Читать книгу Neukirchener Bibel - Das Alte Testament - Irmgard Weth - Страница 27
Abimelech
ОглавлениеGenesis 20
Danach machte sich Abraham auf
und zog weiter nach Süden
bis ins Nachbarland Gerar.
Dort regierte ein heidnischer König,
Abimelech mit Namen.
Als dieser erfuhr,
dass ein Fremder in seiner Stadt war,
schickte er Boten zu Abraham
und ließ Sara an seinen Hof holen.
Denn Abraham hatte verkündet:
Sie ist meine Schwester.20,1f
Aber in der Nacht hatte der König
einen schlimmen Traum.
Ihm träumte, Gott stünde vor ihm
und klagte ihn an:
„Abimelech, du musst sterben.
Denn du hast dir die Frau genommen,
die einem anderen gehört.“
Aber Abimelech hatte Sara
noch nicht berührt.20,3f
„Ach Herr!“,
erwiderte der König erschrocken.
„Willst du mein Volk so hart bestrafen,
obwohl es doch unschuldig ist?
Als ich die Frau zu mir nahm,
dachte ich mir nichts Böses dabei.
Ich wusste ja nicht,
dass sie Abrahams Frau ist.
Hat er nicht gesagt,
sie ist seine Schwester?
Und hat sie nicht selbst gesagt,
er sei ihr Bruder?
Ich hab es ohne böse Absicht getan.“20,4f
„Ich weiß wohl“, sprach Gott,
„du hast es ehrlich gemeint.
Darum habe ich dich davor bewahrt,
dass du dich an ihr vergehst
und eine schwere Schuld auf dich lädst.
So gib Abraham seine Frau wieder.
Denn dieser Mann ist ein Prophet.
Sag ihm, er soll für dich beten,
damit du am Leben bleibst.“20,6f
Da stand der König
am nächsten Morgen früh auf
und beriet sich mit seinen Vertrauten.
Diese hörten erschrocken,
was der König geträumt hatte.
Der König aber ließ Abraham holen
und stellte ihn vor allen zur Rede:
„Warum hast du mir das angetan?
Was habe ich dir denn getan,
dass du solch schwere Schuld
über uns bringen wolltest.“20,8ff
„Ich dachte mir“, stammelte Abraham,
„in diesem Land glaubt niemand an Gott.
Niemand fürchtet ihn
und hält sich an sein Gebot.
Darum glaubte ich:
Sie werden mich töten,
wenn sie meine Frau sehen.
So gab ich vor,
sie sei meine Schwester.
Ja, sie ist auch meine Halbschwester.
Denn wir haben beide denselben Vater.“20,11ff
Darauf gab der König Sara
wieder an Abraham zurück
und bot ihm an:
„Mein ganzes Land steht dir offen.
Du kannst bei uns wohnen,
wo immer es dir gefällt.“
Und zu Sara sprach er:
„Ich habe deinem Mann
1000 Silbermünzen gegeben.
Sie sind ein Geschenk an dich,
damit deine Ehre wieder
hergestellt wird.“20,14ff
So ließ König Abimelech
die beiden in Frieden ziehen,
sodass niemand wagte,
ihnen ein Leid zuzufügen.
Abraham aber betete für den König.
Und Gott segnete ihn
und schenkte ihm Kinder,
die ihm zuvor verwehrt waren.20,17f
Unmittelbar vor der Geburt des verheißenen Sohnes wird Gottes Verheißung noch einmal ernsthaft infrage gestellt. Dadurch erhöht sich die Spannung zwischen der Ankündigung des Sohnes (18,10) und ihrer Erfüllung nach vielen Jahren vergeblichen Wartens (21,1ff). Es ist zwar nur schwer vorstellbar, dass Sara im Alter von 90 Jahren noch Gefallen bei Abimelech findet. Aber das Gewicht liegt in dieser Erzählung vor allem auf der Gegenüberstellung von Abraham und Abimelech:
• Abraham, der Vater des verheißenen Sohnes, gefährdet gleichsam in letzter Minute die Erfüllung der Verheißung, indem er sich und seine Frau durch eine Halbwahrheit zu retten sucht. Dadurch macht er sich nicht nur an seiner Frau schuldig, sondern auch an Abimelech, dem er unterstellt, keine „Gottesfurcht“ zu haben, d.h. Gottes Gebot nicht zu achten und sie als rechtlose Fremde zu behandeln. Aber Abraham wird durch das noble Verhalten dieses heidnischen Königs widerlegt und beschämt.
• Abimelech, der im folgenden Kapitel (21,32) als König der Philister bezeichnet wird, gilt als Repräsentant jenes Volkes, das Israel von jeher als seinen Erzfeind betrachtet hat. Aber hier wird der Philisterkönig in seiner Großmut und Gottesfurcht Abraham, dem Erzvater Israels, in seinem Kleinmut und seiner schuldhaften Verfehlung gegenübergestellt.
Dass Gott dennoch zu Abraham steht, dass dieser trotz seiner Schuld seinen prophetischen Auftrag wahrnehmen und in Fürbitte für den heidnischen König und seine Familie eintreten darf, verdankt er allein Gottes Gnade.
Diese Geschichte ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sich Israel später selbstkritisch mit der eigenen Geschichte als Volk Gottes inmitten anderer Völker auseinandergesetzt hat.