Читать книгу Jesus und die himmlische Welt - Jan-A. Bühner - Страница 24
7. Zusammenfassung
ОглавлениеDie auf eine ältere, in sich geschlossene Sammlung zurückgehende Spruchfolge MAb 1,1-15 umreißt die theologische Entwicklung des palästinischen Judentums chasidisch-pharisäischer Prägung aus rabbinischem Blickwinkel. Abgedeckt wird die Zeitspanne von ca. 200 v. Chr. bis zur Zeitenwende, also die Epoche, die im Besonderen den Hintergrund für Jesus und das Neue Testament bildet.
Der hier sichtbar werdende, vorrabbinische Pharisäismus ist geprägt durch die Aufnahme und Umsetzung priesterlicher Aufgaben und Ideale; dazu gehört auch die Erwirkung einer Verbindung von himmlischer und irdischer Welt, welche die Grundlage des vom Kult ausgehenden Segens und der priesterlichen Offenbarung bildete.
Die priesterlichen Ideale werden im frühen Pharisäismus zunächst von Priestern formuliert und hochgehalten; doch schon im priesterlichen Pharisäismus deutet sich an, dass die kosmische, Himmel und Erde verbindende, Bedeutung des Kultes sich vom Priestertum, welches durch stammesmäßige Herkunft definiert ist, löst und vom gelehrten Frommen wahrgenommen werden kann. Der Schriftgelehrte ist der wahre Aaron-Jünger, ohne aus priesterlichem Geschlecht stammen zu müssen. Wenn so die Ordensgemeinschaft חבורהan die Stelle der Priesterschaft כהונה tritt, so ist es im Besonderen die Figur des Hohenpriesters, die an einem in ihr liegenden Anspruch gemessen wird, der sich in der Gestalt des pharisäischen Chasid neu verwirklicht.
Man stößt auf einen Grundzug in der Theologie dieses priesterlichen Pharisäismus, der das Gehaltensein der Schöpfung durch die חסד Gottes betont und so in der Barmherzigkeit allen Menschen gegenüber den vorzüglichen Ausdruck seiner Frömmigkeit findet. Offenbar ist dabei weniger die Erwartung des zukünftigen Gerichtes Grundlage, als vielmehr das Wissen in einer jetzt schon mit dem Himmel verbundenen Welt zu leben: Der priesterliche Pharisäer dient dem שלום; er erwirkt gesegnetes Leben für Israel und die Schöpfung; er besitzt mit der Tora eine kultisch-kosmische Größe, die dem Tempel-Ritual überlegen ist; der geheime Gottesname, der bis zur Zeit des ‚Simon der Gerechte‘ im Kultus öffentlich verwendet wurde, wird dem Vollzug im Allerheiligsten vorbehalten und gleichzeitig dem pharisäischen Aaron-Jünger anvertraut. Aus dem Versuch, den Gottesnamen zu schützen, ergibt sich andererseits der Beleg für die Gefahr einer ‚mystischen‘ oder ‚magischen‘ Verwendung bereits in vor-mischnischer Zeit.
Neben der Verwendung des ‚Namens‘ deuten sich andere Möglichkeiten des priesterlichen Kontaktes zur himmlischen Welt an, die nun der pharisäische Aaron-Jünger übernimmt: die priesterliche Verklärung, der Empfang der Himmelsstime בת קול, die Hinwendung zur Gestalt der Gottheit und die Entrückung in der Todesstunde.