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2.4.1.2. Grammatischer Wechsel

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Eine weitere lautliche Entwicklung betrifft das Stimmhaft-Werden der verschobenen stimmlosen Frikative f, þ, χ, χw aus idg. *p, *t, *k, *qw wie auch z aus s im In- und Auslaut, wenn der freie Hauptakzent des Wortes nicht unmittelbar vorausgeht. Nach diesem von Karl Verner 1876 formulierten Lautgesetz entspricht idg. *t daher, abhängig vom Hauptton des Wortes, einmal þ, vergleiche lat. frater mit got. broþar, ein anderes Mal ð wie im Fall lat. pater > got. fadar. In der Folge konnte in Klassen von verwandten Wörtern eine Abwechslung von stimmhaften und stimmlosen Lauten entstehen. Dieser sogenannte grammatische Wechsel lässt sich auch im Niederländischen trotz späterer Entwicklungen wie die komplexe Erscheinung der Analogie nachweisen. So entstand beispielsweise in einer früheren Form des Präteritums Plural von zijn (‚sein‘), das eine Betonung der letzten Silbe kannte, im Inlaut ein z, das sich dann durch wgm. Rhotazismus in -r-, also waren (‚waren‘) verwandelte, während im Singular mit vorhergehender Betonung stimmloses -s erhalten blieb, wie was (‚war‘). Ähnlich entstanden spätere stimmhafte Bildungen von kiezen (‚wählen‘), so im mnl. coren und ghecoren (vgl. deutsche Formen wie ‚erkiesen‘ und ‚erkoren‘) neben Singular coos (‚wählte‘), die später durch Analogiewirkung zu kozen und gekozen wurden. Die Nachwirkung des grammatischen Wechsels, die im Deutschen weitgehend verloren ging, erklärt die im Vergleich zur Nachbarsprache grössere Sonorität des Niederländischen.

In einer jüngeren Phase des Germanischen, als das auf dem Vorkommen unterschiedlicher Wortakzente beruhende Vernersche Gesetz nicht mehr wirksam war, fiel der ursprünglich freie indogermanische Wortakzent auf die Stammsilbe. Wie im Deutschen ermöglichte diese Änderung übrigens auch im Alt- und Mittelniederländischen die Entstehung von Texten mit Stabreim, ein Merkmal, das viele der ältesten Quellen des Niederländischen kennzeichnet (siehe 3.3. und 4.3.). Die vermutlich bereits vor der Fixierung des Wortakzentes entstandenen Nominalkomposita mit Präfixen behielten den betonten Vollvokal wie mnl. b’iloke (‚Gefängnis‘‚ ‚Kloster‘), Präfixe in den später gebildeten Verbalkomposita hingegen blieben unbetont wie im anl. bil’ukan (‚schliessen‘, ‚einsperren‘, aus bi und l’uka) und wurden abgeschwächt, vergleiche mnl. beluken, ndl. beluiken (‚schliessen‘), eine Erscheinung, die im Neuniederländischen nachwirkt.

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