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Kapitel 8

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Am nächsten Morgen fuhr ich um acht vor dem Präsidium vor. Dort war es recht ruhig, ein paar Kollegen telefonierten und ermittelten. Die meisten Tische hinter den grauen Trennwänden waren leer. Pace Logan saß an seinem Schreibtisch und starrte Löcher in die Luft. Da ich Shuttles nirgendwo entdecken konnte, nahm ich an, dass er unterwegs war und etwas tat, wovon Logan keine Ahnung hatte – vielleicht ging er ja gerade der Arbeit eines Detective nach. Nachdem ich mir eine Tasse Kaffee eingeschenkt und einen Dollar für zwei mit Puderzucker überzogene Donuts in die Kasse geworfen hatte, steuerte ich auf das Ensemble aus drei Trennwänden und zwei Schreibtischen zu, das als Harrys und mein Büro fungierte.

Als ich in unser U trat, krabbelte Harry auf allen vieren herum und suchte irgendetwas unter seinem Schreibtisch.

»So ist’s recht. Kriech nur, du elender Wurm«, knurrte ich.

Er hob den Blick und verdrehte die Augen.

»Da fehlen ein paar Fotos in der Mordakte. Ich dachte, sie wären runtergefallen.«

In die Mordakte – ein Schnellhefter mit sämtlichen Ermittlungsberichten des Falls – kamen auch die Plastikhüllen mit Fotos vom Tatort und anderen wichtigen Bildern. Das Problem war nur, dass diese Hüllen alles andere als praktisch waren.

»Welche Fotos?«, fragte ich.

Harry stand auf, bürstete die Knie seiner limonengelben Hose ab und warf einen missmutigen Blick auf den Papierkorb neben dem Schreibtisch. Es wäre nicht das erste Mal, dass etwas hinunterfiel und von der Putzkolonne entsorgt wurde.

»Keine Ahnung. Ich habe die Archivnummern. Ich werde drüben anrufen und neue Abzüge bestellen.«

Ich musterte den Papierberg auf seinem Schreibtisch. Harry hatte Berichte und Informationen aus Taneesha Franklins Büro gesichtet und das potenziell nützliche Material in die Akte gelegt.

»Hast du etwas Interessantes entdeckt, Bruder?«, wollte ich wissen.

»Komisch, dass du fragst. Ich habe mir gerade Ms Franklins Ferngespräche angeschaut. Und ein paar Anrufe haben mich neugierig gemacht.«

Er tippte auf ein Blatt Papier mit einer langen Nummer. Ich las den Namen.

»Das Staatsgefängnis in Holman?«, wunderte ich mich. »Was hat es denn damit auf sich?«

»Acht Anrufe innerhalb von zwei Tagen. Sieben davon unter einer Minute. Der letzte Anruf dauerte allerdings elf Minuten.«

Ich nickte. »Sieht aus, als wäre sie dann endlich durchgekommen.«

Harry klemmte den Telefonhörer zwischen Wange und Schulter und tippte die Nummer ein. »Ich werde den Gefängnisleiter anrufen und fragen, ob wir mal bei ihm vorbeikommen können. Möchtest du in der Zelle ein französisches Bett oder bevorzugst du zwei Einzelliegen?«

Der Gefängnisleiter, ein Profi und beileibe kein Bürokrat, sagte, wir wären jederzeit willkommen. Wir fuhren mit dem Crown Vic nach Norden. Zwei Stunden später meldeten wir uns beim Pförtner.

Gefängnisleiter Malone war ein stattlicher Mann Mitte fünfzig mit hochgekrempelten weißen Hemdsärmeln, dessen Krawatte anstelle seines Halses den Schreibtisch zierte. Die grauen Haare waren militärisch kurz geschnitten. Man hätte ihm nur eine Trillerpfeife umhängen müssen und schon hätte er hundertprozentig der Hollywood-Version eines Highschool-Footballtrainers entsprochen. Wir saßen in seinem spartanischen Büro, von dem aus man den Haupthof überblickte.

»Ich habe die Besucherlisten überprüft«, meinte Malone und klopfte auf einen Papierstapel. »T. Franklin ist vorletzten Mittwoch um neun Uhr morgens hier gewesen. Sie hat sich als Journalistin ausgegeben, die für WTSJ arbeitet. Ms Franklin hat einundzwanzig Minuten mit Leland Harwood gesprochen. Wie es aussieht, war das der einzige Besuch, den sie unserem Gefängnis abgestattet hat.«

»Was hat dieser Leland Harwood ausgefressen?«, fragte Harry.

Malone lehnte sich zurück und verschränkte die Finger hinter dem Kopf. »Er ist eine kleine Nummer. Der Mann fürs Grobe, der auch mal jemandem ein Bein bricht. Wurde mehrmals wegen Diebstahl und Körperverletzung geschnappt. Letztes Frühjahr ist er bei uns gelandet, weil er während einer tätlichen Auseinandersetzung einen Typen in einer Gasse hinter einer Bar erschossen hat.«

»Stammte der Typ, den er auf dem Gewissen hat, aus Mobile?«, erkundigte sich Harry.

»Harwood und ein anderer Schwachkopf haben sich in dieser Bar in Mobile in die Wolle gekriegt. Dann sind sie nach draußen gegangen. Die anderen Gäste haben einen Schuss gehört. Der Schwachkopf war sofort tot. Als die Sache vor Gericht kam, haben alle in der Bar geschworen, der andere hätte angefangen. Die Staatsanwältin hat sich darauf eingelassen, dass Harwood sich des Totschlags schuldig bekennt und somit nur ein paar Jahre sitzen muss.«

»Vielleicht ist es ja so gelaufen«, sagte Harry.

»Mein Sohn ist Anwalt in Daphne«, meinte Malone. »Selbstverständlich Staatsanwalt. Er kennt ’ne Menge Leute aus dem Büro der Mobiler Staatsanwaltschaft und auch die Dame, die für Harwoods Fall zuständig war. Nach dem, was sie gesagt hat, waren sich die Gäste an dem Abend des Mordes nicht so einig. Erst als sie in den Zeugenstand gerufen wurden, haben sie Harwood als Schuldigen hingestellt. Und zwar durch die Bank. Mit den gleichen Worten. Gerade so, als hätten sie vorher ’ne Chorprobe absolviert, wenn Sie wissen, was ich meine.«

»Sie haben eine bezahlte Vorstellung gegeben«, konstatierte ich.

»So hat es sich angehört«, sagte Malone, warf die Akte auf den Schreibtisch und ließ den Blick zwischen Harry und mir hin und her wandern.

»Harwood ist weiß. Dreiunddreißig Jahre alt. Kriegt wahrscheinlich eher einen Draht zu Detective Ryder. Ich würde anstelle des Verhörraums das Besucherzimmer vorschlagen. Im Verhörraum wird er die Schotten dicht machen. Aber in einer lockeren Umgebung kann Harwood ziemlich auftauen. Wird Ihnen wahrscheinlich das Ohr abschwatzen.«

»Mal abgesehen von seiner Geschwätzigkeit«, fragte ich, »wie ist dieser Harwood so?«

»Aalglatt«, entgegnete Malone. »Oder vielleicht eher so was wie ein Chamäleon.«

»Wandlungsfähig«, lautete Harrys Kommentar. Dieser Charakterzug war bei Knastbrüdern weit verbreitet.

Den Wölfen zum Fraß

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