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Zweites Buch XVI

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Am ersten Abend nach der Hochzeitsnacht traf Saxon Billy in der Tür, als er gerade hereinwollte. Als sie sich umarmt hatten, wanderten sie Hand in Hand durch die Stube und in die Küche, und hier sog Billy mit hörbarem Wohlbehagen die Luft durch die Nase ein.

»Herrgott, wie gut dieses Haus riecht, Saxon! Es ist nicht der Kaffee – den rieche ich auch! Es ist das ganze Haus. Es riecht wie, nun ja, es riecht gut, soviel weiß ich.«

Er wusch sich am Ausguss, und unterdessen setzte sie die Bratpfanne auf das vorderste Herdloch. Während er sich die Hände trocknete, wichen seine Augen nicht von ihr, und er gab laut seinen Beifall zu erkennen, als sie das Fleisch auf die Bratpfanne legte.

»Wo hast du gelernt, Beefsteak auf einer trockenen, heißen Pfanne zu braten? Das ist die einzig richtige Art, aber es gibt verflucht wenig Frauen, die sie kennen.«

Als sie den Deckel von einem Topf nahm und begann, den duftenden Inhalt mit einem Küchenmesser umzurühren, stellte er sich hinter sie, legte ihr die Arme in die Achselhöhlen, so dass seine Hände auf ihrer Brust ruhten, und beugte den Kopf über ihre Schulter, bis seine Wange die ihre berührte.

»Oh – um-um-m-m! Bratkartoffeln mit Zwiebeln, wie Mutter sie zu machen pflegte. Das ist etwas für mich. Das riecht gut. Um-um-m-m-m!«

Seine Hände ließen sie los, und seine Wange glitt liebkosend an der ihren herab; dann umschlossen seine Hände sie wieder. Sie fühlte seine Lippen auf ihrem Haar und hörte ihn tief und zufrieden atmen.

»Um-um-m-m-m! Und du riechst auch gut. Ich habe nie verstanden, was man meinte, wenn man sagte, ein Mädchen sei süß. Aber jetzt weiß ich es. Und du bist die süßeste, die ich je gekannt habe.«

Seine Freude war grenzenlos. Als er sich im Schlafzimmer gekämmt hatte und sich ihr gegenüber an den Tisch setzte, hielt er inne, Messer und Gabel in der Hand.

»Weißt du, verheiratet sein ist wahrhaftig nicht wenig mehr, als man glauben sollte, wenn man verheiratete Leute reden hört. Weiß Gott, Saxon, wir können ihnen etwas zeigen, wir beide! Nur eines ärgert mich.«

Die Furcht, die sich sofort in ihren Augen zeigte, ließ ihn vor Lachen glucksen.

»Und das ist, dass wir uns mit dem Heiraten nicht mehr beeilt haben. Eine ganze Woche habe ich verloren.«

Ihre Augen strahlten vor Dankbarkeit und Glück, und in der Tiefe ihres Herzens gelobte sie sich feierlich, dass es, solange sie lebten, nie anders werden sollte.

Als sie gegessen hatten, räumte sie ab und begann, die Teller aufzuwaschen. Als er Miene machte, sie zu trocknen, fasste sie ihn am Rockaufschlag und stieß ihn rückwärts in einen Stuhl.

»Jetzt rate ich dir, hübsch sitzenzubleiben – und vergiss nicht, was ich sage. Jetzt nimmst du dir eine Zigarette – nein, du sollst mich nicht ansehen. Neben dir liegt die Morgenzeitung. Und wenn du dich nicht ein bisschen beeilst und sie liest, dann bin ich mit den Tellern fertig, ehe du angefangen hast.«

Ein paar Minuten vergingen, dann legte Billy die Zeitung mit einem Seufzer hin.

»Es hat keinen Zweck«, klagte er. »Ich kann nicht lesen.«

»Was ist los?« neckte sie ihn. »Sind deine Augen schlecht?«

»Ja«, antwortete er. »Sie tun weh. Und nur eines kann helfen, nämlich, dass ich dich ansehe.«

»Ja – ja, armer kleiner Billy; ich bin gleich fertig.«

Die salzige Kühle in der Luft, die nach Sonnenuntergang der Segen aller Hafenstädte ist, drang zu ihnen herein. Vom Bahnhof her konnten sie das Schnaufen der Rangiermaschinen und das Poltern der Lokalbahn hören, wenn sie langsam von der Mole nach dem West-Oaklander Bahnhof fuhr. Von der Straße hörte man den Lärm von Kindern, die im Sommerabend spielten, und von den Treppen der Nachbarhäuser die leise Unterhaltung der Hausfrauen.

»Weißt du«, sagte Billy, »jedes Mal, wenn ich an mein möbliertes Zimmer zu sechs Dollar denke, werde ich krank vor Ärger, weil ich mir so vieles habe entgehen lassen. Aber eines tröstet mich. Wenn ich die Veränderung früher vorgenommen hätte, würde ich dich jetzt nicht haben. Vor ein paar Wochen wusste ich ja noch nicht einmal etwas von deiner Existenz.«

Seine Hand glitt über ihren Unterarm und in den Ärmel am Ellbogen.

»Deine Haut ist so kühl. Nicht kalt, aber kühl. Sie fühlt sich so gut an.«

»Es dauert wohl nicht lange, dann nennst du mich deinen kleinen Kühlapparat«, lachte sie.

»Und deine Stimme ist kühl«, beharrte er. »Sie gibt mir genau dasselbe Gefühl wie deine Hand, wenn du sie auf meine Stirn legst. Es ist etwas Merkwürdiges, und ich kann es nicht erklären, aber deine Stimme geht gleichsam durch mich hindurch, kühl und fein. Sie ist wie eine schwache Brise. Wie die erste Brise vom Meer, wenn sie abends nach einem brennendheißen Tage durch die Stadt streicht. Und zuweilen, wenn du leise sprichst, klingt es so rund und schön wie das Cello im Macdonough-Theater. Ich denke mir, dass die Engel im Himmel, wenn es welche gibt, solche Stimmen haben müssen.«

Ein paar Minuten vergingen, in denen sie sich so unsagbar glücklich fühlte, dass sie immer nur ihre Hand durch sein Haar gleiten ließ und sich an ihn schmiegte, und dann begann er wieder:

»Jetzt will ich dir sagen, woran du mich erinnerst. Hast du nie Vollblutstuten gesehen, wenn sie im Stall stehen und glänzen? Haar wie Seide, und eine Haut so dünn und weich, dass der geringste Schmitz mit der Peitschenschnur sich abzeichnet. Nerven durch und durch, fein und empfindsam. Und dabei können sie an Ausdauer den stärksten Ochsen bezwingen und können sich wie ein Blitz eine Sehne verzerren und erfrieren, wenn sie nur eine Nacht ohne Decke stehen. Ich will dir nur sagen, dass man nicht viel in der Welt sehen kann, was so schön ist. Sie sind so feinfühlend und empfindsam und zart. Du bist von andern Frauen ebenso verschieden wie eine solche Stute von einem gewöhnlichen derben Arbeitspferd. Du bist ein Vollblut. Du hast Linie, Geist und Figur. Rede mir nicht von Annette Kellermann! Der bist du über. Sie ist Australierin, und du bist Amerikanerin, nur nicht nach deiner Figur. Du bist anders, du bist reizend. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Andere Frauen sind nicht wie du gewachsen. Du gehörst in ein anderes Land. Du bist französisch, das ist es. Du bist wie eine Französin gewachsen, aber viel schöner – die Art, wie du dich bewegst, wie du gehst, wie du sitzt, und wenn du nichts tust.«

Und er, der nie außerhalb Kaliforniens, ja nicht einmal eine Nacht außerhalb seiner Geburtsstadt Oakland gewesen war, hatte recht in seinem Urteil. Sie war eine Blüte der angelsächsischen Rasse, eine Seltenheit mit ihren ungewöhnlich kleinen Händen und Füßen, mit der Frische ihrer Haut, mit ihrer Anmut – sie war ein Rückschlag in jene fernen Zeiten, da die verheerenden französischen Normannen ihr Blut mit der kräftigen sächsischen Rasse vermischten.

»Und wie du deine Kleider trägst! Sie sind mit dir verwachsen. Sie sind gleichsam ein Teil von dir, wie deine Haut und die Kühle deiner Stimme. Sie sind immer, wie sie sein sollen und könnten nicht anders sein. Und weißt du, ein Mann zeigt sich nun einmal gern mit einem Mädchen wie du, deren Kleider wie ein Traum an ihr sitzen, und hört gern die andern Männer sagen: ›Wer ist Billys neues Mädel? Donnerwetter, ist die fesch! Die möcht ich gern mal zu fassen kriegen!‹ Und dergleichen mehr.«

Und Saxon drückte ihre Wange gegen die seine und fühlte sich reich belohnt für die vielen nächtlichen Stunden, die sie mit Nähen verbracht, die vielen qualvollen Stunden, da sie schläfrig über dem Nähzeug genickt hatte, todmüde nach der Arbeit des Tages, während sie für ihren eigenen Bedarf die Ideen neu schuf, welche sie von den eleganten Kleidungsstücken, die unter ihrem fleißigen Eisen dampften, gestohlen hatte.

»Wirst du meiner nie überdrüssig werden?« fragte sie.

»Deiner überdrüssig? Weiß Gott, wir sind doch für einander geschaffen.«

»Ist es nicht wie ein Wunder, Billy, dass wir uns treffen sollten! Denk, wenn wir uns nie getroffen hätten. Es war doch der reine Zufall.«

»Wir sind Glückskinder«, erklärte er. »Das ist sicher.«

»Vielleicht ist es mehr als Zufall«, meinte sie.

»Gewiß. Es ist Schicksal. Nichts in der Welt hätte uns voneinander fernhalten können.«

Sie saßen schweigend da, aber das Schweigen zitterte von einer Liebe, die keine Worte fand. Langsam zog er sie an sich, seine Lippen zitterten an ihrem Ohr, und sie hörte ihn flüstern: »Was meinst du, wollen wir zu Bett gehen?«

Das Mondtal

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