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10 Rückflug
ОглавлениеKasachstan
In der Steppe
»Was machen die Muskeln?«, fragte Otis, als Linda Carruthers, die Biologin, die auf der ISS gewesen war, neben ihm und Jessica aus dem Transporter stieg. Man hatte sie gehen lassen. Sie waren Dimitrov nicht wieder begegnet, aber Hauptmann Grichenko hatte die besten Grüße von ihm unterbreitet. Dann hatte man sie zu einem leichten Mannschaftstransporter gebracht, der sie an die Stelle bringen sollte, wo der Tarnkappenjet vor drei Tagen gelandet war.
Drei Tage Schmierenkomödie, dachte Otis, der sich in der kargen Landschaft umsah. Jessica und er tauschten einen schnellen Blick. Linda Carruthers hielt sich tapfer. Offensichtlich wollte sie nicht zeigen, wie geschwächt sie war - vielleicht war es auch die Aussicht, nach Cleveland zurückkehren zu können, die sie ihre Schwäche vergessen ließ.
»Welche Untersuchungen wurden an Ihnen vorgenommen?«, fragte Jessica einen Moment später. Sie sah Carruthers in die braunen Augen.
»Standarduntersuchungen. Blutentnahme. Urin. Stuhl. Kardio ... Nichts Außergewöhnliches. Man war sehr zuvorkommend. Aber jetzt bin ich froh, wenn ich bald wieder zu Hause bin ...« Sie hatte die Worte noch nicht richtig ausgesprochen, als sie ihren Fauxpas bemerkte. »Nun ja, zumindest in den Staaten ...«
»Und Lowell wollte wirklich aus freien Stücken bleiben - und die Franzosen auch?«, hakte Otis nach.
Linda Carruthers sah sowohl ihn als auch Jessica fragend an. »Sie klingen, als misstrauten Sie den Leuten hier. Wir haben die beste Behandlung bekommen, die man sich nur vorstellen kann. Und ja - Lowell wollte nicht nur bleiben, er musste. Seine Krebserkrankung muss sofort behandelt werden, wenn ...« Sie ließ den Satz offen. »Er kann von Glück sagen, dass sie hier so viele Spitzenärzte haben. Vielleicht hat er noch eine Chance.«
»Und die anderen?« Otis ließ nicht locker.
Carruthers schüttelte den Kopf. Sie wirkte ärgerlich. »Die Franzosen wollen bleiben, der Finne auch. Und der Russe und der Kasache sowieso.« Sie lachte erstickt auf. »Ist doch fast scheißegal, wo man ist. Diese Welt ist den Bach runter gegangen. Und wir hatten auf der ISS einen Logenplatz ...« Tränen schimmerten in ihren Augen.
»Haben Sie jemanden verloren?«, fragte Jessica leise.
Linda Carruthers wischte sich über die Augen. »Nein. Ich habe mich seit meinem Studium nur noch auf die Arbeit konzentriert. Ich wollte unbedingt hoch zur ISS. Darüber sind einige Beziehungen gescheitert. Zu viele ... Freunde, Bekanntschaften. Zwei Tage nach meinem Doktortitel sind meine Eltern mit dem Auto tödlich verunglückt. Mit dem Rest der Familie verbindet mich nichts. Da war nie ein enges Band. Aber das tut nichts zur Sache ...« Es war offensichtlich, dass sie nicht mehr über ihre Familie preisgeben wollte.
Otis und Jessica schenkten sich erneut einen schnellen Blick. Hörten sie wirklich nur das sprichwörtliche Gras wachsen?
»Und wie kommen wir jetzt hier weg?«, fragte Carruthers, die sich kurz bei Otis abstützen musste. Offensichtlich war sie doch stärker geschwächt, als sie bereit war zuzugeben.
»Damit«, sagte Jessica und wies nach Westen, wo ein schwarzer Fleck schnell größer wurde. Einige Minuten später setzte der ferngelenkte Jet in der Steppe auf. Die Turbinen verstummten, und die Luke öffnete sich. Momente später schob sich die Leiter nach unten.
Und jetzt einfach nach Hause fliegen ..., dachte Otis. Ein mehr als ungutes Gefühl hing ihm im Nacken. Nein, so funktionierte die Welt nicht. Und das hatte nichts damit zu tun, dass er durch seine Geheimdienstarbeit zum Zyniker und Skeptiker geworden war. Er sah kurz zu Jessica, der es ähnlich zu ergehen schien.
Sie hatte erwartet, das Grichenko sie mehr oder minder ins Bett ziehen wollte, doch auch mit ihm war alles anders gekommen. Er hatte sich wie ein wahrer Gentleman verhalten und war auf Distanz geblieben. Keine dummen Sprüche, keine blöde Anmache.
Sie bestiegen schweigend den Jet. Carruthers legte sich auf eine der Liegen im hinteren Teil des Cockpits und war nach wenigen Minuten eingeschlafen.
Otis saß schweigend neben Jessica und starrte durch die Cockpitscheiben. Jessica kontrollierte die Schaltungen und aktivierte den Funk, doch noch schwieg Cleveland in ihrem Ohrhörer. Lediglich ein Bereitschaftszeichen ließ erkennen, dass die Leitung nicht tot war. Dann meldete sich die Funkleitstelle.
»Wo hattet ihr den Jet versteckt?«, fragte Jessica nach den üblichen Begrüßungsfloskeln.
»Fast hinterm Haus.« Die Stimme in ihrem Ohr klang belustigt. »Die neue Tarnverspiegelung ist allererste Sahne. Gab es Probleme? Habt ihr die Leute?«
Otis schaltete sich in das Gespräch ein. Er berichtete gerafft, dass nur Carruthers mit zurückkommen würde. In Cleveland schien niemand misstrauisch zu sein. Vielmehr zeigten sich zwei der Wissenschaftler, die mithörten, begeistert darüber, dass auch in Kasachstan an einem möglichen Mittel geforscht werden würde. Besonders angetan war man über den Umstand, dass Romanow Timjonow, der berühmte Genetiker, noch lebte und die Forschungsgruppe leitete.
Wenig später hob der Jet ab. Kein Angriff. Nichts. Es kam auch kein Funkspruch aus dem getarnten Stützpunkt, von dem man immer noch nicht wusste, wo er sich befand. Otis, Jessica und Linda Carruthers saßen im hinteren Teil des Transporters, als man sie aus dem Stützpunkt brachte. Eine Plane verdeckte den Blick nach draußen. Alles, was sie wussten, war, dass sich der Stützpunkt nicht sehr weit vom Landeplatz der Sojuskapseln entfernt befinden konnte. Die Fahrt hatte kaum eine Viertelstunde gedauert, und das mit nur mäßiger Geschwindigkeit, da der Weg durch die Steppe sehr holprig war.
»Jessica, war dieser Timjonow eigentlich irgendwo im Stützpunkt zu sehen?«, fragte Otis nach einigen Minuten.
»Ja, er war da. Ich konnte ihn, zusammen mit anderen Wissenschaftlern, in einem Konferenzraum sehen. Er hielt einen Vortrag.«
»Konntest du etwas verstehen?«
»Wenig. Nur, dass er guter Dinge ist, dass es dem Team gelingen wird, einen Wirkstoff zu entwickeln.«
»Also auch hier - alles Friede, Freude, Eierkuchen, was?«
Jessica zuckte schwach mit den Achseln. Erneut umfasste ihre rechte Hand den Joystick, obwohl die Fernsteuerung jedes Eingreifen überflüssig machte.
»Mir ist noch etwas eingefallen, was Timjonow angeht«, sagte sie einen Moment später. »Er gilt nicht nur als Ausnahmekapazität im Bereich der Genetik - er gilt auch als Eugeniker, der einige Prozesse ausfechten musste. Er hat immer wieder geleugnet und sich auf seine wissenschaftliche Arbeit berufen.«
Otis schürzte die Lippen. »O Jess. Sehen wir Gespenster? Oder sind wir blind? Oder paranoid? Das waren die seltsamsten drei Tage meines Lebens. Nichts ist so verlaufen, wie ich es erwartet hätte. Kein böser Obermilitär, kein Messer an der Kehle, nichts ...«
»Ich weiß, was du meinst. Ich habe auch kein gutes Gefühl.« Sie schwenkte mit ihrem Sitz herum und sah zu Linda Carruthers, die leise vor sich hin schnarchte.
»Haben wir ein trojanisches Pferd an Bord?«, fragte Otis und sprach damit das aus, was Jessica dachte. Sie erwiderte nichts darauf. Trotzdem würde sie - und bestimmt auch Otis - Carruthers im Auge behalten.
General Vladimir Dimitrov stand zusammen mit dem Ausnahmegenetiker Romanow Timjonow an der verspiegelten Wand und sah zu den Crewmitgliedern der ISS, die auf speziellen Liegen ruhten. Einige Pfleger und Schwestern kontrollierten die medizinischen Apparate. Alle Kontrolllampen standen auf Grün, Blutdruck und Pulswerte der Astronauten bewegten sich im normalen Toleranzbereich. Alles wirkte normal.
»Glauben Sie wirklich, dass es uns gelingen wird, ein Antiserum zu entwickeln?«, fragte der General nach einer Weile. Er mochte den Genetiker nicht. Timjonow galt als Eugeniker der alten Schule. Ihm schwebte ein weißes russisches Reich vor: starke Männer und Frauen, die dem Rest der Welt überlegen waren.
Von welchem Rest ..., fragte sich Dimitrov. Es war ja so gut wie nichts mehr übrig.
»Nicht nur ich glaube daran, auch mein Team ist davon überzeugt. Wir werden ein Gegenmittel finden, und dann können wir die Sowjetunion zu altem Glanz erstrahlen lassen. Es wird eine neue Sowjetunion sein, die größer und mächtiger sein wird, als jemals zuvor. Sie können sicher sein, General, die Oligarchen werden zufrieden sein!« Timjonow lächelte verschlagen.
Dimitrov erwiderte nichts darauf. Er selbst galt als Hardliner, der gegenüber den USA von jeher einen harten Kurs gefahren hatte, doch er war kein Fantast.
»Was geschieht jetzt mit den Besatzungsmitgliedern der ISS?«
Timjonow schürzte die Lippen. »Nichts. Sie bekommen blutbildende Medikamente. Sie werden schlafen. Lange schlafen. Und wir werden genügend Blut haben, womit wir weiter forschen können. Wir stehen erst am Anfang, aber wir sind hier sicher. Mag die Welt dort draußen untergehen, wir werden überleben! Bis zum entscheidenden Tag!«
Timjonow lächelte Dimitrov plötzlich mitleidig an. »Es passt Ihnen nicht, dass die Oligarchen mich de facto zu Ihrem Vorgesetzten gemacht haben, nicht wahr? Einen Wissenschaftler … Haben wir ein Problem, mein lieber General?«
»Spielt es eine Rolle, was ich denke oder nicht denke?«, hielt Dimitrov dagegen. Ihn überkam ein unbändiges Verlangen, diesem arroganten Wissenschaftler die Zähne einzuschlagen. Er ging davon aus, dass Timjonow das wusste.
Timjonows Lächeln wirkte kalt. »Mütterchen Russland wurde in den Jahren nach dem Kalten Krieg einmal zu oft gedemütigt. Glasnost und Perestroika ...« Er spuckte die Worte fast aus. »Wir haben gebuckelt, vor den Amis und Chinesen gekuscht. Aus Afghanistan sind wir rausgeflogen. Eine Niederlage folgte auf die nächste. Aber der Wind hat sich gedreht. Es ist ein neues Zeitalter hereingebrochen, und diesmal werden wir am Drücker sein.«
»Wen wollen wir denn beherrschen, wenn die Welt nur noch aus Untoten besteht?«, fragte Dimitrov.
»Das wird sie nicht, Genosse General. Das wird sie nicht. Wir werden ein Gegenmittel finden - und wir werden es verkaufen. Es wird uns zur wohlhabendsten und mächtigsten Nation - ich korrigiere mich, zum mächtigsten Volk und zur mächtigsten Rasse auf diesem Planeten machen. Und vergessen sie diesen ganzen kommunistischen Blödsinn. Er war schuld an unserem Niedergang. Wir hätten uns zum Kapitalismus bekennen sollen. Zu einem Kapitalismus des weißen Russlands. Und ...«
Timjonow redete immer weiter. Dimitrov hörte schon lange nicht mehr zu. Ihm waren die Hände gebunden. Er musste die Befehle befolgen, nicht nur um seinetwillen, sondern ob seiner Familie. Seine Frau und seine beiden Kinder waren in Sicherheit. Sie lebten. Doch das konnte sich sehr schnell ändern, wenn er sich den Anweisungen widersetzte. Das wusste er. Noch lebten sie einigermaßen sicher im Randgebiet von Scheskasgan. Die Zone war stark bewacht - und gut versorgt. Es herrschte kein Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser oder Medikamenten. Auch dafür sorgten die Oligarchen, genauso wie für die großen Lebenszonen in Omsk.
»Warum diese Scharade mit den beiden amerikanischen Agenten? Und warum haben wir die Astronautin gehen lassen? Zählt nicht jeder Blutspender der ISS?«, fragte Dimitrov in die eingetretene Stille.
Timjonow lachte kehlig auf. Er nahm seine Brille ab und wischte sich über die Augen. »Lassen Sie mir doch meinen Spaß. Abgesehen davon: Wir sollten die Amerikaner nicht unterschätzen. Hätten wir die Agenten getötet, wäre es möglicherweise zu einem Angriff gekommen. Als Vergeltungsschlag der Sinnlosigkeit ... Wie viele Atombomben hat die Menschheit denn in diesem Zombiekrieg schon eingesetzt? China war ja kaum zu bremsen, als sie letztendlich Nordkorea doch noch ausgeräuchert haben. Und dann das verstrahlte Japan ... Nein. Die Amerikaner werden uns nicht angreifen. Wir überlassen ihnen die Carruthers - und mal schauen, was daraus wird ...« Timjonow lachte erneut kehlig auf.
»Wie meinen Sie das?«, fragte Dimitrov, der Böses ahnte.
Timjonow zuckte mit den Achseln. Er schien zu schmunzeln. »Carruthers wurde einer der letzten Impfstoffe verabreicht. Natürlich weiß das gute Kind nichts davon.«
»Und das heißt?«, drängte Dimitrov, als Timjonow einfach schwieg.
Der Genetiker schien sich köstlich zu amüsieren. »Was weiß ich, General. Wir befinden uns noch immer in der Testphase. Die Frau war gesund und erhielt ein Medikament, in das ich eine leichte genetische Veränderung eingebaut habe. Ich erspare Ihnen das Fachliche, Sie würden es sowieso nicht verstehen. Meine Hypothese ist, dass sie zu einer Untoten wird - doch zu einer neuen Form. Aggressiver, bessere Motorik ...«
Timjonow schien sich köstlich zu amüsieren.
»Verstehen Sie es nicht, General?«, fuhr er fort. »Wenn ich die Symptome verstärken kann, dann kann ich sie auch abschwächen. Das ist der Denkansatz dahinter. Vielleicht gelingt es uns, eine Riesenarmee aufzustellen, die nichts kostet. Der oberste Oligarch hat da einige hervorragende Ideen. Der Faschismus in Deutschland ist letztendlich daran gescheitert, dass Hitler die Jungs weggestorben sind - und die Nazizuchtstuten konnten nicht oft genug werfen. Wir werden dieses Problem nicht haben. Wir haben eine Welt voller potenzieller Soldaten.«
Dimitrov schluckte. Dass der russische Oligarch, der sich selbst Präsident nannte, einen Hang zum Höheren hatte, stand außer Frage. Doch das hier nahm ganz andere Dimensionen an. »Und wie wollen Sie wissen, ob dieses Medikament funktioniert?«
Timjonow neigte ironisch den Kopf. »Unsere amerikanischen Freunde werden uns doch bestimmt informieren - über Satellit oder so, falls mit dem Flugzeug was passiert. Wir werden das natürlich sehr bedauern. Aber aus dem, was die Amerikaner berichten werden, kann ich wertvolle Informationen für die weitere Forschung ziehen. So oder so - es spielt keine Rolle. Die Carruthers und die beiden Agenten sind nur ein kleines Rädchen in meinem Plan. Und noch nicht einmal ein Besonderes. Was wir brauchen, ist Zeit. Ich habe meine Gegner niemals unterschätzt. Auch nicht die Intelligenz meiner amerikanischen Kollegen. Sie sind klug und fähig, auch wenn ich sie nicht ausstehen kann. Aber sie spielen zu sehr nach den alten Regeln. Klammern sich an eine Welt, die längst vergangen ist.«
Timjonow schenkte Dimitrov einen langen Blick.
»Und wann denken Sie, wird das Medikament seine Wirkung zeigen?«, fragte Dimitrov nach einer Weile.
Timjonow zuckte mit den Achseln. »Sehen Sie, ich mag genial sein, aber so genial auch wieder nicht. Leider kann ich nicht hellsehen. Im Idealfall wird Carruthers erst aktiviert, wenn der Jet die USA erreicht hat. Vielleicht dreht sie aber auch schon früher durch. Mir ist es gleich. Diese Menschen interessieren mich nicht. Und jedes Ergebnis, egal, wie es ausfällt, ist ein wissenschaftlicher Gewinn - neue Erkenntnis. Erfahren wir, dass es an Bord der Jet zu einem Zwischenfall gekommen ist, habe ich das Medikament zu scharf eingestellt. Also werde ich an einer Verfeinerung der Testreihe arbeiten. Sollte Carruthers jedoch erst aktiviert werden, wenn sie die USA erreicht hat, weiß ich, dass das Medikament grundsätzlich funktioniert. Natürlich sollte man nicht zu viel erwarten. Ich gehe davon aus, dass sich die gute Frau irgendwann wie ein hirnloser Zombie verhalten wird. Sie wird toben, ein bisschen schäumen, ziemlich giftig werden - na ja, zumindest so lange, bis man ihr das Hirn ausbläst.« Timjonow grinste. »Ach, mein guter General. Vertrauen Sie mir. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wozu hätten wir uns die Hände an diesem Agentenpaar schmutzig machen sollen? Und im Fall Carruthers wird uns niemand etwas nachweisen können. So etwas kann immer mal passieren - in diesen Zeiten.« Timjonow wirkte übergangslos ernst. »Entschuldigen Sie mich, General, ich muss zurück an meine Arbeit.« Er ließ Dimitrov einfach stehen und machte sich auf den Weg in sein Privatlabor.
Dimitrov blieb nachdenklich an der Spiegelwand stehen. Ihm waren die Hände gebunden. Sollte er die USA unterrichten, dass man Carruthers irgendein Medikament injiziert hatte? Noch im gleichen Augenblick verwarf er den Gedanken. Er war nur ein kleines Rädchen in einem unglaublich großen Uhrwerk. Er musste funktionieren. Nicht nur für sich, sondern für seine Familie. Du bist ein Feigling, sagte er sich und korrigierte sich zugleich. Ich bin nur ein Soldat in einer zu wichtigen Position, der den Fehler gemacht hat, sich eine Familie zuzulegen. Er ekelte sich vor sich selbst, und fast wünschte er, die USA würden eine Interkontinentalrakete nach Kasachstan schicken. Er hätte schwören können, dass man mittlerweile wusste, wo sich der verborgene Forschungsstützpunkt befand. Aber das würde nicht geschehen. Und Timjonow? Woran forschte er wirklich? Dimitrov hatte ärgste Zweifel, dass es um ein Medikament ging, das die Zombieseuche bekämpfen könnte. Vielmehr befürchtete er, dass es darum ging, die Untoten als Waffe zu missbrauchen. Die Armee der Untoten, die den Aufstieg der neuen Sowjetunion besiegeln würde.
Dimitrov kehrte in sein Büro zurück und goss sich einen doppelten Wodka ein. Das Böse spielt nur auf Zeit, sagte er sich und hoffte insgeheim, dass Timjonow scheitern würde.