Читать книгу Fordern und Fördern - Führungspraxis für Feuerwehrleute - Jens-Peter Wilke - Страница 5
[9]1 Grundsätze der Menschenführung 1.1 Warum will ich führen?
ОглавлениеMenschenführung ist eine oft unterschätzte Aufgabe. Viele halten sich für sie geeignet; den meisten wird sie auch zugetraut. Im öffentlichen Feuerwehrwesen sind Beförderungen in höhere Ämter fast immer nur mit einem Zuwachs an Führungsaufgaben verbunden. Doch tatsächlich muss ein fleißiger Mitarbeiter mit hoher Fachkompetenz nicht unbedingt auch eine gute Führungskraft sein. Will man diesen Mitarbeiter jedoch durch Beförderungen wertschätzen und motivieren, so ist dies meist nur mit einem Zuwachs an Führungsverantwortung möglich. Nicht jeder ist zum »Chef geboren«; die häufigen Folgen für die Führungskraft und für die Geführten sind dann Frust, Konflikte, Burn-outs.
Merke: Menschenführung ist zu einem guten Stück erlernbar, sie erfordert jedoch auch ein gewisses Maß an Talent, das nicht jedem gegeben ist. |
Bevor wir eine Führungsfunktion übernehmen, sollten wir die möglichen Folgen bedenken. Als Führer heben wir uns aus dem Kreis der Kameraden, der so genannten »Basis«, ab. Wir geben jetzt Anweisungen, welche die Kameraden zu befolgen haben. Wir beurteilen ihre Leistungen und entscheiden damit über ihren weiteren Werdegang. Bei der Berufsfeuerwehr kann das manchmal existenzielle Auswirkungen haben, aber auch bei der Freiwilligen Feuerwehr wird dieses Thema meist nicht leidenschaftslos betrachtet. Wir gehören nun nicht mehr zur »Basis«. Wir werden nicht mehr in jede Angelegenheit vertrauensvoll miteinbezogen werden. Nach der simplen Schwarz-Weiß-Logik »Wir hier unten, ihr da oben« werden wir nun einer von »denen da oben« sein. Das hat auch seine Berechtigung. Distanz ist wichtig. Für unsere Nachgeordneten, aber auch für uns. Wir sind gut beraten, diese Distanz zu akzeptieren. Wir sollten stets für unsere Mitarbeiter präsent und ansprechbar sein, sollten uns dabei aber nicht mit dieser Ebene fraternisieren. Es ist nicht die an uns gestellte Aufgabe, möglichst beliebt zu sein. Wenn wir respektiert werden, haben wir unser Ziel bereits erreicht. Führen macht also einsam. Jeder, der erwägt, eine Führungsrolle zu übernehmen, sollte deshalb für sich entscheiden, ob er auch dieser »Einsamkeit« gewachsen ist.
[10]Wer führt, muss Entscheidungen treffen. Entscheiden heißt in der Praxis meist, sich zwischen mehreren Meinungen für die richtige zu entscheiden. Hinter jeder Meinung steht jedoch immer ein Mensch, der für diese Lösung eintritt. Dabei spielen keineswegs nur sachliche Erwägungen eine Rolle. Persönliche Motive, wie Vorlieben, Neigungen, Freundschaften, Privilegien oder Karrierepläne üben wesentlichen Einfluss aus. Entscheiden wir uns gegen eine Meinung, entscheiden wir uns damit auch gegen denjenigen, der diese Meinung vertritt. Selbst wenn wir diese Entscheidung rationell noch so gut begründen, wird das den Betreffenden nicht unbedingt überzeugen, angesichts der irrationalen Motive, die hinter seiner Meinung stehen können.
Wir werden es niemals allen recht machen können. Folglich sollten wir bei jeder Entscheidung einkalkulieren, dass wir mit unserem Entschluss einen oder mehrere Mitarbeiter empfindlich treffen können. Wenn es ganz dick kommt, haben wir vielleicht sogar die ganze Gruppe gegen uns. Dies darf uns jedoch keinesfalls in unserer Entscheidungsfreude hemmen.
Übung
Bevor wir eine Führungsaufgabe übernehmen, sollten wir uns selbst die folgenden Fragen beantworten:
Tabelle 1:
Ja | Nein | |
Genieße ich Akzeptanz unter den Mitarbeitern? | ||
Halte ich Konflikte aus? | ||
Komme ich mit der »Einsamkeit des Führers« klar? | ||
Kann ich einem anderen »weh tun«? | ||
Kann ich jemandem in die Augen sehen, wenn ich ihm sage, dass ich mich gegen ihn entschieden habe? | ||
Stehe ich auch eine Situation durch, in der sich alle gegen mich stellen? |
Sie sollten alle Fragen mit »ja« beantworten können, wenn Sie sich entscheiden, eine Führungsaufgabe zu übernehmen.
[11]Bevor man eine Führungsaufgabe übernimmt:
Wer Führungsaufgaben übernehmen möchte, sollte sich selbst zuvor die folgenden Fragen beantworten:
Was sind meine Bedürfnisse?
Wo will ich hin?
Welche Werte sind mir wichtig?