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14. März

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Die Gelegenheit zur Wohnungsbesichtigung ergab sich schon wenige Tage später, als Enno anrief und verkündete, dass er zur Wohnungsabnahme fahren wollte. Wenn sie Lust hätten, könnten sie dazu kommen und sich dort mit ihm treffen, um schon mal zu gucken, wie ihnen die Wohnung gefiel. Sie möchten aber bitte berücksichtigen, dass die Renovierung noch ausstünde.

Dass sie diesen Termin wahrnahmen, war alleine deshalb schon gut, weil die Vormieter, ein anscheinend sehr nettes Ehepaar, sämtliche gravierenden Wohnungsmängel aufzeigten, um deutlich zu machen, dass dieses und jenes nicht ihr Verschulden sei und sie bitte ihre Kaution in voller Höhe zurückhaben wollten. An dem Punkt spitzte vor allem Rob seine Ohren, auch wenn er gerade durch die anderen Räume lief. Es waren tatsächlich einige Mängel, die aber alle gewissenhaft aufgeschrieben wurden.

Als das Wort ‚Abschlagszahlung’ fiel, merkte Rob, dass Enno das Ehepaar ganz offensichtlich ausbremste. Er vermutete anscheinend, dass Rob alles hören konnte. Zu Recht.

Schließlich waren sie mit Enno alleine, weil die beiden jungen Leute sich noch von anderen Mietern im Haus verabschieden wollten. „Wie gefällt euch die Wohnung?“, erkundigte Enno sich. „Ihr habt sicherlich mitbekommen, wo hier die Mängel sind“, sagte er, an Rob gewandt. Der nickte als Einziger, denn Charlotta hatte selbstverständlich nichts von Ennos Unterhaltung mit seinen Mietern gehört und sich außerdem mehr mit Aufteilung und Einrichtung der Wohnung beschäftigt. Dementsprechend verwirrt sah sie die beiden jetzt an. „Die Mängel werde ich natürlich so weit abstellen. Wie gesagt – das Bad wird neu gemacht. Ihr könntet sogar noch mitbestimmen, wie’s aussehen soll. Dann kommt eine neue Heizungsanlage rein, die alte macht Probleme, wie wir gerade gehört haben. Ich glaube, die hat mein Onkel einbauen lassen, als er damals die Wohnung gekauft hat. Die Küche ist relativ neu, die bleibt drin, weil sie speziell diesem Raum angepasst wurde, und wenn ihr wollt, könnt ihr auch die Gardinen mit übernehmen. Wenn ihr euch neue kaufen wollt, dann dürft ihr diese gerne meistbietend versteigern oder wegwerfen.“

„Und die Vormieter wollen nichts dafür haben, dass sie die Sachen hierlassen?“, fragte Charlotta arglos.

Gespannt wartete Rob auf Ennos Antwort. „Doch, das wollen sie, aber das übernehme ich.“

Mhm, ehrlich ist er zumindest.

Charlotta wollte etwas einwenden, doch Enno war schneller. „Ach, was die Miete angeht … Ihr habt mir gesagt, wie viel ihr jetzt zahlt, ich bleibe einhundert Euro drunter.“ Er hob die Stimme, um Robs Einwände schon im Keim zu ersticken. „Natürlich möchte ich euch einen Gefallen tun, aber ich möchte auch wissen, dass ich Mieter habe, die meine Wohnung nicht verwüsten. Ich habe bislang noch Glück gehabt. Auch diese Familie hat sieben Jahre hier gewohnt und war in allem sehr verlässlich. Ich hab mir aber von anderen Eigentümern aus dem Haus berichten lassen, wie die ihre Wohnung beim Auszug der Mieter in einem dermaßen desolaten und verwahrlosten Zustand vorgefunden haben, dass sich die Instandsetzungskosten denen für eine neue Eigentumswohnung verdächtig annäherten. Auch Mietnomaden gab’s hier schon im Haus, die sind nach etlichen Monaten ohne Mietzahlungen auf Nimmerwiedersehen verschwunden und haben ihren ganzen Dreck für den Vermieter dagelassen.

Bei euch kann ich mir sicher sein, dass mir das nicht passiert. Und das ist mir eine geringere Mietzahlung sehr wohl wert. Ihr könnt es euch noch überlegen, sagt mir doch sonst bitte spätestens Ende Juni, Anfang Juli Bescheid. Wenn ihr die Wohnung nicht wollt, würde ich mich dann nach einem anderen Mieter umsehen müssen. Aber ehrlich – ihr tätet mir wirklich einen großen Gefallen, wenn ihr hier einzieht. Ich muss mir nicht so viele Sorgen machen.“ Enno grinste, aber sowohl Charlotta als auch Rob hatten den Eindruck, dass er das tatsächlich auch ernst meinte.

Es klingelte. Enno öffnete die Tür und besprach die letzten Einzelheiten mit seinen Mietern. Mit leuchtenden Augen drehte sich Charlotta zu Rob um, doch der legte ihr einen Finger auf die Lippen und deutete auf seine Ohren. Okay, wenn sie jetzt etwas sagte, würde Enno das unweigerlich mitbekommen. Deshalb bedankten sie sich aufrichtig bei ihm und versprachen, sich so bald wie möglich zu melden.


„Rob, die Wohnung ist klasse, gib’s zu!“

„Jaaa … mich stört es einfach, dass es Enno ist, der uns die Wohnung vermietet.“

Nachdenklich sah Charlotta ihn an. „Wegen der Sache mit mir?“

„Ja!“

„Du siehst, wie er sich jetzt benimmt, und da kannst eigentlich auch du nicht mal die Flöhe husten hören. Ihm scheint das, was damals vorgefallen ist, unendlich leidzutun und er will einfach nett zu uns sein. Er hat mir auch erzählt, dass er bei Julis Geburt unglaublich unter Stress stand. Die Angst, es passiert was und irgendwer unterstellt ihm, er habe sich an mir dafür rächen wollen. Schließlich hab ich ihn damals abgewiesen, und er musste in die Verbannung, weil er mich fast vergewaltigt hätte. Er war wohl ungefähr genauso erleichtert wie wir, dass bei Julis Geburt alles gut gegangen ist.

Wir gehen ja auch gar keine besondere Verpflichtung ihm gegenüber ein. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass er irgendwann doch die Miete anhebt. Dann müssen wir notfalls noch mal umziehen. Ansonsten …“ Sie zuckte mit den Achseln. „Wir würden einhundert Euro jeden Monat sparen. Das ist höllisch viel Geld. Wir hätten eine größere Wohnung mit einem zusätzlichen Büro für dich, wo du ungestörter arbeiten kannst“, zählte sie an den Fingern auf. „Dann haben wir eine Garage, einen Garten … und die Wohnung hat außerdem eine Fußbodenheizung. Jetzt, wo’s auf den Sommer zugeht, mag das nicht so wichtig sein, aber Juli fängt langsam an, sich durch die Gegend zu robben. Sie wippt immer schon so halb aufgerichtet vor und zurück, was heißt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sie krabbelt. Im Winter wäre das perfekt mit so einer Fußbodenheizung.“

Mehr Argumente fielen ihr gerade nicht ein, und sie sah Rob erwartungsvoll an. Der wirkte sehr unentschlossen und erwiderte ihren Blick, als könnte er an ihrem Gesicht ablesen, wofür er sich entscheiden sollte. Ja, sie hatte nicht ganz unrecht. Er hatte gehört, wie hoch die Kautionssumme der Vormieter gewesen war. Wenn man davon ausging, dass das üblicherweise drei Monatskaltmieten waren, hatte die Familie mehr bezahlt, als das, was sie nun zahlen müssten. Ein eigenes Büro, der Garten … Schließlich zuckte er mit den Achseln. „Wenn du meinst …“

Das Strahlen in Charlottas Gesicht war der Beweis dafür, dass er sich richtig entschieden hatte. Aus ihrer Sicht zumindest. Oh, wie er dieses Lächeln liebte! Dafür warf er sogar seine Vorbehalte Enno gegenüber über Bord.


WOLF CALL

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