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17. September

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Sie saßen zu dritt am Frühstückstisch, Juli hatte gerade ein Glas Orangensaft umgestoßen, als es an der Tür klingelte. „Och nee, nicht jetzt!“, stöhnte Charlotta und warf alle Servietten, derer sie habhaft werden konnte, in die orange-gelbe Pfütze auf dem Tisch, die sich gerade auf den Weg Richtung Wand machte, um dort zwischen Tisch und Tapete herunterzulaufen.

„Los, geh du zur Tür, ich mache die Sauerei hier weg. Vermutlich nur der Postbote.“ Rob hatte sich bereits erhoben und griff nach einem Lappen.

Ja, aber was für einer! „Wir Wölfe haben Nachwuchs“, tönte es durch die Wohnung, kaum dass Charlotta die Wohnungstür wieder geschlossen hatte. Paul tanzte in die Küche und hob die erschrockene Juli aus ihrem Kinderstühlchen. „Du hast einen kleinen Cousin, mein Schatz. Und es ist ein kleiner Wolf!“

„Woher weißt du das … pass auf, du läufst hier gerade durch den klebrigen … Paul! Du bist ja so bescheuert als wär’s dein Kind. Hau ab aus der Küche! Nimm meinetwegen Juli mit, aber hau ab!“

„Was ist denn mit dem los?“ Mit gerunzelter Stirn sah Paul erst seinen jüngsten Bruder und dann Charlotta an, ging dann aber mit seiner Nichte auf dem Arm aus dem Raum.

„Lass ihn eben den klebrigen Saft wegwischen, dann ist wieder alles gut. Also erzähl!“ Sie wusste, dass Rob auch so in der Küche alles mitbekam.

„Ein kleiner Junge, er soll Sam heißen. Wie Bens verstorbener Bruder.“

„Und wieso bist du dir so sicher, dass es ein Wolf ist?“

Paul lachte. „Zehn Minuten nach der Geburt hat er plötzlich beim Schreien ein Fell gekriegt.“

„Waaaas?“

„Ja, natürlich nicht so richtig wie ein ausgewachsener Wolf, aber schon gut erkennbar. So deutlich hat’s auch der Pisap Inua noch nicht erlebt, hat er gesagt.“

„Dann passt Sam auch als Name. Der ist als Wolf gestorben“, mischte Rob sich ein. „So, jetzt ist alles sauber. Komm, setz dich. Also … Alles gut mit Mutter und Kind? Und dem Vater?“, setzte er noch schnell hinzu. Es war ihm wichtig, noch mal ganz deutlich zu machen, dass die Väter sehr wohl beteiligt waren.

„Ja, alle wohlauf. Eine super glatte und bilderbuchmäßige Geburt, sagten sie. Ich bleib gar nicht lange, ich muss noch zu Olaf und Ulla und … Endlich wieder junger Wolfsnachwuchs!“

„Ach, apropos Wolfsnachwuchs …“ meldete Charlotta sich zu Wort, brach aber sofort wieder ab. Sie überlegte, ob das so klug gewesen war, doch dafür war’s zu spät, denn die beiden Männer sahen sie gespannt an. „Ähm … ich bin vor ein paar Wochen in der Stadt von einem Mann angesprochen worden. Der wusste meinen Namen, und ich hab erst schon gedacht, das wäre einer von den Jägern, so wie dieser Mike, der uns mal so zugesetzt hat.“

„Mike? Der Typ, der die Hosen vollgeschissen hatte?“, rief Paul aus. „Den habt ihr noch mal wiedergesehen?“

Abgesehen davon, dass er überrascht war, dass Paul den Namen, vor allem auch in Verbindung mit dem Stichwort ‚Jäger’, sofort zuordnen konnte, sah Rob Charlotta scharf an. „Sag mir nicht, du hast das mit Mike im Dorf nicht erzählt!“

„Ähm … Doch, ich glaube, ich hab’s Nelly gegenüber mal erwähnt … und Ben …“

„Du hast das aber nicht dem Pisap Inua gesagt? Das ist doch wichtig!“

„Rob, ich hatte damals andere Probleme! Ich war schwanger, mein Freund wollte scheinbar mit mir nichts mehr zu tun haben …“

„Äh, könntet ihr das bitte zu einem anderen Zeitpunkt diskutieren?“, fiel Paul ihr ins Wort. „Zum einen wüsste ich wirklich gerne, was mit diesem Mike ist und dann, was du mit dem Werwolfnachwuchs sagen wolltest.“

„Mhm …“ Charlotta sah sich dem Blick der Brüder unangenehm ausgesetzt, und so krampfhaft sie auch nachdachte, sie kam um eine Antwort wohl nicht herum. Wenn Rob schon wegen Mike … und die Trance? Scheiße!

Rob sah, wie Charlotta auf ihrer Unterlippe herumbiss und nervös eine Haarsträhne um ihren Finger wickelte. Ergeben schloss er die Augen, dann sah er seinen Bruder an. „Du wirst wohl noch etwas bleiben müssen. So wie Lotta aussieht, hat sie uns was zu erzählen, was möglicherweise auch für das Dorf wichtig ist. Abgesehen davon, dass ihr längst über Mike hättet informiert sein sollen!“

Dankbar vernahm Charlotta das Quengeln ihrer Tochter, die spürte, dass die Stimmung gerade knisterte. Sie steuerte auf Paul zu, doch Rob war, obwohl er den weiteren Weg hatte, schneller. „Komm mal her, Juli. Die Mama hat uns was zu erzählen, so lange spielen wir beiden ein bisschen.“ Er nahm seinem Bruder das Kind aus den Armen und hob es so hoch in die Luft, dass die Kleine quiekte vor Freude. Dann drückte er ihr einen schmatzenden Kuss auf die Wange, was mit einem begeisterten Kichern quittiert wurde, und setzte sie auf seinen Schoß.

Man konnte Paul ansehen, dass er sich etwas unwohl fühlte, aber auch er sah Charlotta erwartungsvoll an.

Die fühlte sich gerade sehr unwohl. „Mhm … vielleicht erzählst du das mit Mike?“, bat sie Rob. „Du hast das ja auch bis zum Schluss mitbekommen, als … als ich schon nicht mehr in der Stadt war.“

Rob zögerte einen Augenblick, dann berichtete er Paul, wie Mike Charlotta auf der Straße angesprochen hatte, und sie sich gemeinsam mit ihm bei Henry getroffen hatten. Das war allerdings etwas, das Charlotta schon im Dorf erzählt hatte. Dann erzählte Rob aber auch, was in Charlottas Abwesenheit passiert war und, dass Mike in die Psychiatrie gebracht worden sei. „Ich denke mal“, schloss er, „dass wir nun Ruhe haben. Lange, hoffe ich!“

„Puh, das wäre gut“, rief Paul aus. „Nicht auszudenken, wenn er dich wirklich mürbe gemacht und irgendwas aus dir rausgequetscht hätte.“

Beide Männer sahen Charlotta an und warfen sich dann einen bedeutungsvollen Blick zu. Sie wirkte zu sehr in sich gekehrt und war zu sehr mit sich und ihrer Haarsträhne beschäftigt, als es bei Robs Bericht notwendig gewesen wäre.

„Lotta, hast du noch was hinzuzufügen?“, fragte Rob sanft.

„Ähm … du warst doch der Letzte der mit ihm gesprochen hat.“

Selbst Paul merkte, dass das ziemlich unsicher klang. „Aber du könntest uns noch was zu Mike erzählen? Oder ging’s um den … wie hast du gesagt? … den ‚Werwolfnachwuchs’?“

„Mhm … nein … ja …“

„Charlotta?“ Der Ton in Robs Stimme ließ nicht nur Charlotta aufsehen, sondern auch Juli unruhig werden.

Hilfesuchend sah Charlotta zu Paul, doch auch der sah sie ernst an und lehnte sich dann in dem Sessel zurück, verschränkte die Arme vor der Brust, und machte deutlich, dass er sich die Zeit nehmen würde zuzuhören, bis sie alles gesagt hätte.

Sie atmete tief durch. „Mhm … zu Mike noch was … ich bin … ich war vor zwei Wochen noch mal mit dem Pisap Inua auf einer Trance-Reise.“

Schweigen.

„Jaaa?“

„Wir haben Juli gesehen und … „ Ihr traten die Tränen in die Augen, und die Blicke, die die beiden Brüder wechselten, wurden besorgter. Noch immer hatte Charlotta einen Fleck auf der Granitplatte des Wohnzimmertisches fixiert, als brauche sie diesen Punkt, um sich konzentrieren zu können. Vor allem musste sie dann keinen der beiden Männer ansehen. „Wir haben Juli gesehen“, wiederholte sie, „und Mike. Und ich … ich hatte die Wahl, Juli zu retten oder … euer Geheimnis.“

Rob und Paul warteten einen Augenblick, ob sie noch mehr erzählen würde, doch es kam nichts. „Lotta, kannst du bitte etwas deutlicher werden?“, fragte Paul sanft. Ein Blick zu seinem Bruder hatte ihn nämlich vermuten lassen, dass dessen Nachfrage weniger freundlich gewesen wäre.

Kläglich sah Charlotta Paul an. „Mike hat sich Juli geschnappt … sie muss so sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein … er hat sie über das Geländer einer Autobahnbrücke gehalten. Dann ist er mit ihr gemeinsam gesprungen. Und ich … ich hab nichts getan … und als ich den Pisap Inua gefragt habe, ob ich sie noch retten kann …“ ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle hoch, „da hat er gesagt, dass ich euch und euer Geheimnis dann damit verraten und euch vernichten würde.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.

Im gleichen Augenblick fand Juli, dass es an der Zeit war, ihre Solidarität mit ihrer Mutter lautstark kundzutun, und sie weinte ebenfalls. Hilflos sah Rob von Charlotta zu seiner Tochter. „Sieh du zu, dass du Juli wieder ruhig kriegst“, sagte Paul, der sich sicher war, dass es Rob als Vater eher gelingen dürfte als ihm. Im nächsten Augenblick war er bei Charlotta, zog sie vom Stuhl hoch und nahm sie in die Arme. „Hey, du weißt, dass das alles nicht so passieren muss. Wichtig ist nur, dass du es erzählst, damit wir vielleicht im Vorhinein was unternehmen oder zumindest besser aufpassen können.“

„Ich will aber nicht zwischen meiner Tochter und euch entscheiden müssen. Er hat gesagt … er hat gesagt, ich würde euch verni-ni-nichten“, schluchzte sie und war froh, dass Rob gerade mit Juli beschäftigt war. Sein Gesichtsausdruck, als er sie ansah, war nicht sehr freundlich.

„Schschsch! Wenn der Pisap Inua informiert und vor allem durch eure Reise gewarnt ist, kann er auch gucken, ob und wie er eingreifen kann. Die Verantwortung liegt nicht alleine bei dir“, versuchte Paul sie zu beruhigen. „Es kann sein, dass du da was machen musst oder ihr beide gemeinsam, aber …“

„Wieso hast du mir nicht gestern schon was gesagt?“, erkundigte Rob sich scharf.

„Weil du mir vor allem signalisiert hast, dass du müde bist. Ich hab dir ein bisschen was aus dem Dorf erzählt, um dich zu unterhalten; aber du glaubst doch nicht, dass ich dir gestern mit dieser Geschichte hätte kommen dürfen.“ Sie zog die Nase hoch.

„Ach, und wenn das jetzt nicht zufällig aufs Tapet gekommen wäre … hättest du es mir heute Morgen gleich von dir aus erzählt?“

„Nein, vermutlich nicht. Ich hätte gewartet, bis du bessere Laune gehabt hättest. Denn, wie du auf diese Nachricht reagierst, zeigst du ja gerade sehr deutlich. Nein, ich hätte mit Sicherheit noch gewartet“, schoss Charlotta zurück.

„Bis gerade hatte ich keine schlechte Laune!“

Paul ließ Charlotta los und trat einen Schritt zurück. „Vielleicht erinnerst du dich“, wandte er sich an seinen Bruder, „dass ich beim Reinkommen schon von dir angepfiffen worden bin und überrascht gefragt habe, was denn wohl mit dir los ist. Wenn Lotta nur ein bisschen sensibel ist, wird sie das schon vorher gemerkt haben.

Für dich, Lotta, kann aber wirklich nur Robs Laune als Entschuldigung gelten. Ihr könnt gerade nicht beide gemeinsam ins Dorf. Wenn Rob also informiert werden soll, geht das im Moment in erster Linie durch dich. Der Pisap Inua ist informiert, aber zu Rob hat er im Augenblick null Kontakt.“

„Aber …“ begannen Charlotta und Rob gleichzeitig und brachen beide direkt wieder ab. Rob grinste. „Ja, du hast recht, Bruderherz. Die letzten Wochen waren furchtbar anstrengend. Ich bin noch total gar, obwohl ich die vergangene Nacht gut und viel geschlafen habe.“ Er atmete tief durch.

„Also“, meldete Paul sich wieder zu Wort, „gibt’s noch irgendetwas, was wir wissen sollten?“

Rob grinste. „Nein, Papa!“

Charlottas Grinsen fiel etwas kläglicher aus. „Ja, Papa!“, übernahm sie dennoch die spöttische Anrede Robs auf Pauls etwas väterlich gestellte Frage. Sie wollte sich nicht noch einmal den Vorwurf machen lassen, etwas nicht rechtzeitig erzählt zu haben.

Die Brüder wandten sich ihr mit dem gleichen erstaunten Gesichtsausdruck zu.

„Ähm … mir ist zum Stichwort ‚Werwolfnachwuchs’ doch noch was eingefallen“, murmelte sie – allerdings verstanden die beiden sie trotzdem ausgezeichnet und sahen sie erwartungsvoll, aber auch skeptisch an.

„Genau! Du hast gerade schon was gesagt, von ’nem Mann, der dich angesprochen hat! Über die Geschichte mit Mike sind wir wieder drüber weggekommen. Was war da?“

„Ich hab’s total vergessen, weil … ich weiß gar nicht … vor ein paar Wochen bin ich, wie gesagt, von einem Mann angesprochen worden. Mit meinem Namen, so wie von Mike damals.“

„Noch ein Jäger?“, platzte Rob heraus.

„Nein! Ich hatte zwar für einen kurzen Moment das Gefühl, ihn schon mal irgendwo gesehen zu haben, aber das kann nicht sein: Es war nämlich einer von Gordons Werwölfen.“

Entsetztes Schweigen.

„Oha, was wollte der denn?“ Paul wirkte sehr besorgt.

Charlotta zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, der wollte mich warnen. Er meinte, dass sie sich alle so weit entschieden hätten, in die Städte zu gehen, und sie auch geschworen hätten, sich nicht mehr zu wandeln. Aber es ist wohl alles schwieriger, als sie geahnt haben. Die haben zum Teil seit vielen Jahren keine Zivilisation mehr gesehen und kriegen es nicht hin, sich in den Städten einzugewöhnen. Sie können sich nicht anpassen und erkennen Autoritäten nur noch an, wenn sie ihnen Angst machen. Polizei, die deeskalierend mit ihnen reden will, wird nicht ernst genommen. Respekt? Fehlanzeige!

Die ersten stehen vor Gericht wegen irgendwelcher Straftaten, und sind von den übrigen Rudelmitgliedern kaum noch davon abzuhalten, sich doch zu wandeln. Einfach nur, um aus der Nummer rauszukommen und wieder in den Wald zu laufen, um da weitermachen zu können, wo wir sie gezwungen haben aufzuhören. – Wenn uns die Gefahr droht, verraten und vernichtet zu werden, kommt sie sicherlich auch von dort!“

„Ich hab’s geahnt!“, fluchte Paul. „Ich hab mir gleich gedacht, dass das nicht gut gehen wird. Die sind verwildert! Die haben sich schon lange nicht mehr an Recht und Gesetz gehalten! Und viele sind auch nur deshalb bei Gordon gelandet, weil sie sich vorher schon nicht an Recht und Gesetz gehalten haben, und auf diese Art und Weise einer Strafe entgehen wollten. Und das sind bestimmt auch die großen Wölfe, die man seit ungefähr einem Jahr immer mal wieder in Breidewald und den umliegenden Städten am Stadtrand sieht. – Das hast du aber dem Pisap Inua letzte Woche erzählt?“ Charlotta zuckte unter seinem ernsten Blick zusammen.

„Mhm … nee. Tut mir leid. Ich hab’s … vergessen … verdrängt … was auch immer. Ich hab überhaupt nicht mehr dran gedacht. Wäre ein Stichwort gekommen, so wie bei dir gerade mit dem ‚Werwolfnachwuchs’, hätte es bei mir sicherlich auch geklingelt. Aber so …“ Zerknirscht sah Charlotta die Brüder an. „Und dann das mit Juli und Mike und in der Trance … das war eben alles ein bisschen viel.“

Schweigen.

Selbst Juli war still, und so wagte Rob es, sie in den Laufstall zu setzen. Er legte ihr Lieblingsbilderbuch dazu, und tatsächlich protestierte sie nicht.

„Ach Mensch“, seufzte Rob und ging auf Charlotta zu, um sie in die Arme zu nehmen. „Es ist so viel zu besprechen. Wenn ich doch nur noch mal ein paar Tage ins Dorf könnte. Es passiert so viel, aber alles hier in der Stadt. Mike begegnet uns, dann der Werwolf, der dich angesprochen hat. Wenn es woanders passieren würde, wäre es vielleicht nicht so schlimm. Aber es passiert uns hier, und deshalb würde ich mich so gerne mit dem Pisap Inua besprechen können.“

Er wandte sich zu seinem Bruder um und sah, dass der gerade einen intensiven Blick mit Charlotta wechselte. Deren Gesicht konnte er zwar der Umarmung wegen gerade nicht sehen, spürte aber, dass sie kaum merklich den Kopf schüttelte. Fragend sah er Paul an, doch der war die Ahnungslosigkeit und Unschuld in Person. Einen Augenblick wartete Rob noch ab, doch niemand schien ihm etwas sagen zu wollen. „Mhm …“, murmelte er, etwas verunsichert. „Vielleicht könnte Marc ja mal vorbeikommen?“

Paul nickte. „Ja, das wäre wohl eine Möglichkeit.“ Er atmete tief durch. „Eigentlich wollte ich euch die guten Neuigkeiten über Nelly und ihr Kind bringen. Aber ich merke, dass ich mit viel mehr schlechten Neuigkeiten zurück ins Dorf komme. Ich werde Marc fragen, ob er in den nächsten Tagen mal bei euch vorbeischauen kann.“

„Sagst du uns Bescheid, wenn ihr euch beraten habt? Auch wegen der verwilderten Werwölfe, die wohl unruhig werden“, bat Charlotta.

„Hast du eine Ahnung, wo oder wie du den Mann erreichen kannst, der dich angesprochen hat?“, wollte Rob wissen.

„Nee“, verneinte sie kopfschüttelnd. „Ich war so überrascht, ich hab ihn nicht gefragt. Und von sich aus hat er’s mir auch nicht gesagt – er hat wohl gemerkt, dass er mir so’n bisschen Angst eingejagt hat, hat sich sehr freundlich entschuldigt und ist dann auch gegangen. Ich glaube aber, alleine hier in Breidewald sind es schon einige von den Wölfen. Und in den anderen Städten dann sicherlich auch. Es scheint auch so, als hätten einige von denen über die Stadtgrenzen hinaus noch Kontakt zueinander.“

„Ich hoffe ja nicht“, sagte Paul scharf, „dass sie durch den Wald laufen!“

„Wie?“

„Um sich zu besuchen! Wenn sie durch den Wald in die anderen Städte laufen, tun sie das, vor allem wenn sie bis raus nach Caldenberg wollen, ziemlich sicher nicht in ihrer Gestalt als Mensch!“

„Ach so!“ Auch nach mehr als zwei Jahren tickte sie noch ganz anders als diejenigen, die in der Gemeinschaft des Dorfes geboren und aufgewachsen waren.


Mit vielen Grüßen an die frischgebackenen Eltern hatten sie Paul verabschiedet. Weil sie keine weiteren Diskussionen oder Vorwürfe mit und von einem schlecht gelaunten Rob wollte, schnappte Charlotta sich Juli und verkündete, mit ihr an die frische Luft gehen zu wollen.

Nachdenklich sah Rob sie an. „Flucht?“

Wie so oft traf er den Nagel direkt auf den Kopf. Und so, wie er sie ansah, waren Ausreden überflüssig. „Leg dich noch ’ne Stunde hin und ruh dich aus. Wenn wir zurück sind, bist du vielleicht ausgeschlafen und besserer Laune.“ Sie sah ihn nicht an, während sie Julis Jacke schloss.

„Ich begleite euch!“ Der Ton ließ keine Widerrede zu. Um das zu unterstreichen, schnappte Rob sich seine eigene Jacke und zog den Kinderwagen aus dem Abstellraum, klappte ihn auseinander und setzte seine Tochter, die von der Mutter inzwischen komplett angezogen worden war, hinein. „So, Mäuschen, Familienausflug!“, verkündete er und sah Charlotta auffordernd an.

„Familienausflug!“, wiederholte sie ironisch und schnaubte durch die Nase. Doch Rob ließ sich nicht irritieren und schob den Wagen nach draußen.

Schweigend liefen sie hintereinander her. Juli war glücklich und zufrieden mit ihrer Reiswaffel und dem, was sie um sich herum zu sehen bekam.

„Willst du mir erzählen, wie bei dir die vergangenen zwei Wochen waren?“, erkundigte Charlotta sich. Sie wollte sich weder zu dem fremden Werwolf noch zu Mike oder der Trance-Reise äußern müssen.

„Ja gerne!“ Rob klang auf einmal ziemlich aufgeräumt, und sie sah ihn misstrauisch von der Seite an. Begeistert berichtete er, dass ihm sein Auftrag, der ihn nach Kanada geführt hatte, einen riesigen Spaß gemacht habe. Er habe tatsächlich eine Reportage über die kanadischen Wölfe machen sollen und dann möglichst auch noch über die Moschusochsen.

„In zwei Wochen?“, zweifelte Charlotta.

„Ja, ich hab mit einem Kollegen zusammengearbeitet, den ich schon sehr lange kenne. Da vor Ort kamen noch ein paar einheimische Kollegen dazu, mit denen ich aber auch vorher schon mal was gemacht habe. Wir haben Erfahrungen, Texte und auch die Bilder zusammengeworfen.“

„Lass mich raten: Für die Wölfe warst du zuständig!“ Charlotta grinste.

„Jein“, schränkte Rob ein. „Ich habe einige Bilder von den Wölfen gemacht, aber ich musste sehr, sehr vorsichtig sein. Ein fremder Rüde, der noch ganz anders riecht und dem man gleich anmerkt, dass er nicht aus der Gegend kommt … das ist eine Gefahr, Konkurrenz. Da kommen Angst und Eifersucht auf, und die anderen Rüden fühlen sich provoziert. Die Weibchen allerdings, die instinktiv merken, dass da neue Gene im Spiel sind, sind da anderer Meinung, weshalb die Rüden ganz besonders aufpassen müssen und eben auch ganz besonders aggressiv sind.“

Charlotta riss die Augen auf. Plötzlich hatte sie das etwas verstörende Bild kopulierender Wölfe vor Augen, auf dem ein übergroßer brauner Wolfsrüde … „Ähm … du hast dich dann von denen ferngehalten, nehme ich an. Obwohl … warst du nicht größer und stärker? Also im Notfall, meine ich! Ich vermute mal, dass du nicht erst gegen alle Rüden gekämpft hast, um …“

„Jaa?“ Rob grinste.

„ … um dann Fotos von denen zu machen, die entweder übrig geblieben oder zu sehr eingeschüchtert waren. Du wirst stattdessen eher zugesehen haben, dass du Abstand hältst, oder?“ Charlotta ließ sich nicht provozieren, mied aber seinen Blick.

„Ja, weitestgehend. Mein Problem war ja, dass ich das Fotografieren nicht als Wolf machen kann. Ich muss mich immer erst wieder zurückwandeln. Das wiederum ist im Schnee etwas unangenehm. Und dann ist es auch nicht sehr schlau, sich zurückzuwandeln, wenn man den Wölfen zu nah ist.“

„Ist da denn jetzt überall Schnee? Die haben doch auch Spätsommer, oder nicht?“

„Ja schon, aber nicht da oben, wo ich war. Die Moschusochsen waren weiter unten. Denen durfte ich aber als Wolf auch nicht zu nahe kommen, weil die sonst direkt die Flucht ergriffen hätten.“

„Sind dir denn trotzdem ein paar schöne Aufnahmen gelungen?“

„Ja, ein paar ganz wunderschöne. Du hattest mit dem Hinweis auf die kurze Zeit insofern recht, dass ich natürlich nicht viel beobachten konnte. Ich weiß ja nun über Wölfe gut Bescheid, und so konnte ich das, was ich gesehen habe, mit dem, was ich wusste, abgleichen. Dabei sind mir natürlich auch Dinge aufgefallen, die jemand anderes vermutlich nicht gesehen hätte. Oder er hätte wirklich ganz viel Zeit für die Beobachtung von Wölfen aufgebracht haben müssen. Meine Kollegen haben mir das auch alles ganz dankbar abgenommen, und ich hab noch viele Infos von ihnen bekommen. Ich bin dann im Gegenzug mit zusätzlichem Material über die Moschusochsen versorgt worden. – Ich würde unheimlich gerne noch mal was über die verschiedenen Bären dort machen, da hab ich allerdings einen riesigen Respekt vor.“

Charlotta lächelte über seinen Eifer und freute sich für ihn, dass er so viel Spaß an seiner Arbeit hatte. Zeitweise zumindest. Sehr häufig hörte sie ihn auch stöhnen und jammern, wenn er zu Recherchezwecken stundenlang am Computer saß. „Sag mal, macht ihr euch denn nicht gegenseitig Konkurrenz?“

„Wir haben unterschiedliche Arbeitgeber, und wir versuchen es hinzubekommen, dass wir uns immer mal wieder verabreden. Dazu müssen wir unsere Auftraggeber zwar dazu kriegen, dass sie uns ausgerechnet dorthin schicken, wo wir uns verabredet haben, aber bislang hat das schon ein paarmal geklappt. Mittlerweile gehe ich auch ziemlich offen damit um. Die finden das auch okay – Hauptsache, es kommt was dabei herum, und es ist klar, bei wem die Rechte liegen, damit es nicht zu einem juristischen Streit kommt.“

Charlotta hatte sich in der Vergangenheit schon ein paar Mal Artikel und Berichte von Rob angesehen und war immer wieder schwer beeindruckt gewesen. Auch wusste sie, dass die Redaktion von Natur und Lebensräume ihn gelegentlich gegen Honorar andere Artikel überprüfen und Korrektur lesen, beziehungsweise ergänzen ließ.

„Würdest du ihn wiedererkennen, wenn er uns jetzt begegnen würde?“, fragte Rob plötzlich und anscheinend ohne jeden Zusammenhang. Charlotta war überrascht, dass sie sofort wusste, wen er meinte.

„Ich bin mir nicht so ganz sicher, aber … ja, ich denke schon.“

Rob sprach bewusst sehr leise, und Charlotta musste schon sehr genau hinhören, um ihn zu verstehen: „Stell dich hier vors Schaufenster. Auf der anderen Straßenseite ist ein etwas größerer Mann, der da schon die ganze Zeit parallel zu uns läuft. Er hält unser Tempo und läuft auch nicht weiter, wenn ich mal stehen geblieben bin.“ Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Scheibe und sah Charlotta an, während die sich gerade mit großem Interesse sündhaft teure Füllfederhalter anzusehen schien.

„Deshalb! Ich hab mich schon gewundert, was heute los ist mit dir“, platzte es aus ihr heraus.

„Okay, versuch dich so hinzustellen, dass er sich in der Scheibe spiegelt. So schräg hinter uns ist so’n Handyladen, daneben einer mit Damenunterwäsche. Da steht er davor. Kannst du ihn sehen?“

Charlotta probierte es. „Nee, tut mir leid. Also, ich sehe da jemanden stehen, erkenne auch, dass das ein Mann ist, das war’s aber auch schon. Ansonsten gucke ich direkt. Ich meine, warum darf er nicht wissen, dass wir ihn gesehen haben? Schließlich war er es, der mich angesprochen hat. – Sag mal“, sie sah statt der Füllfederhalter nun wieder Rob an, „wenn ich dir heute von ihm erzähle, das Ganze schon wieder einige Wochen her ist und ich davon ja noch mal zwei Wochen nicht in der Stadt war … Wenn der Typ wirklich der Gleiche ist, der mich angequatscht hat, muss ich dann davon ausgehen, dass der mich jeden Tag seitdem verfolgt hat?“

Rob zuckte mit den Achseln. „Da ich nicht an Zufälle glaube, würde ich sagen, ja!“

„Scheiße!“, grollte Charlotta und ärgerte sich, dass ihr das nicht aufgefallen sein sollte und Rob das nach wenigen Minuten schon spitz hatte. Andere Instinkte?

Da Rob ihrem Vorschlag nicht widersprochen hatte, drehte sie sich mit einem Ruck um. Das Bild, das sich ihr in der Schaufensterscheibe geboten hatte, war zu verzerrt und durch Spiegelungen undeutlich.

Sie sah dem Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite direkt in die Augen. Davon überrascht, zuckte der sichtbar zusammen und schien zwei Sekunden mit sich zu kämpfen, ob er flüchten sollte. Doch dann überlegte er es sich anders, überquerte die Straße und kam direkt auf sie zu.

Augenblicklich schob Rob den Kinderwagen hinter sich, stellte sich neben Charlotta und legte seinen Arm um ihre Schultern, woraufhin Charlotta wiederum ihren Arm um seine Hüften legte. Sie sah ihn kurz von der Seite an, weil sie spürte, dass er vibrierte. Dieses kaum merkliche Vibrieren, das sie früher schon mal wahrgenommen hatte, wenn er stark unter Spannung stand, beispielsweise, als ihnen Horst im Krankenhaus begegnet war. Ein Zeichen, dass die Wolfsgene in ihm auf Gefahr und Wandlung programmiert waren.

„Hi, ich hab dich neulich etwas erschreckt, stimmt’s? Tut mir leid“, sagte der junge Mann zu Charlotta, als er vor ihnen stand, und wandte sich dann zu Rob um. „Und du musst Rob sein, der den bewaffneten Kröten in die Finger geraten ist. Ich bin Tim.“ Der Mann war kaum merklich kleiner als Rob, aber breiter, weil muskulöser.

„Kröten?“, hörte Charlotta sich fragen und sah den jungen Mann aus zusammengekniffenen Augen an. Sie hatte auch jetzt wieder für einen Augenblick das Gefühl gehabt, ihn schon mal irgendwo gesehen zu haben.

Tim verzog unwillig das Gesicht. „Kleine hektische, überall herumspringende Kinder, die ständig vor einem hin und her hüpften, als hätten sie Angst, dass man auf sie drauftritt.“

„Was willst du, Tim?“, fragte Rob so freundlich wie möglich. Doch Charlotta spürte immer noch das Vibrieren.

Tim war vermutlich etwas jünger als Rob. Sein Blick zeigte, dass er aufmerksam war, jedoch wirkte er nicht so verschlagen wie Gordon. Sein Lächeln wirkte vorsichtig, aber offen und ließ ihn gleich sympathischer und nicht zuletzt auch attraktiver wirken, stellte Charlotta fest. Seine nicht ungepflegten, aber viel zu langen Haare, die längst mal wieder einen neuen Schnitt benötigt hätten, und seine Kleidung zeigten, dass es ihm finanziell nicht sonderlich gut zu gehen schien. Gerade zuckte er mit den Achseln. „Ich muss gestehen, ich weiß es nicht. Vielleicht …“ Er sah jetzt Charlotta an. „Mir hat es gefallen, wie du Gordon ausgeschaltet hast. Gordon war ein Arschloch.“

„Wieso warst du denn mit einem Arschloch zusammen unterwegs?“, erkundigte Rob sich ruhig.

Wieder zuckte Tim mit den Achseln. Er schien einen Augenblick zu zögern, dann gab er sich sichtbar einen Ruck. „Damals hatte meine Freundin mit mir Schluss gemacht. Ihr Neuer war … auch ein Wolf und … sie meinte, auch ein Wolf könnte ein Schnulli sein, und deshalb wollte sie nicht mich, sondern einen echten Kerl. Das hat sich im Dorf herumgesprochen und … na ja … ich bin dann bei einem meiner selbstmitleidgesteuerten Streifzüge auf Gordon gestoßen. Der versprach mir, aus mir einen harten Kerl zu machen und mir zu helfen, mich an meinem Nebenbuhler zu rächen. Ich hab mich damals kaum gewundert, woher er das alles wusste, aber für mich stand im Vordergrund, mich zu rächen und ihr zu zeigen, wer denn wohl der echte Kerl sei.

Nachdem … nachdem Gordon mit seinen Wölfen und … und mit meiner Unterstützung … nachdem … also … nachdem wir das gesamte Dorf platt gemacht hatten, war ich in der Falle. Zurück konnte ich nicht, weil es da nichts mehr gab, wohin ich hätte gehen können. Und woanders bei Verwandten anzufragen, ob sie mich aufnehmen, weil ich mal eben versehentlich mein ganzes Dorf vernichtet hätte, kam aber irgendwie auch nicht infrage. Abgesehen davon, dass Gordon mich auch nicht hätte gehen lassen.“ Er versuchte mit mäßigem Erfolg ungerührt zu wirken.

„Die Absprache war eine andere gewesen“, mutmaßte Rob, und er bemühte sich, sich seine Erschütterung nicht anmerken zu lassen. Etwas, das ihm besser gelang als Charlotta.

Tim schnaubte verächtlich durch die Nase und wandte den Blick von der entsetzten Charlotta ab, wieder zu Rob. „So sauer ich auch war, ich hätte doch nicht zugestimmt, das ganze Dorf zu vernichten! Das Blöde war nur, dass ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht hatte, was die Alternative gewesen wäre, hätte ich meinen Leuten beweisen wollen, kein Schnulli zu sein. Ich bin einfach mitgelaufen.“

„Und jetzt? Was machst du jetzt?“ Charlotta war noch immer erschüttert und sah ihn misstrauisch an.

Achselzucken. „Ich bin vor zwei Jahren, als wir alle wieder in den Städten angekommen sind, bei einer Tante untergekommen, die einfach nicht das Herz hatte, mich auf die Straße zu setzen. Natürlich weiß sie, dass ich … dass das Dorf … also, was ich getan habe. Ich kann bei ihr in ’nem kleinen Zimmerchen wohnen, aber sie möchte so wenig wie möglich von mir sehen. Kann ich auch nachvollziehen.“

Es sollte wohl ein bisschen schnodderig wirken, doch man spürte vor allem eine tiefe Traurigkeit. „Na ja, ich halte mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, hab gerade so viel, dass ich nicht verhungere und meiner Tante noch was geben kann.“

„Du hast noch Kontakt zu anderen in der Stadt?“

Tim war sofort klar, dass Rob die anderen Werwölfe meinte, und er wandte sich an Charlotta. „Du hast es ihm erzählt?“ Er wirkte eher erleichtert als erschrocken oder böse.

„Mhm!“ Sie nickte und war froh, dass die Situation vor nicht einmal zwei Stunden es erforderlich gemacht hatte, dass sie es Paul und Rob hatte erzählen müssen.

„Ja“, beantwortete er Robs Frage, „wir sehen uns regelmäßig. Ich meine, ich kenne sie ja und erkenne sie deshalb auch auf der Straße. Ihr begegnet ihnen auch ständig, erkennt sie nur nicht.“ Er grinste. „Jetzt geht’s dir so wie den anderen in der Stadt: Man steht ’nem Werwolf gegenüber und weiß es nicht. Abgesehen davon, dass ihr aufgrund eurer Herkunft wisst, dass überhaupt Wolfsmenschen in dieser Welt unterwegs sind, was sonst niemand auch nur vermutet.“

Rob korrigierte Tim nicht in der Annahme, dass Charlottas Herkunft seiner eigenen entsprach. Er merkte aber, dass die Tatsache, dass er fremden und verwilderten Werwölfen gegenüberstehen könnte ohne sie zu erkennen, ein Gefühl war, das ihm gar nicht gefiel. Ihm wurde allerdings bewusst, dass Tim tatsächlich recht hatte. So, wie Charlotta überrascht war, dass ihr ehemaliger Mathelehrer ein Wolf und ihre Biolehrerin ein Eule war, so konnte es ihm jetzt durchaus passieren, dass er seine Brötchen bei einem Werwolf kaufte. Und zwar einem Werwolf, nicht einem Wolfsmenschen, was möglicherweise in der Vergangenheit auch schon passiert sein konnte. Und so wie Tim, würde der ihn hingegen durchaus erkennen, als ‚Rob, der den bewaffneten Kröten in die Finger geraten ist’.

„Blödes Gefühl, was?“, lachte Tim, der sein Gegenüber nicht aus den Augen gelassen hatte. Dann wurde er wieder ernst. „Ja, wir sehen uns immer mal wieder auf der Straße, wir treffen uns aber auch ab und zu. Ich erinnere mich, Charlotta mal bei „Henry’s“ gesehen zu haben. Da war ich auch mit ein paar von denen unterwegs um ein Bier zu trinken.“ Er sah sie schmunzelnd an. „Wir haben dich alle direkt erkannt, du uns aber nicht.“ Er grinste, weil Charlotta ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Entsetzen ansah. Jetzt wusste sie aber auch, dass ihr Gefühl, ihn schon mal irgendwo gesehen zu haben, stimmte. Ihr fiel aber auch auf, dass Tim von ‚denen’ sprach, was ihr verriet, dass er sich von den anderen Werwölfen distanzieren wollte. „Bis auf zwei Männer“, sprach Tim, an beide gewandt, weiter, „die bei Familienmitgliedern gut untergekommen sind und darüber auch Jobs bekommen haben, geht’s allen so wie mir, oder sie tun gar nichts.“

„Wie viele seid ihr?“

„Hier in der Stadt oder überhaupt?“

„Beides.“

„Hier in der Stadt sind wir elf.“

Charlotta riss überrascht die Augen auf. Das waren kaum weniger als die Wölfe, die ständig in Robs Dorf lebten, soweit sie wusste.

„Und in den anderen Städten sind noch mal achtzehn verteilt, falls nicht irgendwer nach ganz woanders hin abgehauen ist.“

„Also knapp dreißig“, bemerkte Rob, um eine ausdruckslose Miene bemüht. „Und wie trefft ihr euch?“

Tim grinste schief. Er wusste sofort, was Rob meinte. „Wir haben keine Autos und die meisten auch kein Geld für den Bus.“

Rob schwieg und sah Tim nachdenklich an.

„Du willst wissen, weshalb ich euch das erzähle, mhm?“

Rob schwieg weiterhin, zog aber in grimmiger Belustigung eine Augenbraue hoch, während Charlotta gerade noch mal feststellte, dass der fremde Werwolf ein sehr anziehendes Lächeln hatte.

„Es gibt einige, die haben sich bei Gordon sogar wohl gefühlt. Andere hingegen hatten kein gutes Gefühl dabei, aber auch keine allzu großen Probleme mit dem, was wir da getan haben. Dann wieder gibt es welche, die das nicht hinterfragt haben, sondern einfach dabei waren und mitgemacht haben. Einige, so wie ich, sind freiwillig zu Gordon gestoßen. Uns hat das Ganze allerdings ziemlich bald angewidert, wir wussten jedoch nicht wohin. Das hatten wir gemeinsam mit der letzten Gruppe derjenigen, die nach Überfällen vor die Wahl gestellt wurden, bei Gordon mitzumachen, oder wie der Rest der Familie, getötet zu werden. Wir haben uns kaum getraut mal darüber zu sprechen, weil man nie wusste, wer mithört. Ich denke, ich brauche euch nicht zu sagen, wie groß die Gefahr ist, dass irgendwo ein Wolf heimlich mithört.“

Charlotta schnaubte durch die Nase, und Tim und Rob sahen sie gleichermaßen belustigt an.

„Na ja“, sprach Tim weiter. „Grund war der, dass Gordon uns übelst bedroht hat für den Fall, einer von uns sollte auch nur versuchen abzuhauen. Einer hat’s mal gewagt, den hat er aber erwischt, zurückgebracht und an ihm ein Exempel statuiert.“ Er sah Charlotta abschätzend an. „Ich glaube, ich ergehe mich jetzt mal besser nicht in Einzelheiten.

Es ist so, dass viele von uns ewig lange bei ihm gelebt haben. Gordon selbst ist mit siebzehn schon mit zwei Kumpeln aus seinem Dorf abgehauen. Er hatte Charisma, und es ist ihm wohl ziemlich schnell gelungen, eine größere Gruppe um sich zu versammeln, in der auch die älteren Wölfe auf ihn gehört haben und vor ihm Respekt hatten. Diejenigen, die so lange mit ihm gelebt haben und unterwegs waren, das sind die ersten, die jetzt wieder zurück in die Wälder wollen.“

„Warum?“, rief Charlotta.

„Wir waren in gewisser Weise frei. Wir hatten ausreichend Nahrung, es machte Spaß zu jagen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir wussten, dass es verboten war. Irgendwo gab’s immer ’ne Herde mit Schafen, Kühen oder was-weiß-ich. Auch Wild war genug da. Wir hatten die Frauen und Kinder aus den überfallenen Dörfern, die uns bedient haben, und wenn wir Lust auf ’ne Frau hatten, lief uns immer gerade eine über den Weg.“

Entsetzt riss Charlotta die Augen auf und biss die Zähne zusammen. Tim hatte das sehr wohl gemerkt, sprach jedoch nach kurzem Stocken im gleichen schnodderig-verächtlichen Ton weiter wie zuvor. „Von daher ging’s uns gut. Was wollten wir mehr? – Tja, Gordon wollte mehr. Er wollte immer mehr Leute, wollte wie ein König über ein großes Volk herrschen.“

„Gab es etwas, wovor Gordon sich fürchtete?“, erkundigte Rob sich, während Charlotta Juli, die sich langweilte, weil es nicht weiterging, aus dem Kinderwagen holte. Obwohl sie eigentlich nichts verpassen wollte, hielt sie ihre Tochter an beiden Händen fest und ließ das Kind ein paar Schritte vor sich herlaufen.

Tim, der den beiden mit den Augen gefolgt war, zuckte zusammen. „Ja, das gab es“, beantwortete er Robs Frage. Wie zufällig drehte er sich ein Stückchen zur Seite, sodass er Charlotta und Juli den Rücken zuwandte und trat einen Schritt zurück. „Wenn du mich jetzt anguckst“, sagte er leise zu Rob, „dann siehst du da zwei Männer an dem Geländer zum Treppenaufgang vor der Zahnarztpraxis stehen.“

Mit einem möglichst natürlich wirkenden Lächeln winkte Rob Juli und Charlotta zu, die sich gerade wieder auf den Weg zurück zu ihm machten, woraufhin Juli ihre Anstrengungen verdoppelte. Dabei sah er an ihnen vorbei zu den beiden Männern. „Mhm“, bestätigte er.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass die schon ein Weilchen zuhören. Das sind zwei von denen, die auch wieder zurück in die Wälder wollen.“ Er atmete tief durch. „Ich weiß zwar, wo ihr wohnt, aber ich denke es ist besser, wir unterhalten uns irgendwo in einer Kneipe oder so noch mal miteinander.“ Tim sah Robs überraschten Blick und lachte bitter auf. „Ich bin nicht dumm und ich hab eigentlich auch eine gute Erziehung genossen. Meine Mutter war Sozialarbeiterin, mein Vater Lehrer. Ich bin in einem Pädagogenhaushalt aufgewachsen, was mich sehr geprägt hat. Ich weiß durchaus, was sich gehört und wo meine Grenzen sind. Jetzt mehr denn je. Nein, mir ist klar, dass ich nicht in euer Wohnzimmer gehöre.“ Ein Mundwinkel zuckte. „Zumindest im Moment nicht. Vielleicht wird’s ja noch mal anders werden.“

Rob war etwas peinlich berührt, dass Tim wusste, was ihm durch den Kopf gegangen war, und er war überrascht, weil er bei seinem Gegenüber so einen sozialen Hintergrund nicht vermutet hätte. Das wiederum machte ihn noch ein bisschen mehr verlegen. „Nein“, sagte er. „Ich möchte nicht warten. Meine Tochter wird sich freuen, wenn’s weitergeht. Lass uns Richtung Stadtpark schlendern. Erzähl einfach leise weiter.“

Tim zuckte mit den Achseln, hatte allerdings nichts dagegen einzuwenden.

„Also, ich hatte gefragt, ob es etwas gab, vor dem Gordon sich fürchtete“, gab Rob das Stichwort.

Tim atmete hörbar tief durch. Die beiden Männer liefen hinter Charlotta her, die den leeren Kinderwagen schob, während Rob Juli auf dem Arm trug. „Ja, gab es. Die alten Geister. Die alten Geister und die Gaben derer, die eben über Fähigkeiten verfügten, die er nicht besaß. Er hatte eine höllische Angst davor, die Kontrolle über etwas zu verlieren, oder sie gar nicht erst zu haben. Die Gaben von anderen, sei es die Telekinese, in unserem Dorf waren zwei Frauen, die mit bloßen Händen Feuer machen konnten, in einem anderen Dorf … Ach, egal. Gordon hatte Angst, dass er die Leute nicht so unter Kontrolle halten könnte wie uns Wölfe. Deshalb hat er ja auch nicht zugelassen, dass einer von uns die Gruppe verlässt. Kontrolle!

Und dann eben seine Angst vor den alten Geistern. Deine Frau hat den Finger in die Wunde gelegt, als sie ihm auf den Kopf zugesagt hat, wie wenig er sich sicher sein könne, dass er wirklich Kontakt zu den alten Geistern habe. Und, ob es wohl die richtigen Geister seien. Und er sich eben auch nicht sicher sein könne, dass die alten Geister uns Wölfe bei sich aufnähmen. Nicht als Mensch, aber schon gar nicht, wenn einer von uns in seiner Gestalt als Wolf starb. Wenn jemand in seiner Gestalt als Mensch starb, schien Gordon sicherer zu sein. Er hat dann immer so ein Zeugs getrunken und war in Trance und hat uns hinterher erzählt, die alten Geister hätten ihm signalisiert, sie nähmen den Toten zu sich. Das schien auch so zu sein, aber wir haben gemerkt, dass er sich nicht so richtig sicher war, wenn er einen toten Wolf vor sich liegen hatte. Er hat zwar auch gesagt, dass die alten Geister ihm Bereitschaft signalisiert hätten, aber das war ganz unsicher und ganz vage.“

„Weshalb hat er euch nicht einfach angelogen?“

„Er war der Sohn eines Schamanen. Er hatte sehr viel Respekt vor den alten Geistern und anscheinend auch einen Zugang zu ihnen. Zumindest in begrenztem Umfang. Aber er hatte vermutlich Angst, zu lügen und zuzugeben, sie hätten ihm dies oder jenes gesagt, weil er fürchtete, beim nächsten Kontakt dafür büßen zu müssen. Also hat er sich ganz vage ausgedrückt, sodass wir hoffen mussten, die alten Geister würden auch den toten Wolf zu sich nehmen. Aber wir konnten nie ganz sicher sein. Wir haben es allerdings auch nie hinterfragt, um uns nicht mit der Möglichkeit auseinandersetzen zu müssen, dass sie doch die Wölfe aus unserer Runde nicht aufnehmen und die jetzt zwischen den Welten … also …“ Tim schüttelte sich unwillkürlich und wirkte für einen Augenblick besorgt.

„Als wir dann bei eurem Beerdigungsritual gesehen haben, dass deine Frau einen toten Raben in einen Menschen zurückgewandelt hat, sah Gordon seine Chance gekommen, seinen Einfluss zu vergrößern. Damit hätte er eine Möglichkeit gefunden, uns nach unserem Tod zu den alten Geistern zurückkehren zu lassen – mit ihrer Hilfe. Und damit hätte er auch seine Rechtfertigung für unser Handeln gehabt: Hätten wir nicht in ihrem Sinne gehandelt, nähmen sie uns nicht auf.

Ein weiterer Punkt, der aber aus der Sicht vieler auch mit den alten Geistern zusammenhing, war der, dass keine der Frauen, die wir bei uns hatten, schwanger wurde. Dass sie vielleicht keine Kinder zur Welt bringen, die mit einer Gabe gesegnet sind, wäre eins. Aber, dass sie gar nicht erst schwanger wurden … Ja, Gordon hatte Angst vor den alten Geistern. Sonst aber anscheinend vor nichts. Er war ein Soziopath wie er im Buche steht. Aber eben einer mit Charme und Charisma, weshalb man es eben auch nicht sofort merkte, wenn er es nicht wollte.“

„Mhm …“ Rob versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn das, was Tim ihm erzählte, erschreckte. „Darum weiß ich aber noch immer nicht, weshalb du uns das erzählst.“

Tim schien einen Augenblick auf die Schritte hinter ihnen zu lauschen und sprach dann leise weiter. So leise, dass Charlotta zu ihrem Ärger längst den Anschluss an das Gespräch verpasst hatte. So nahm sie Rob das Kind aus dem Arm und beschloss, sich um Juli zu kümmern. Rob würde ihr hoffentlich hinterher alles erzählen.

„Ich hab dir gerade gesagt, wie ich aufgewachsen bin. Ich bin durch eigene Schuld in diesen üblen Schlamassel geraten, aber ich will … ich hab Angst, dass das wieder losgeht. So was darf nicht noch mal passieren. Und vor allem wird es niemanden geben, der doch noch so was wie Regeln aufstellt und die Leute zusammenhält. Die werden jetzt vielleicht als Gruppe wieder in den Wald gehen. Vor allem jetzt, wo es auf den Winter zugeht, halten sie sicherlich zusammen. Aber dann wird gestritten und im günstigsten Fall gehen sie sich nicht gegenseitig an die Kehle, sondern trennen sich. Dann hat man aber mehrere Gruppen, die sich auch noch gegenseitig mit schrecklichen Taten übertrumpfen wollen. Und außerdem braucht man ja auch neue Sklaven. Und … sie wissen wo euer Dorf ist.“

„Du warnst uns? Warum? Du könntest doch einfach den Mund halten.“

„Dann würde ich mich doch ungefähr genauso schuldig machen, als wenn ich aktiv mitmachen würde. Ich will das nicht mehr!“ Den letzten Satz rief er zornig aus. Tim holte tief Luft und heftete den Blick fast schon verlegen auf den festgetretenen Schotterweg, der durch den Stadtpark führte.

„Können wir dich irgendwie erreichen?“ Rob musste das Gehörte unbedingt sacken lassen, wollte aber im Bedarfsfall noch mal auf Tims Hilfe und seine Informationen zurückgreifen können.

Tim zögerte. „Ich hab kein Handy … kann ich mir nicht leisten. Meine Tante möchte ich auch nicht … Ich stehe fast jeden Tag morgens früh hinterm Supermarkt am großen Einkaufszentrum, um die Chance zu kriegen, dort zu arbeiten.“

„Jeden Tag … die Chance …?“ Rob verstand nicht, was Tim meinte.

„Ich bin so was wie ein Tagelöhner. Es stehen morgens ab sechs Uhr viele Leute am großen Supermarkt. Und die ersten haben die besten Aussichten, eingeteilt zu werden. Ich bin zwar inzwischen bekannt, weil ich so ausdauernd bin und so kräftig“, er grinste vielsagend, „und gehöre deshalb auch immer zu denen, die genommen werden. Aber ich muss jeden Tag wieder früh hin und bin dann meist im Lager. Wenn ihr mich erreichen wollt, dann entweder morgens früh in der Schlange, oder aber ihr fragt im Lager nach mir.“

Charlotta kam mit ihrer Tochter auf dem Arm näher und hatte den Rest des Gespräches mithören können. Plötzlich lehnte Juli sich zu Tim hinüber und strich ihm ganz langsam über die Wange. Der riss überrascht die Augen auf. „Wow! Du hast ’ne warme Hand … die Wärme … geht durch den ganzen Körper.“ Er lachte verlegen, dann lächelte er Juli zärtlich an. „Danke, kleines Fräulein.“ Er schluckte und wandte sich dann abrupt um. Ohne ein weiteres Wort verschwand er zwischen den Beeten, um den Park durch einen Nebenausgang zu verlassen.

Rob drehte sich vorsichtig zu den anderen beiden Wölfen um, die ihnen gefolgt waren und sah, dass sie umgedreht waren und einen Weg quer zu ihrem nahmen, um Tim zu folgen. „Hoffentlich machen die ihm keinen Ärger“, murmelte Rob. Es hätte ihm leidgetan, wenn Tim sich mit ihnen und vielleicht noch mit weiteren Wölfen auseinandersetzen und sich vor ihnen rechtfertigen müsste, weil sie ihn des Verrats bezichtigten.

Nachdenklich sahen Charlotta und Rob hinter Tim her. Dann wechselten sie einen besorgten Blick. „Wenn wir doch jetzt nur ins Dorf könnten“, murmelte Rob und seufzte.


„Willst du Juli heute Abend ins Bett bringen? Du warst jetzt zwei Wochen nicht da und konntest ihr weder einen Gute-Nacht-Kuss geben noch ihr eine Geschichte vorlesen.“

„Ich kann ihr auch von Wölfen und Bären in Kanada erzählen“, grinste Rob.

„Tu das“, sagte Charlotta ernsthaft, „dann kannst du sie auch gleich mit deinen Erfahrungen bezüglich Werwölfen und Gestaltwandlern vertraut machen.“

„Wieso …“

„Ich denke, sie sollte irgendwann so langsam in dem Bewusstsein aufwachsen, in was für eine Familie sie hineingeboren wurde. Ich habe überhaupt keine Ahnung, wie und wann diese Art Aufklärung bei euch in Angriff genommen wird.“

„Ähm … ich doch auch nicht!“

„Ja, wer denn dann?“

„Ja … ich …“

„Wer hat dir das denn dann erzählt, dass du ein Wolf bist und um dich herum Eulen und Raben und …“

„Ich hab keine Ahnung.“ Rob wirkte sehr nachdenklich. „Ich weiß es echt nicht. So aus meiner Erinnerung heraus hab ich das … als hätte ich das immer schon gewusst. Mhm …“

„Wie hat man dir denn gesagt, es könnte passieren, dass du dich auch mal wandelst? Und auch, wie du das kontrollierst?“

„Ich weiß es nicht, Lotta! Ich hab echt keine Ahnung. Ich … ich wusste es eben. Ich … ich hab mich, wenn ich mich richtig erinnere, so mit acht oder neun Jahren das erste Mal gewandelt, weil der Wolf in mir einfach rausmusste. Ich war mal wieder total sauer auf Paul. Alle waren unheimlich froh, dass das im Dorf passiert ist. Ich hatte vorher schon so Ansätze verspürt, als wenn meine Haut spannt und … Irgendwer war dann immer in meiner Nähe und hat mich wieder runtergeholt. Glaub ich zumindest …“

„Mhm … und wer erklärt unserer Tochter das nun? Auch wie sie es kontrollieren kann und soll?“

„Wieso Juli? Du weißt doch noch gar nicht …“

„Doch! Es sieht so aus, als wäre sie eine Eule!“ Charlotta spürte plötzlich, dass sie den Tränen nahe war.

„Woher weißt du das denn?“

„Ich hab euch doch heute Morgen erklärt, in der Trance gesehen zu haben, dass Mike mit Juli …“

„Ja, aber du hast nichts von einer Eule erzählt!“

Charlotta schluckte. „Er ist mit ihr von der Brücke auf die Autobahn gesprungen und sie hat mich angeguckt und gefragt, warum ich denn nicht rechtzeitig gepustet hätte, sie hätte doch wegfliegen können. Und …“ Charlotta versuchte die Tränen wegzuatmen, doch es war einfach zu viel. Noch bevor Rob reagieren konnte, meldete Juli sich, indem sie sich laut kreischend und mit einem Körbchen aus Plastik gegen das Gitter ihres Laufstalls schlagend, lautstark bemerkbar machte.

Rob zuckte deutlich sichtbar zusammen. Nach einem letzten Blick auf Charlotta schnappte er sich seine Tochter und verschwand mit ihr im Kinderzimmer. Von dort konnte er hören, dass Charlotta die Reste des Abendessens vom Tisch räumte. Er hörte sie aber auch weinen.

Aus Erfahrung wusste er, dass es keinen Zweck haben würde, ein einjähriges Kind, das ohnehin der festen Überzeugung war, noch nicht schlafen zu müssen, mal eben schnell ins Bett bringen zu wollen. Deshalb war es klüger, dem Kind zu signalisieren, alle Zeit der Welt zu haben, um dann unter Umständen doch einigermaßen fix wieder fertig zu sein. Aber auch das gestaltete sich heute schwierig.

Inzwischen war besagtes Kind sauber und auch schon in seinem Schlafanzug. Rob kam mit ihr auf dem Arm noch mal ins Wohnzimmer, wo Charlotta damit beschäftigt war, das im ganzen Raum verteilte, Spielzeug wieder in den Laufstall zu packen. „Na, meine Große!“ Sie räusperte sich. „Jetzt erzählt der Papa dir noch eine Geschichte, und wenn du ausgeschlafen hast, gehen wir morgen zu dem großen Spielplatz. Ist das ein Vorschlag?“

Nein, war es nicht. Zumindest kein guter. Das mit dem Spielplatz war eine Versuchung, aber wenn sie dafür jetzt schlafen sollte, war das doof.

In diesem Augenblick überschlugen sich die Ereignisse: Rob hatte das weinende Kind im Arm, Charlotta, selbst mit verweintem Gesicht, versuchte sie zu beruhigen, und noch während Rob überlegte, dass es ihm eigentlich gerade wichtiger war, mit Charlotta zu reden, zuckte er zusammen. Die Geräusche, die von draußen zu hören waren, alarmierten ihn in höchstem Maße. Er hörte ein dumpfes Krachen, ein tief grollendes Knurren und dann ein weiteres Krachen … ein Jaulen … Diesmal erschrak auch Charlotta, die die Geräusche zuvor gar nicht wahrgenommen hatte.

Entsetzt sahen sie sich an, selbst Juli war einen Augenblick still. Hastig drückte Rob Charlotta das Kind in die Arme und war innerhalb von Sekundenbruchteilen an der Tür, um das Licht zu löschen. Es dauerte noch einmal genauso lange, bis er im Dämmerlicht den Laufstall in die Küche getragen hatte. „Setz Juli in den Laufstall“, sagte er eindringlich.

„Ich bring sie ins Bett“, erwiderte Charlotta verängstigt.

„Auf gar keinen Fall“, fauchte er. „In den Laufstall, in die Küche! Sofort!“

Erschrocken tat Charlotta was Rob verlangte. Draußen auf der Terrasse waren noch immer Geräusche zu hören, dann war es still.

Rob versuchte zu lauschen, was sich draußen tat und wurde fast wahnsinnig, weil er wegen der weinenden Juli kaum etwas hören konnte. Während Charlotta sich bemühte ihre Tochter zu beruhigen, näherte er sich leise der Terrassentür. „Möchtest du noch ein bisschen spielen?“ Sie setzte ihre Tochter in den Laufstall und zog eine Spieluhr auf, die an dem Gitter befestigt war, und die leise ‚Alle meine Entchen’ spielte, um mit ‚Fuchs, du hast die Gans gestohlen’ weiterzumachen. Eigentlich immer noch zu laut, jedoch besser als das Geschrei, fand Rob. Durch das leisere Weinen hindurch konnte er von draußen eher ein paar Geräusche wahrnehmen. Er bemühte sich, in den dämmrigen Garten hinaus zu sehen und zu erkennen, was dort geschehen sein könnte. Dort lag etwas. Etwas Großes. Unbeweglich. Zögernd öffnete er die Tür zur Terrasse.

„Nicht rausgehen“, wisperte Charlotta ängstlich, die auf Knien bis in den Flur gerutscht war und zu erkennen versuchte, was los war.

„Ich muss!“, raunte er ihr zu. „Au Scheiße“, hörte sie nur einen Augenblick später. Im gleichen Augenblick war er wieder im Wohnzimmer und schloss die Terrassentür. Hastig drückte er auf den Schaltern an der Wand daneben herum, bis er den richtigen gefunden hatte und auf der Terrasse das Licht anging. Noch einmal schob Rob die Tür auf und schien mit allen Sinnen zu prüfen, ob sich noch jemand in der Nähe befand. Dann bückte er sich, hob etwas Großes und Dunkles auf und war auch schon zurück. „Mach schnell die Tür zu“, rief er und verschwand im Badezimmer.

Charlotta tat, was er gesagt hatte. Glücklicherweise hatte Juli beschlossen, nicht weiter aufzufallen, in der Hoffnung, die Erwachsenen vergaßen, dass sie eigentlich ins Bett sollte.

Sofort folgte Charlotta Rob ins Bad und keuchte auf. Gerade legte Rob vorsichtig einen riesigen Wolf in die Badewanne. Das Tier blutete an der Schulter, ein Ohr war eingerissen, am Bauch klaffte eine entsetzlich große, tiefe und stark blutende Wunde.

„Wer ist das?“, flüsterte sie fassungslos.

„Keine Ahnung. Keiner von uns!“

„Sicher? Und dann holst du ihn rein? Das ist doch gefährlich!“

„Lotta, das hat einen Grund, dass er auf unserer Terrasse lag“, sagte er eindringlich, „und was glaubst du, was die Nachbarn sagen, wenn sie ihn morgen früh sehen? Der kann da nicht liegen bleiben. Außerdem glaube ich nicht, dass er uns in dieser Verfassung gefährlich werden kann. Mir kommt aber auch gerade so ein Verdacht, wer das sein könnte.“

„Atmet er noch?“

„Ich bin mir nicht sicher.“ Rob schloss die Tür. Er kniete vor der Badewanne nieder und lauschte. Inzwischen hatte Charlotta ganz vorsichtig ihre Finger in der Halsgegend in das Fell gewühlt.

„Ich bin mir nicht ganz sicher“, wisperte sie, „aber ich glaube, ich fühle einen ganz leichten Puls.“

„Ich glaube, er atmet noch“, sagte Rob zur gleichen Zeit. „Lass uns versuchen, die Blutungen zu stoppen, damit das auch so bleibt.“

„Bei der riesigen Wunde? Das klappt nicht! Rob, der stirbt uns hier, der verblutet!“ Dennoch lief Charlotta los und holte alles an Tüchern, die sie hatte. Ihre Hausapotheke beinhaltete auch eine große Flasche Desinfektionsmittel. Rob war da weniger vorsichtig. Noch bevor Charlotta wieder da war, hatte er eine Flasche mit hochprozentigem Schnaps geholt und über die große Bauchwunde gegossen. Im gleichen Augenblick zuckte er zurück, weil der Wolf aufjaulend nach ihm schnappte. Sein Herz klopfte, und er war froh, dass er seiner eigenen Wolfsgene wegen so schnell reagieren konnte und gerade alleine im Bad war. Vorsichtig ging er wieder näher an die Wanne heran. „Alles ist gut, Tim“, sagte er leise. „Wir sind’s, Charlotta und Rob.“

Der große Wolf ließ den Kopf sinken. Charlotta sah mit großen Augen zwischen dem riesigen Wolf in ihrer Badewanne und Rob hin und her. „Tim?“

„Ja, und deshalb solltest du auch nicht mit Juli ins Kinderzimmer. Ich wollte das nicht, weil ich nicht wusste, wer hier noch rumschleicht. Innerhalb von Sekunden ist so ein Wolf durchs Fenster – notfalls auch, wenn es geschlossen ist. Wer Tim so zurichtet, dem ist alles zuzutrauen. Und da Tim ganz sicher nicht in diesem Zustand alleine hergekommen ist, müssen sie auch hier gewesen sein.“ Während er sprach, strich Rob dem riesigen Tier beruhigend über den Kopf. „Jetzt tut’s noch mal weh“, sagte er an den Wolf in seiner Badewanne gerichtet und goss noch einen großen Schuss von seinem Schnaps auf die Wunde am Ohr und auf eine weitere im Nacken, während er die freie Hand auf Tims Kopf liegen ließ, damit der nicht noch einmal zuschnappen konnte. Der Wolf zuckte zusammen und winselte leise.

Sie begannen mit einem in Desinfektionsmittel getränkten Tuch vorsichtig die Wundränder zu säubern. Und – irgendwie mussten sie die Blutung der großen Bauchwunde stoppen. Immer noch ziemlich verunsichert, aber auch nachdenklich sah Charlotta auf den großen Wolf in ihrer Badewanne herunter. Ohne ein Wort zu sagen, hockte sie sich vor die Wanne und blies die Wangen auf. Sie wollte unbedingt, dass Tim sich in seine Menschengestalt zurückwandelte. Peter hatte das nach dem Kampf gegen die Jäger alleine geschafft. Julian war tot gewesen. Tim lebte. Noch. Doch es schien so, als fehle ihm die Kraft, sich zurückzuwandeln.

Noch immer holte sie Luft, jedoch warf sie Rob einen verzweifelt-fragenden Blick zu. Der erriet, was sie vor hatte und nickte ihr unsicher zu. Er hatte keine Ahnung, ob es funktionieren würde. Brauchte sie dafür nicht einen besonderen Zugang zu den alten Geistern?

Vorsichtig blies Charlotta auf das Fell des Wolfes. Auf seine Rippen, auf seinen Kopf, die schwere Bauchwunde.

Nichts geschah. Außer, dass Juli sich plötzlich meldete.

Frustriert erhob Charlotta sich. „Ich bringe sie eben ins Bett“, sagte sie müde und ließ Rob mit dem schwer verletzten Wolf zurück. Da kein Protest kam, ging sie davon aus, dass jetzt wohl nichts mehr dagegensprach, Juli ins Kinderzimmer zu bringen.

„Na komm, Süße. Jetzt bist du auch müde, was?“ Sie hob das Kind aus dem Laufstall und stellte es auf die Füße.

An ihrer Hand lief Juli in Richtung Kinderzimmer. „Tinken“, hörte Charlotta ihre hohe Stimme. Um Geduld bemüht, holte sie tief Luft. „Okay, du bekommst noch was zu trinken. Bleib hier stehen, halte dich am Stuhl fest. Hier ist alles voller Blut, nicht, dass du da durchläufst. Mama holt dir was zu trinken, und das nehmen wir mit ins Bett, ja?“ Charlotta war bereit, alle pädagogischen Vorsätze über Bord zu werfen, wenn dieses Kind nur endlich im Bett lag und Ruhe gab.

Anweisungsgemäß hielt Juli sich am Stuhl fest und sah strahlend zu ihrer Mutter auf. Charlotta begab sich zurück in die Küche, nahm eine verschließbare Kindertasse und füllte Wasser hinein. So weit, ihr einen süßen Tee, Saft oder Milch mit ins Bett zu geben, würde sie allerdings doch nicht gegen ihre Erziehungsgrundsätze verstoßen.

Als sie ins Esszimmer zurückkam, stand Juli nicht mehr dort, wo sie sie zurückgelassen hatte. Sie sah sich um und hörte gleichzeitig Robs entsetzte Stimme: „Juli! Nicht!“

Charlotta kam nicht ganz an Robs Tempo heran, hatte jedoch das Gefühl, im gleichen Augenblick schon im Badezimmer zu stehen. Wie erstarrt stand Rob am Waschbecken, während Juli halb in die Badewanne geklettert war und ihre Hand auf die große Wunde an Tims Bauch legte. Charlotta und Rob waren vor Schreck wie gelähmt, während der große Wolf sich komplett zu entspannen schien, statt vielleicht, durch irgendwelche hektischen Aktionen Robs oder Charlottas erschreckt, nach dem Kind zu schnappen.

„Wow, Rob,, siehst du das?“

„Ja“, hauchte er. „Unglaublich!“

„Sie kann nicht nur Blumen wachsen lassen, sondern auch Haut, Gewebe … Unfassbar.“

Vor ihren Augen hörte die Wunde auf zu bluten und es schien sich eine hauchdünne unbehaarte Hautschicht darüber zu bilden. Kichernd rutschte Juli wieder vom Badewannenrand, wobei Charlotta sie auffing, und streckte ihre Arme nach dem Trinkbecher aus.

Als Charlotta endlich begriffen hatte, was ihre Tochter wollte, zuckte sie zusammen, als erwache sie aus einem Traum. Sie hockte sich nieder und sah das Kind, noch immer ganz fassungslos, an. „Juli, mein Schatz, ich weiß nicht, wie du das gemacht hast, aber du bist fantastisch.“ Dann erst sah sie das Blut an Julis Händen. „Warte, wir waschen erst deine Hände, dann gibt’s was zu trinken, okay?“ Das Wort ‚Bett’ nahm sie sicherheitshalber nicht in den Mund.

Schließlich trug sie das Kind ins Kinderzimmer und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. Juli kicherte wieder und ließ sich widerstandslos in ihr Bett legen. Zufrieden mit sich und der Welt nuckelte sie an ihrem Wasser und summte vor sich hin.


„Rob, was war das?“

„Ich hab keine Ahnung.“

Sie beugte sich vor. „Tim, kannst du mich hören?“

Das große Tier öffnete ein Auge und sah sie an. Dann schien der Wolf tief einzuatmen. Ein Zittern ging durch seinen Körper, doch nichts passierte. Das Auge schloss sich wieder.

„Wir lassen ihn hier liegen. Wenn er die Nacht überlebt …“ Beide sahen sich die große Bauchwunde an, die nicht mehr blutete und durch eine dünne Haut geschlossen war.

„Wir können ihn doch nicht in der harten Wanne liegen lassen!“

Rob lachte. „Lotta, das ist ein Wolf. Und glaub mir, ich weiß, dass es überhaupt kein Problem ist, auf einem harten Untergrund zu liegen. Wir lassen die Tür geöffnet, dann hören wir, wenn was ist. Ansonsten sollten wir zusehen, dass wir ins Bett kommen.“

„Ich glaube nicht, dass ich schlafen kann.“

„Ich vermutlich auch nicht. Aber wir brauchen Ruhe, damit wir morgen überlegen können, wie’s weitergehen kann. Lass uns nur noch eben hier das ganze Blut wegwischen … Machst du das bitte? Dann gucke ich, wie es draußen aussieht, ja? Wenn auf der Terrasse Blut ist, sollte ich das auch wegmachen, bevor es einer von den Nachbarn sieht.“


So lagen sie schließlich im Bett, konnten aber erwartungsgemäß nicht schlafen. Charlotta hatte das Gefühl, die Dunkelheit im Augenblick nicht ertragen zu können; sie schaltete ihre Nachttischlampe ein.

„Was ist da passiert, Rob?“, fragte Charlotta leise und ratlos.

„Ich gehe davon aus, dass die anderen Wölfe ein Exempel statuieren wollten. Tim ist in ihren Augen ein Verräter, weil er mit uns gesprochen hat. Die beiden, die uns verfolgt haben, werden genug gehört haben, um sich sicher sein zu können, dass er ihre Gruppe und ihr Vorhaben verraten hat. Sie haben vermutlich keine Zweifel, dass er tot, zumindest aber schwer verletzt ist und den morgigen Tag nicht erlebt. Dass sie ihn uns vor die Tür gelegt haben, war eine Warnung an uns! Wir sollen uns nicht einmischen, oder noch mal mit jemandem von den Wölfen sprechen. Und andersherum ist es eine Warnung an alle Werwölfe, weder uns noch jemand anderen anzusprechen und etwas zu erzählen.“

„Ich glaube nicht, dass sich überhaupt noch mal jemand trauen wird“, sagte Charlotta bitter. Sie drehte den Kopf, um Rob anzusehen. „Sag mal, hast du begriffen, was Juli da vorhin gemacht hat?“

„Ich hab schon nicht verstanden, was du von Blumen gefaselt hast. Juli soll Blumen wachsen lassen oder so was?“ Rob erwiderte ihren Blick.

„Ich hab euch doch gestern von der Trance erzählt.“

„Ja, aber anscheinend nicht mal die Hälfte und alles nur stückchenweise. Also, was hat es mit den Blumen auf sich?“ Rob bemühte sich mit mäßigem Erfolg, nicht zu vorwurfsvoll zu klingen. Obschon es erst einmal Charlottas Trance war, ging das Ganze, fand Rob, durchaus auch ihn etwas an.

„Mhm … in der Trance … also später … war Juli dann schon älter, was mich übrigens etwas zuversichtlicher macht, dass sie nicht doch mit sieben Jahren von Mike mit in den Tod gerissen wird. Auf jeden Fall stand sie barfuß im Schnee und hat mich gefragt, was für eine Blume ich haben möchte. Ich wünschte mir eine Rose. Daraufhin hat sie ihre Hand über den Schnee gehalten, der ist dann weggeschmolzen, und innerhalb allerkürzester Zeit wuchs da eine Rose.“

„Mhm … uns ist es anscheinend noch nie aufgefallen … vielleicht macht sie das nicht ständig, sondern nur in bestimmten Situationen …“

„Was?“

„Na, das mit dem Schnee und der Rose, was du auf deiner Reise mit dem Pisap Inua gesehen hast. Oder … heute Morgen im Park, als sie plötzlich ihre Hand auf Tims Wange gelegt hat, da war er ganz überrascht, wie warm die Hand war. Und das war anscheinend nicht nur eine warme Hand, sondern … er hat sich bedankt bei ihr.“

„Mhm …“ Charlotta war genauso ratlos.

„Und das, was da gerade passiert ist … ich begreife nicht, wie da die Zusammenhänge sein sollen? Was hast du noch gesagt? Irgendwie, dass sie nicht nur Blumen wachsen lassen kann, sondern auch Haut und Gewebe?“

„Ich weiß es nicht, Rob! Das war so ein spontaner Gedanke. Ich weiß ja nicht mal, ob das miteinander zusammenhängt.“

Rob seufzte tief. „Eigentlich bräuchten wir den Pisap Inua so dringend wie noch nie. Ich hoffe inständig, dass Marc bald kommt.“

Charlottas Seufzen klang wie Robs Echo. Dann streckte sie den Arm aus, um die kleine Lampe zu löschen. Vielleicht bekamen sie ja doch noch ein bisschen Schlaf.


WOLF CALL

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