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Kapitel 7 – ERIN –
ОглавлениеSie liefen die Hauptstraße Denebolas entlang. Erin war begeistert von dem bunten Treiben. Große, reich verzierte Fachwerkhäuser reihten sich zu beiden Straßenseiten auf, die Fenster hell erleuchtet, die Schornsteine qualmend. Überall gab es hübsche Erker oder Türmchen sowie hölzerne Balkone, die Geländer aufwendig geschnitzt und bunt bemalt. Hier und da waren Wäscheleinen zwischen den Häusern gespannt, behangen mit Kleidung in Grün- und Brauntönen.
Es war schon spät am Abend, doch noch immer war eine Art Markt im Gange. Die Stände waren, wie so ziemlich alles hier, aus Holz und schienen von den Verkäufern teils selbst zusammengezimmert worden zu sein. Manche hatten dabei mehr, andere weniger Geschick bewiesen. Wieder andere boten ihre Waren einfach auf bestickten Decken feil. Dort gab es wuchtige, goldene, mit Edelsteinen besetzte Schmuckstücke. In Laguna Mar würde man so etwas höchstens auf einer AR-Kostümparty tragen, wenn überhaupt.
An einem anderen Stand wurden Früchte und Kräuter in Gläsern verkauft. Die wenigsten davon kamen ihr auch nur annähernd bekannt vor.
Beleuchtet wurde das Geschehen von zahlreichen Fackeln sowie einigen offenen Feuern. Mitten auf der Straße wurden Fleisch und Gemüse auf über den Flammen hängenden Gitterrosten gegart. Fremdartige Gerüche lagen in der Luft und sie hätte gerne einmal von diesen Speisen probiert, doch sie wollte nicht auffallen und das wäre sicher passiert, hätte sie bei einem der Verkäufer etwas bestellt.
Es gab noch ein anderes Problem: Sie hatte überhaupt kein agambeanisches Geld. Hier bezahlte man noch mit vielen schweren, goldenen Münzen, die man in einem Lederbeutel mit sich herumtrug. Auch Tauschhandel schien nicht unüblich zu sein. Die Chipkarte in ihrem Handgelenk, die sie in Laguna Mar für sämtliche Zahlungen verwendete, hier nützte sie ihr gar nichts.
Als Erin ein ganzes, noch recht gut als solches erkennbares Schwein an einem Spieß entdeckte, wurde ihr mit Schrecken klar, dass man hier echte Tiere aß. Im nächsten Moment tadelte sie sich für ihre Unwissenheit. So etwas wie die maranischen Prod-Inseln, auf denen künstliches Fleisch im Labor gezüchtet wurde, gab es hier natürlich nicht. Sie wandte ihren Blick von dem Tier ab und ging weiter.
Fasziniert blieb sie vor einem Stand stehen, an dem verschiedenfarbige Kristalle verkauft wurden, einige davon gleich mit den Steinen, auf denen sie gewachsen waren.
Erin hätte sich gerne weiter umgesehen, doch Ilya bedeutete ihr, in eine Seitengasse einzubiegen. Vor einer niedrigen Holztür blieb er stehen und klopfte an. Er wartete, dann klopfte er noch mal. Niemand öffnete.
»Wie unpässlich. Die Besitzer scheinen nicht da zu sein.« Er trat ein paar Schritte zurück, hob einen Kieselstein vom Boden auf und schmiss ihn an eine Fensterscheibe ganz oben in einer Dachgaube. Erin bewunderte seine Treffsicherheit.
Kurz darauf öffnete sich das Fenster und Balduins rot umrahmter Kopf erschien. »Schon gut, schon gut! Ich komme runter und mache euch auf!«
Woher hatte Ilya gewusst, wo Balduins Zimmer war? Erin stellte sich gerade so einige Fragen. Derweil führte Balduin sie zunächst durch einen niedrigen Flur und dann eine schmale Treppe hinauf in eine der Dachkammern.
Es war ein winziger Raum, alle Wände mit Holzpaneelen verkleidet und in der Dachgaube vor dem Fenster stand ein hölzernes Einzelbett.
»Tut mir leid«, sagte Balduin zu Ilya, »aber dein übliches Zimmer ist leider schon belegt, so wie alle anderen auch. Wir könnten es noch bei Granulins versuchen.«
Ilya schüttelte den Kopf. »Zu gefährlich mit einer Maranerin. Für diese Nacht müssen wir uns wohl hiermit zufriedengeben.«
Balduin und Ilya boten Erin das Bett an und schliefen selbst auf dem Teppich davor. Sie war natürlich dankbar für diese Großzügigkeit, aber gleichzeitig auch ein bisschen schockiert, wie ungemütlich und beengt dieser kleine Kasten doch war.
Kaum, dass sie die Augen zugemacht hatte, wurde ihr jedoch schlagartig bewusst, wie unglaublich müde sie war. Heute, früh am Morgen, war sie in Antibique aufgebrochen. Das alles kam ihr schon so unfassbar fern vor. So viel war in der Zwischenzeit passiert!