Читать книгу Das Mondtal - Jack London, Jack London - Страница 16
XIII
Оглавление»Unser Vieh war ganz abgetrieben«, sagte Saxon, »und der Winter war so nah, dass wir nicht den Versuch wagten, durch die große amerikanische Wüste zu gehen; unsere Karawane blieb deshalb den Winter über in Salt Lake City. Die Mormonen waren damals noch vernünftig und behandelten uns gut.«
»Du redest, als wärest du selbst mit dabei gewesen«, meinte Bert.
»Meine Mutter war mit dabei«, sagte Saxon stolz. »Sie war damals acht Jahre alt.«
Sie saßen am Küchentisch in dem kleinen Haus in der Pine Street bei einem aus Butterbrot, Tamalen und Bier bestehenden kalten Lunch. Es war Sonntag, so dass sie alle vier ihren freien Tag hatten, und sie waren früh gekommen, um Fenster zu putzen, Wände zu waschen, Fußböden zu scheuern, Teppiche und Linoleum zu legen, Gardinen aufzuhängen, den Herd zu montieren, Küchengeräte und Teller zu ordnen und die Möbel aufzustellen.
»Erzähl nur weiter, Saxon«, bat Mary. »Ich bin ganz versessen darauf, mehr zu hören. Und Bert, du wirst gefälligst stillsitzen und zuhören.«
»Schön. Es war im Winter, als Del Hancock auftauchte. Er war in Kentucky geboren, lebte aber seit vielen Jahren im Westen. Sein Weg führte ihn durch Salt Lake City – er sollte irgendwohin und einige Rocky-Mountain-Fänger zusammenbringen, mit denen er an einem neuen Ort, den er kannte, Biber jagen wollte. Er war ein schöner Mann. Er trug langes Haar, wie man es auf Bildern sieht, und eine seidene Schärpe um den Leib – das hatte er von den Spaniern in Kalifornien gelernt – sowie zwei Revolver im Gürtel. Er gehörte zu den Männern, in die sich alle Frauen auf den ersten Blick verlieben. Nun, er sah Sadie, die älteste Schwester meiner Mutter, und sie gefiel ihm wohl, denn er blieb in Salt Lake City. Er war der Schrecken der Indianer, und ich erinnere mich von klein auf, wie Tante Villa sagte, dass er die schwärzesten, funkelndsten Augen hatte, und dass sein Blick an den eines Adlers erinnerte. Er fürchtete sich vor nichts.
Sadie war eine Schönheit. Sie flirtete mit ihm und machte ihn ganz verrückt. Eines Abends kam er angeritten. ›Sadie‹, sagte er, ›wenn du mir nicht versprichst, mich morgen zu heiraten, schieße ich mich noch heute abend hier hinter der Wagenburg tot.‹ Und er hätte es auch getan, und Sadie wusste das und sagte ja. War nicht Schwung in der Liebe jener Tage?«
»Ach, ich weiß nicht recht«, sagte Mary verächtlich. »Eine Woche, nachdem du Billy das erste Mal gesehen hast, wart ihr verlobt. Sagte Billy, dass er sich hinter der Plätterei erschießen wollte, wenn du ihm einen Korb gäbst?«
»Ich gab ihm keine Gelegenheit dazu«, gestand Saxon. »Aber Del Hancock und Tante Sadie heirateten am selben Tage. Und sie waren sehr glücklich. Aber dann starb sie. Und viele Jahre später wurde er von den Indianern getötet. Er war damals ein alter Mann, aber ich glaube schon, dass er eine ganze Anzahl Indianer tötete, ehe sie ihn abtaten. Männer seines Schlages sterben immer kämpfend und nehmen die mit, die sie töten. So ging es auch mit Al Stanley, den ich kannte, als ich klein war. Er wurde am Tische sitzend von einem Eisenarbeiter in den Rücken geschossen. Und der Schuß tötete ihn. Er starb im Laufe von wenigen Sekunden. Aber ehe er starb, zog er noch den Revolver und schoss drei Kugeln ab auf den Mann, der ihn tötete.«
»Ich kann keinen Kampf leiden«, protestierte Mary. »Das macht mich nervös – Bert sucht immer Krakeel – es hat keinen Sinn.«
»Ich gebe keinen sauren Hering für einen Mann, der nicht den Mut hat, zu kämpfen«, antwortete Saxon. »Wir würden heute nicht hier sitzen, wenn unsere Väter nicht zu kämpfen verstanden hätten.«
»Du hast ja auch einen Mann bekommen, der zu kämpfen versteht«, versicherte Bert. »Unverfälscht durch und durch. Billy ist ein Mohikaner, dem die Skalpe vom Gürtel herabhängen. Und wenn sein Gesicht mürrisch wird, ist es ratsam, sich schleunigst zu verziehen, sonst fällt der Hammer – bums!«
»Eben«, bekräftigte Mary.
Billy, der sich nicht an der Unterhaltung beteiligt hatte, stand plötzlich auf und guckte in die Schlafkammer neben der Wohnstube; dann kam er wieder, blieb mit zusammengezogenen Brauen stehen und starrte in die Schlafkammer neben der Küche.
»Was hast du, Alter?« fragte Bert. »Du siehst aus, als seien dir alle Felle weggeschwommen. Was ist los mit dir? Heraus damit!«
»Donnerwetter, ich denke daran, wo das Bett und alles andere für die hintere Schlafkammer ist.«
»Das ist nicht da«, erklärte Saxon. »Wir haben noch nichts bestellt.«
»Dann muss ich morgen dafür sorgen.«
»Wir brauchen das Zimmer nicht«, sagte Saxon zu Billy. »Und ich habe keine Möbel dafür berechnet. Das Geld ist draufgegangen, um bessere Teppiche und einen besseren Herd zu kaufen.«
Billy, der zu ihr getreten war, hob sie vom Stuhl auf und setzte sie auf seinen Schoß.
»Das ist sehr recht, mein Mädelchen. Ich freue mich darüber. Immer das Beste für uns. Und morgen abend gehst du mit mir zu Salinger und suchst ein Bett und einen Teppich aus und was sonst noch dazu gehört. Aber gut muss es sein. Keine Knickerei.«
»Das kostet fünfzig Dollar«, wandte sie ein.
»Schön«, nickte er. »Laß es fünfzig Dollar kosten und nicht einen Cent weniger. Das Beste ist nicht gut genug. Und was haben wir von einem leeren Zimmer? Das verschandelt uns das Haus. Sieh, von dem Augenblick an, als ich die Miete bezahlte und den Schlüssel in die Tür steckte, habe ich dieses Nestchen wachsen und warm und behaglich werden sehen. Aber wenn dies Zimmer hier leer und ohne Teppich dasteht, werde ich den ganzen Tag nichts als den bloßen Fußboden sehen. Ich würde mich betrogen fühlen. Das Haus würde eine Lüge sein. Sieh nur die Gardinen, die du drinnen aufgehängt hast, Saxon, damit die Nachbarn glauben, dass es möbliert sei. Saxon, die Gardinen lügen. Das schickt sich nicht für uns.«
»Ihr könnt es ja vermieten«, schlug Bert vor. »Ihr wohnt dicht an der Bahn, und zwei Straßen von hier ist eine Wirtschaft.«
»Nicht um alles in der Welt. Ich heirate Saxon nicht, um Zimmerherren zu bekommen. Wenn ich nicht für sie sorgen kann – weißt du, was ich dann tue? Auf die Mole gehen und sagen: ›An dem geht nichts verloren!‹ und mich mit einem Stein um den Hals ins Wasser plumpsen lassen. Hab ich nicht recht, Saxon?«
Es widersprach ihrer Vorsicht und ihrem gesunden Menschenverstand, aber es gefiel ihrem Stolz. Sie schlang die Arme um den Hals ihres Liebsten und sagte, ehe sie ihn küsste:
»Du hast zu bestimmen, Billy. Was du sagst, soll gelten, heut und immer.«