, denn seine Gedanken huschten hinter die Tür zu Bertha. Wenn sie nicht schlief, würde sie dem Treiben Heinrichs lauschen, der sie so ungeniert beleidigte.

Endlich wurde es ruhig in des Königs Gemach. Arend atmete auf, doch noch immer waren seine Gedanken bei Bertha. Es waren auch wehmütige Gedanken, denn ihr Blick war voller Verachtung für ihn gewesen, und das schmerzte ihn unendlich. Sie zweifelte an seiner Loyalität, hielt ihn für einen eben solchen Halunken wie Egeno. Er musste ihr beweisen, dass er und sein Freund Folkmar, den er mit an den Hof gebracht hatte, vertrauenswürdig waren.

Folkmar war von niederem Adel, und sein Vater besaß als Lehen eine hölzerne Motte an einer Furt. Sie waren zusammen von Arends Vater ausgebildet worden. Arend bewunderte Folkmars Besonnenheit, Beherrschtheit und seine unumstößliche Gottesfürchtigkeit. Er war oft wie ein Fels in der sturmumtosten Brandung. Jemand wie Kuno würde es niemals schaffen, ihn aus der Reserve zu locken. Arend hingegen befürchtete, dass der hässliche Franke ihn eines Tages so sehr provozieren könnte, dass seine Wut über seinen Verstand siegte.

Auf jeden Fall hatte er das Gefühl, dass dies die längste Nacht seines Lebens war, und des Öfteren hatte er Mühe, die Augen offen zu halten. Manchmal wurden seine Hände, die das Schwert hielten, schlaff, und es drohte, scheppernd auf den Boden zu stürzen. Aber er fing es jedes Mal wieder auf und war danach vor Schreck hellwach. Kuno ließ es sich natürlich nicht nehmen, seine Schwäche höhnisch zu kommentieren.

Als endlich Folkmar und der ergraute Benno als Ablösung kamen, war Arend heilfroh. Müde begab er sich in seine Unterkunft, legte Waffengürtel, Kettenhemd und Gambeson ab und ließ sich ausgestreckt auf sein Lager fallen. Es war kalt hier drinnen, so zog er die Decke über sich und wickelte sich darin ein. Schlafen konnte er jedoch nicht sofort, stattdessen dachte er an Heinrich, den gehässigen Kuno und an die junge Königin. Mehrmals warf er sich auf der raschelnden Strohmatratze hin und her, bevor es ihn hinab ins Reich der Träume zog.

„Herr, aufstehen! Du musst gleich Folkmar ablösen. Auf dem Hof der Pfalz findet auch gerade der Wachwechsel statt!“, hörte Arend seinen Knecht wie aus weiter Ferne. „Herr, aufstehen!“ Die Stimme wurde eindringlicher.

Mürrisch öffnete Arend die Augen. Wärmende Flammen knisterten in einer kleinen Feuerstelle. Weit darüber war eine Tierhaut gespannt, die den Funkenflug verhinderte. Der Qualm zog an der Haut entlang durch das reetgedeckte Dach ab. Über den Flammen hing an einem höhenverstellbaren Haken ein Kessel mit dampfendem Wasser, ein anderer kleiner Kessel befand sich neben der Feuerstelle, daraus entströmte der Duft von Hirsebrei.

Herzhaft gähnte Arend und streckte sich. Vor ihm stand sein junger Knecht Erkmar. Er war klein und kräftig, und die honigblonden kurzen Haare standen ihm struppig vom Haupte ab. Erkmar wusste selbst nicht, wie alt er war, aber Arend schätzte ihn auf dreizehn Jahre. Sommersprossen übersäten sein Gesicht und tummelten sich auch auf der kleinen krummen Nase.

„Der Brei ist fertig, und warmes Wasser zum Waschen hast du auch, Herr“, verkündete der Knecht stolz.

Müde rieb sich Arend die Augen. „Du bist ein guter, fleißiger Junge“, lobte er.

Erkmars breites, glückliches Grinsen zog sich von einem Ohr bis zum anderen.

Arend setzte sich an den wackeligen Tisch und stopfte sich lustlos den ungesüßten Brei hinein. Danach wusch er sich und wechselte seine Wolltunika, damit Erkmar die getragene auslüften konnte. Er legte Gambeson und Kettenhemd an und eilte ins Königshaus. Dort stand Folkmar vor der Tür der Königin und empfing seinen Freund mit einem Lächeln. Forschend wanderte Arends Blick über Folkmars Gesicht, suchte nach Spuren von Müdigkeit oder Anstrengung, doch es wirkte erstaunlich frisch.

Folkmar nickte Benno, der ihm gegenüberstand, zum Abschied zu und meinte fast freundschaftlich: „Bis später!“ Dann wandte er sich an ihn und raunte: „War gar nicht schlimm, die Zeit ist geradezu verflogen. Benno und ich haben uns gut unterhalten – natürlich nur flüsternd, um niemanden zu wecken. Feiner Kerl!“

Arend war zerknirscht, dass ausgerechnet er seinen Wachdienst zur selben Zeit wie Kuno verrichten musste, allerdings fand er diesen grauhaarigen Mittdreißiger hier auch nicht besonders sympathisch. Er nahm Folkmars Platz ein, stellte das blanke Schwert vor sich auf den Boden und wartete darauf, dass Benno das Wort ergriff, doch dieser schwieg eisern. Dennoch war er angenehmere Gesellschaft als Kuno, der bald hier auftauchen musste.

Schritte näherten sich ihnen, und eine ältere, rundlichere Dienerin rauschte heran. Sie blieb direkt vor Arend stehen und musterte ihn dreist. „Ich bin Tilda. Ich war die Amme der Königin und habe ihre Erlaubnis, sie sowohl am Tage als auch in der Nacht aufzusuchen. Dies war schon immer so, und du wirst mich nicht daran hindern, verstanden?“ Sie wandte sich an Benno. „Ist er nicht derjenige, der Kuno auf Heinrichs Fest besiegt hat?“

Ein mürrisches Nicken Bennos war die Antwort.

„Also ein guter Kämpfer.“ Ihr Blick flog wohlwollend über Arend hinweg, dann legte sich ein strenger, unerbittlicher Zug um ihren Mund: „Beschütze mir meine Bertha gut, sonst lernst du mich kennen!“

Arends Augen wurden schmal. Er war es nicht gewohnt, dass eine Magd derart gebieterisch mit ihm sprach.

Benno grinste schief. „Das ist unsere Tilda. Sie genießt gewisse Privilegien und Freiheiten, nicht wahr?“

Selbstbewusst nickte die Angesprochene Benno zu. „Du sagst es!“ Dann schnellte ihr Haupt zu Arend herum. „So, du Riese, und jetzt mach mir Platz, damit ich zu meiner Königin kann! Ich möchte sie zur Frühmesse herrichten.“

Ein wenig widerwillig trat Arend mit einem strafenden Blick beiseite, und Tilda schneite ins noch verdunkelte Gemach.

Bald darauf erschienen zwei weitere Dienerinnen, eine dünne mit langer Nase und die feurige Ada, deren rotes Haar unter dem Kopftuch hervorschaute. Sie warf Arend im Vorbeigehen einen kecken Blick zu.

Rasch sah er weg, hoffte, dass sie ihn nicht als denjenigen erkannte, der ihr die Warnung für die Königin gegeben hatte. Doch diesen Eindruck machte sie glücklicherweise nicht. Wenn seine Tat herauskäme, würde Heinrich ihn sicherlich sogleich meucheln lassen.

Als sie im Gemach verschwunden waren, wurde dort bald darauf lautstark geplappert. Angestrengt lauschte Arend und hatte das Gefühl, dass seine Wangen glühten. Ada schwärmte kichernd von ihm und wurde sogleich von Bertha getadelt, leiser zu sprechen, da er – der Hund – doch bestimmt horchte. Obwohl sie ihn nicht sehen konnten, fühlte er sich ertappt und schämte sich. Und doch konnte er es nicht lassen, weiterhin zuzuhören.

Diener kamen nun auch zum König, um ihm beim Ankleiden zu helfen. Bald darauf trat Heinrich heraus, mit goldverbrämter Tunika, einem indigoblauen Wollmantel mit großer edelsteinbesetzter Schließe, blauen Beinlingen und dunkelbraunen mit Gold beschlagenen Schuhen. Um seine Taille hatte er einen kostbaren Gürtel gelegt.

Tief verneigte sich Arend vor ihm, mochte nicht aufschauen. Dieser junge König war ihm zuwider.

„Arend von Hadenstein“, sagte Heinrich kalt lächelnd zur Begrüßung. „Die Königin hat einen sehr edlen Bewacher, da hat sie keinen Grund zu meckern. Und? Musstest du Bertha schon vor Unholden bewahren?“, spottete er.

Hier ist nur ein Unhold, schoss es Arend durch den Kopf. Er musste sich räuspern, bevor er antworten konnte: „Es gab keinen, Majestät.“

„Den wird es auch nicht geben! Die Königin hat Angst vor Spukgestalten!“, sagte er verächtlich, bevor er sich entfernte, gefolgt vom Türwächter Benno.

In Berthas Gemach wurde erneut getuschelt, dann kamen die Dienerinnen heraus und warteten in einigem Abstand zu Arend.

Die Königin erschien – schön wie der Morgentau. Der hellblaue Seidenschleier umrahmte ihr Gesicht, und das Kleid aus rotem Scharlach fiel in sanfte Falten. Der blaue Mantel war mit verspielten goldglänzenden Borten versehen und wurde von einer prächtigen Fibel gehalten. Sie ignorierte Arend, der sich vor ihr verneigte, und entfernte sich mit raschen Schritten. Er steckte sein Schwert in die Scheide und folgte ihr.

Energisch wandte sie sich halb zu ihm um. „Nein! Du kommst nicht mit zur Frühmesse! Des Nachts kannst du vor meiner Tür stehen, aber am Tage folgst du mir in der Pfalz nicht einen einzigen Schritt! Halte dich von mir fern! Hast du verstanden?“

Verblüfft blieb Arend stehen. „Herrin …“, begann er.

„Nein!“, fiel sie ihm schneidend ins Wort. „Du bist Heinrichs Wahl gewesen, nicht die meinige! Und nun geh und schicke Nachrichten an Egeno oder was auch immer du sonst tust.“ Sie eilte davon und ließ ihn allein im Gang zurück.

Arend blähte die Wangen und pustete seine Stirnhaare empor. Wellen der Schmach und des Wehmutes brachen über ihm zusammen, zogen ihn hinab auf den Grund eines schwarzen Meeres. Ja, es musste eine Art von Buße sein, dass er an diese Pfalz gerufen worden war.

Er ging in das winzige Haus zurück und befreite sich von seiner Ausrüstung. Folkmar schlief bereits, und dessen junger Knecht Samson und auch Erkmar kümmerten sich möglichst leise um Waffen und Kleidung. Die Eltern hatten bei Samsons Namenswahl sicherlich gehofft, dass er zu einem starken stattlichen Hünen heranwachsen würde, gleichwohl war ihrem Wunsch nicht entsprochen worden. Mit seinen zahlreichen Pickeln glich sein Gesicht einem Brombeerkuchen, dazu war er klein und schmächtig, doch sein blondes Haar schimmerte seidig, und wenn er lächelte, was er ziemlich oft tat, kamen auffallend schöne Zähne zum Vorschein.

Arend sah sich mürrisch um, wusste nicht so recht, was er tun sollte. So nahm er Schwert und Schleifstein, trat ins Freie und setzte sich vor der Hütte auf eine Bank, die von dem überstehenden Dach geschützt wurde. Lustlos schärfte er seine Waffe und entfernte eine rostige Stelle. Der Rost war eine beständige Plage, der lästigste Kampf eines Kriegers.

Wenn er nur seinen Unmut wie den Rost entfernen könnte! War nicht sein Dienst hier am Königshof bereits Verrat an seinem Volk?

Nachdem der Gottesdienst vorüber war und Arend dem geschäftigen Treiben in der Pfalz zugeschaut hatte, begannen den Geräuschen zufolge in seiner Nähe Kampfübungen. Er umrundete das Haus und beobachtete die Krieger beim Waffenschwingen. Das war genau das, wonach es ihn jetzt verlangte. Ärger und Wut hatten sich in ihm aufgestaut, und so eilte er in seine Behausung, legte Gambeson, gepolsterte Bundhaube, Kettenhemd, Kettenhaube, Nasalhelm und Handschuhe an, ergriff sein Übungsschwert und den großen Infanterieschild und begab sich zu den Kämpfenden.

Als ein großer, narbiger Franke ihn entdeckte, hielt dieser mit dem Stechen inne und schaute ihn angriffslustig an. „Was willst du hier, verdammter Sachse?“, schmetterte er.

„Auf einem Kampfplatz? Kämpfen, denke ich“, entgegnete Arend flapsig.

Der Narbige spuckte in den Sand und lächelte gehässig. „Nun, das kannst du mit mir. Ich liebe es, dämlichen Sachsen den Arsch zu versohlen.“

Die anderen Männer stellten ihre Übungen ein und lachten hämisch.

„Los, komm schon!“ Der Narbige verspottete ihn mit Kussmund und weibischem Zwinkern.

Das ließ sich Arend nicht zweimal sagen! Er stürzte auf den Franken zu, und sein Schwert donnerte auf dessen Helm, da sein Gegner es nicht mehr rechtzeitig schaffte, den Schild zu heben.

Dann machte Arend einen Ausfallschritt, kam seitlich des Gegners und stach hart am Schild vorbei, traf dessen Kettenhemd. Der Narbige keuchte und krümmte sich vor Schmerz. Arend spielte seine große Reichweite aus und schlug behände mit der stumpfen Waffe, erwischte ihn nochmals.

Das Schwert des Franken schnellte auf Arend zu, traf nur dessen Schild. Hah! Der Franke hatte ihm nicht das Geringste entgegenzusetzen. Ein weiterer Schlag des Gegners ging ins Leere. Doch Arend wollte ihn am Boden sehen, ihn für sein hämisches Grinsen bestrafen! Zorn brach in ihm hervor, überkam ihn wie eine heiße Flut. Er rammte ihn mit der vollen Wucht seines Körpers, und der Franke taumelte. Nochmals stieß Arend gegen ihn, und schon stürzte der Narbige, vollkommen überrascht und wehrlos wie eine Schnecke, der man das Haus fortgerissen hatte. Zufrieden lächelnd trat Arend das Schwert des Franken beiseite. Dieser Kampf hatte ihm noch nicht einmal sonderlich viel Mühe bereitet.

Um ihn herum hatte sich ein Kreis von Männern gebildet, die den Sachsen verblüfft und argwöhnisch musterten. Auch Kuno war unter ihnen. Mürrisch verkniffen war sein Mund, und seine Augen waren zu Schlitzen zusammengezogen. Arend grinste, denn Kuno hatte nun wohl erkannt, dass es nicht dem Alkohol an jenem Abend in der Pfalz zuzuschreiben gewesen war, dass er von ihm besiegt worden war. Arend würde sich vor ihm in Acht nehmen, denn Kuno hatte ein finsteres Herz.

Königin im Schatten Gesamtausgabe

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