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Kapitel 10

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Für Lucas sah das Gebäude wie jede andere verlassene Lagerhalle unweit der State Docks aus: brauner Backstein, kaputte, mit Brettern vernagelte Fenster, Glasscherben auf dem Boden. Vorn gab es ein Rolltor aus grün gestrichenen Stahllamellen. Daneben war ein Ladedock mit Paletten, die sich langsam auflösten. Er konnte den fernen Fluss riechen.

Ein Stück weit die Straße hinunter setzte Lucas sich auf eine kurze Mauer, hielt das gestohlene Fernglas an die Augen und wartete in der Dämmerung. Freitagabend war bestimmt ein guter Abend, überlegte Lucas. Allerdings nur, wenn der Name, den er für fünfhundert Dollar gekauft hatte, kein Schwindel war. Sollte der Typ ihn angelogen haben, würde er noch mal in die Bar gehen und dem schwabbeligen Arschgesicht – wie hieß er noch gleich? Leroy Dinkins? –, würde er Leroys fetten Hals aufschlitzen wie ein …

»Wolken, Lucas. Konzentrieren Sie sich auf die Wolken.«

Als Lucas im Geiste diese Worte hörte, schloss er die Augen. Ersetzte die gewalttätigen Gedanken durch Wolken. Bauschige, weiche weiße Wolken. Wolken von der Erde bis zum Himmel hoch.

»Schweben Sie auf den Wolken, Lucas«, hörte er Dr. Rudolnick mit tiefer und beruhigender Hypnotiseurstimme sagen. »Treiben Sie wie ein Boot auf einem ruhigen Teich. Atmen Sie die Wut beim Dahintreiben aus. Raus geht der Atem, raus geht der Zorn … Lassen Sie ihn wie Wasser rausfließen.«

Zwei Minuten lang hörte Lucas auf Dr. Rudolnick, atmete tief durch und schwebte auf Wolken. Als er die Augen aufschlug, fühlte er sich gelassen und erfrischt.

Danach konzentrierte er sich wieder darauf, die Lagerhalle in der Einbahnstraße zu beobachten. Sattelschlepper mit großen Containerladungen rollten vorbei. Es war fast dunkel, ehe der erste Wagen, eine schneeweiße Corvette, vorfuhr. Eine halbe Stunde später tauchte ein schwarzer Mercedes auf. Und dann verging eine Dreiviertelstunde, bis der dritte Wagen vor der Lagerhalle erschien, ein klassischer silberfarbener Thunderbird. Das grüne Tor verschluckte sie alle blitzschnell.

Ich habe den richtigen Namen gekauft, dachte Lucas und klopfte sich vor Freude auf die Schenkel. Ich habe gut investiert. Er stand auf und schlenderte zur Lagerhalle hinüber. Langsam tauchten Sterne am sich dunkler färbenden Himmel auf. Er ging am Tor vorbei, lehnte sich an die Hausecke und wartete.

Zwanzig Minuten später hörte er, wie einen Block weiter unten ein Auto in die Straße bog. Das Scheinwerferlicht wanderte über den ausgestorbenen Asphalt. Der Wagen hielt an. Lucas schätzte, dass der Fahrer mit jemandem in der Lagerhalle telefonierte. Sekunden später ertönte das Rattern eines Elektromotors und dann ein lautes Knarzen, als das Tor hochfuhr.

Er schlich um die Ecke und sah gerade noch, wie die Rücklichter eines goldenen Lexus in der Lagerhalle verschwanden und das Tor sich wie ein Fallgitter schloss. Lucas sprintete los und rollte unter dem Tor durch in das Gebäude. In der riesigen Halle standen ein Dutzend Fahrzeuge. Von einigen war kaum mehr als das Chassis übrig. Das Zischen von Druckluftgeräten schallte durch die nach Petroleum und Zigaretten stinkende Luft. Ein kleingewachsener, glatzköpfiger Mann, dessen überdimensionierte Arme von blauen Tätowierungen überzogen waren, sprang aus dem Lexus und machte große Augen, als sein Blick auf Lucas fiel.

»Wer zum Teufel bist du?«

Lucas erhob sich und bürstete sich den Staub von den Hosen ab. »Ich bin auf der Suche nach Danny oder Darryl Hooley. Sind sie hier?«

»Eindringling!«, brüllte der Mann.

In Windeseile war Lucas von drei Männern in ölverschmierten Jeans umzingelt. Zwei hielten Werkzeug in den Händen, der dritte zielte mit einer schwarzen Pistole auf Lucas’ Bauch. Die Männer unterhielten sich leise miteinander, während Lucas mit Unschuldsmiene die Arme ausbreitete.

»Wer ist das?«

»Der Typ ist unter dem Tor durchgerollt.«

»Hol mal jemand Danny.«

»Da kommt er schon.«

Ein schlanker Mann in den Dreißigern tauchte aus dem hinteren Teil der Halle auf. Hinter einem Ohr klemmte ein Bleistift, hinter dem anderen eine Zigarette. Er hatte lange rote Haare und trug ein blaues Arbeitshemd, das in einer Jeans steckte. Ein paar Schritte hinter dem Mann wartete die jüngere und dünnere Ausgabe, die das Haar wie ein Hippie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte und auf deren T-Shirt die Tourdaten der Dave-Matthews-Band gedruckt waren.

»Was haben wir denn da?«, fragte der ältere der beiden mit Blick auf Lucas und zog eine Augenbraue hoch.

»Einen Penner«, rief einer der Schmieraffen. »Denke ich jedenfalls.«

»Er hat gesagt, er sei auf der Suche nach den Hooley-Brüdern«, meldete sich der Mann mit der Pistole zu Wort.

Der Ältere zog die Zigarette hinter dem Ohr hervor, steckte sie in den Mund und zündete sie mit einem verchromten Zippo an. Den Zigarettenrauch presste er aus dem rechten Mundwinkel. Lucas ließ er keinen Moment aus den Augen.

»Worüber willst du mit ihnen reden?«, fragte er. »Mit den Hooley-Brüdern?«

Lucas grinste, verschränkte die Arme und schaute dem Mann unverwandt in die Augen.

»Ich möchte einen Termin für eine Präsentation vereinbaren«, sagte er.

Den Wölfen zum Fraß

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